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Читать онлайн книгу.dieser Form klaglos akzeptiert wurde.
Kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit anderen Stämmen, so wählten die Nemene Kriegshäuptlinge, deren Macht jedoch nur auf die Kriegszüge selber beschränkt gewesen war. Die Comanchen folgten in der Regel nur einem erfahrenen und charismatischen Anführer, außer dieser erwies sich im Kampf als derart glücklos oder versagte völlig. Dann bestand die Gefahr, dass derjenige welcher dieses Amt genauso schnell wieder loswurde, wie er es bekommen hatte. Das galt im übrigen auch für jenen Anführer, der die zivile Autorität der Stammesgruppe innegehabt hatte. Der Friedenshäuptling konnte zwar die Verlegung des Lagers veranlassen, konnte aber keine Strafen verhängen, den Familienoberhäuptern Befehle erteilen oder über Krieg und Frieden entscheiden. Seine Rolle war eher die eines besonnenen Vermittlers gewesen, dessen Worte alle als weise und gerecht empfinden sollten. Bei den Ratsversammlungen wurden alle wesentlichen Belange des Stammes geregelt. Dazu gehörten z. B. der Wechsel der Jagdgründe, der Beschluss neue Bündnisse zu schließen oder dahingehende Entscheidungen zu treffen, wann der Zeitpunkt für einen Raub- oder Kriegszug günstig gewesen war. Die Männer rauchten gemeinsam die zeremonielle Pfeife und hielten ihre Reden, ohne dabei von den anderen unterbrochen zu werden oder in wilde Debatten zu verfallen. Die Männer redeten gemäß ihrem Alters, dem Ansehen und den bis dahin geleisteten Taten nach. Jüngere Männer hingegen meldeten sich nur sehr selten zu Wort und die Frauen waren von vornherein von diesen Ratsversammlungen ausgeschlossen gewesen. War man schließlich zu einer einstimmigen Entscheidung gekommen, so wurde diese durch den Ausrufer im ganzen Lager verkündet. Selten kam es dabei vor, dass eine Entscheidung des Rates infrage gestellt wurde und wenn doch, so musste derjenige welcher sich von der Stammesgruppe trennen und seiner eigenen Wege gehen. Gesetze und eine Regierung, so wie bei den Weißen üblich, kannten und benötigten die Nemene als Volk nicht. Ihre Gesetze waren eine Folge ihrer Erfahrungen und Weisheiten gewesen, wobei weder ein einzelner noch der Rat dabei die alten brauchtümlichen Gesetze außer acht lassen durfte.
Die Religion der Nemene war primitiv aber auch pragmatisch gewesen, wobei sie bemüht gewesen waren, sich den übernatürlichen Mächten gegenüber wohlgesonnen zu verhalten, wobei jeder einzelne dazu angehalten war, seinen eigenen, persönlichen Weg auf Erden zu finden ohne dabei die kosmischen Mächte verstehen zu müssen. Dieses geschah z. B. durch die Suche nach Visionen. Anders als bei den Europäern, die in Amerika gelandet waren und die Welt der Magie bereits durch das wissenschaftliche Prinzip von Ursache und Wirkung ersetzt hatten, waren Religion und Wissenschaft der Nemene als auch die der anderen indianischen Völker noch im Einklang miteinander gewesen. Im Gegensatz zu den Christen oder anderen Weltreligionen, die nur „den einen, wahren Gott” kannten, der alles lenkte und bestimmte, kannten die Nemene keinen einen Gott. Für sie waren die verschiedenen Geister, die in der Natur, in Flüssen, Felsen, oder im Tierreich lebten, allgegenwärtig gewesen, deren Puha oder magische Kräfte man sich nur zu Eigen machen musste. Sie beteten dabei zum Adlergeist, um Kraft zu bekommen, zum Hirschgeist, um Schnelligkeit zu erhalten oder zum Wolfsgeist, um Mut und Kühnheit zu erlangen. Sie verehrten den Bisongeist und hüteten sich vor dem Krähengeist, der in ihren Augen bösartig gewesen war. Das galt ebenso wie die „Menschenfressereule”, die nachts auf Erden umherwanderte, um Menschen zu verschlingen oder dem kaum mehr als einen Fuß großen Nenepee, der tödliche Pfeile verschoss. Hatte ein Krieger der Nemene durch eine Version seine „persönliche Medizin” erhalten, so stand er seiner Zukunft furchtlos und gelassen gegenüber. Das galt auch für das Leben nach dem Tod, wo der Krieger in einem grünen Tal voller Jagdwild lebte und wo es weder, Hunger, Schmerzen, Kälte noch sonst ein Leid gab. Dieser Glaube sowie die universelle Überlieferung von einer großen Sintflut, bildeten dann auch die einzigen Übereinstimmungen mit dem Glauben der Christen, sowie anderen Völkern auf der Erde.
Ein neues Reitervolk
Anfänglich war die Macht der Nemene nur gering gewesen und sie wurden von den Nachbarstämmen im amerikanischen Zentralland eher verachtet als gefürchtet. Die am Missouri beheimateten Stämme waren längst über das Stadium der Jäger und Sammler hinausgekommen und betrieben einen auf Vorratshaltung angelegten Ackerbau. Sie lebten in befestigten Dörfern und die kleinen Banden umherstreifender Comanchen waren eher lästig gewesen, als dass sie für sie eine größere Gefahr darstellt hätten. Dann aber kam den Nemene das Schicksal ausnahmsweise einmal wohlwollend entgegen und sollte aus den ehemals ärmlichen Wanderern der Plains und Berge eine Nation von stolzen Kriegern formen, die sich am Ende von allen Indianerstämmen Nordamerikas am erfolgreichsten gegen die weißen Eroberer zur Wehr zu setzen wussten, um sich ihre eigene Lebensart zu bewahren. Dieses Schicksal besaß vier Hufe, war schnell wie der Wind und hatte die Form eines sehr großen Hundes. Er wurde in der Sprache der Comanchen als Puuku betitelt.
Das Pferd wurde ursprünglich von den Spaniern nach Mexiko hin eingeführt, und zwar zunächst nur Wallache, da man glaubte, dass Stuten und Fohlen in dem kargen Land nur wenig Überlebenschancen gehabt hätten. Erst später änderte man diese Praxis und man begann in der Nähe des heutigen Santa Fe mit der Aufzucht von Fohlen. Während des großen Puebloaufstandes von 1680 wurden die Spanier aus ihren eroberten Ländereien im Südwesten der heutigen USA vertrieben und ließen dabei, außer ihren Viehbeständen, auch Tausende von Pferden zurück. Die Rinder und Schafe wanderten schnell in die Mägen der Pueblos und Apachen, doch da erstere anfänglich mit den Pferden nicht so recht was anzufangen wussten, ließen sie diese einfach in die Berge und Wüsten laufen, wo sie sich dann mit den Jahren ungehindert vermehren konnten. Nur wenige Jahre später besaßen lediglich die Apachen eine größere Anzahl dieser wilden Mustangs. Durch Handel und Raub gelangten die Tiere auch zu den anderen Indianerstämmen in Nordamerika und Kanada und sollten somit die Geschichte des Westens nachhaltig verändern. Um 1700 waren die in Texas beheimateten Indianer bereits in den Besitz von Pferden gelangt, darunter auch die im Osten beheimateten Caddo. Auch nach dem Norden hin breiteten sich diese Pferdeherden aus und gelangten schließlich in den Besitz der bisonjagenden Stämme, darunter die der Sioux, Arapahoe, Cheyenne, Kiowa und - davor auch der Comanchen.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts spalteten sich die Nemene Schritt für Schritt von den Shoshonie ab und begannen weiter nach dem Süden zu ziehen, um nun den großen Büffelherden zu folgen. Noch vor 1700 waren die Nemene in den Besitz von Pferden gelangt und ihre Lagerfeuer brannten bald darauf am Oberlauf des Arkansas River in Colorado und in Kansas. Schritt für Schritt erfolgte nun ihre Wandlung hin zu einer bisonjagenden Plainskultur, wobei die Nemene rasch weiter südwärts in die Nähe des spanischen New Mexikos, dem Zentrum der Pferdezucht drängten und dort begannen, das Land unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie stahlen Pferde und begannen damit, die Tonkawa, Wichita, Caddo u. a. Stämme aus den südlichen Plains zu verdrängen, was ihnen um das Jahr 1740 herum auch vollständig gelang. Bereits zuvor hatten sie gegen ihre ethnischen Vettern, den Ute, Krieg geführt, doch um das Jahr 1705 herum schlossen beide Parteien einen vorübergehenden Waffenstillstand, um sich gemeinsam einem neuen (alten) Feind zuzuwenden - den Apachen.
Die Nemene galten als geschickte Pferdediebe, waren aber auch ausgezeichnete Pferdezüchter gewesen. Durch die wärmeren klimatischen Bedingungen ihrer neuen Heimat, wuchsen die Pferdeherden der Comanchen sogar dermaßen rasant an, dass es nicht selten vorkam, dass ein einzelner Krieger bis zu 250, ein Kriegshäuptling sogar bis zu 1.500 Pferde sein eigen nennen durfte. Des Öfteren kam es vor, dass die Comanchen den Arapahoe und Cheyenne bei friedlichen Besprechungen oder Handelsgeschäften einige ihrer Pferde schenkten, sehr zur Verblüffung und Freude ihrer gegenüber. Mehr noch. Nach und nach bezogen auch andere Stämme ihre Pferde bei den Comanchen, wobei die Sprache, die bei diesem Handel gesprochen wurde, tatsächlich die der Shoshonie gewesen war. Anders als die US-Kavallerie, die bis dahin noch nie einen berittenen Comanchen zu Gesicht bekommen hatte, waren sich alle Beobachter darüber einig gewesen, dass die Comanchen von allen Stämmen, die besten Reiter gewesen seien, wobei sie praktisch schon im Sattel geboren und mit dem Pferd verwachsen gewesen wären. Aus den kleinen, säbelbeinigen und hungernden Bewohnern Wyomings, waren nunmehr stolze, bis zur Arroganz hin neigende, selbstbewusste Bisonjäger geworden, deren Fleischtöpfe von dieser Zeit an stets gut gefüllt gewesen waren und die nun ohne Sorge hungern zu müssen, im Überfluss leben konnten.