Vom alltäglichen Scheitern. Lars Bessel

Читать онлайн книгу.

Vom alltäglichen Scheitern - Lars Bessel


Скачать книгу
sich in unterschiedlichsten Technik-Foren herum. Alles vollkommen legal. Doch plötzlich sah er ein Anzeigenbanner, dessen Inhalt ihn reizte. Datensätze wurden da unter anderem angeboten. Wofür er die brauchte, will der Vorsitzende Richter in der Verhandlung wissen, die Antwort bleibt Rebstock schuldig. Jedenfalls habe er sich auf der Seite registriert und genauer nachgefragt, was es denn auf dieser dunklen Seite des weltweiten Netzes alles so gebe …

      Unter anderem Damenhandtaschen. Kein Scherz. Und damit begann das Dilemma: Die Seitenbetreiber sind schlicht Schwerkriminelle, die unterschiedlichste Nutzerkonten, Kreditkarten und andere elektronische Daten hacken und verkaufen – beziehungsweise die Ware, die sie damit illegal erwerben, um damit zu dealen. Alfred wähnte seine große Chance: Seit einem Jahr war er mit seiner Freundin schon zusammen, das mußte gefeiert werden. Am besten mit einem richtig tollen Geschenk – einer mordsmäßig teuren Handtasche.

      Das System funktionierte wie folgt: Die Betreiber der mittlerweile polizeilich gesperrten Internetplattform Crimenetwork.biz stahlen einer Frau, nennen wir sie Michaela, ihre Zugangsdaten für den „zalando“-Onlineshop und kauften auf ihren Namen eine Handtasche im Wert von 394 Euro. So weit so schlecht. Alfred konnte die Handtasche nun für nur zehn Prozent ihres Wertes bei den crime-networkern kaufen, also für 39,40 Euro, und das inklusive Versand. Denn auch den wickelten die unbekannten Hintermänner mit gestohlenen Daten ab: Einer weiteren Frau, nennen wir sie Andrea, wurden die Zugangsdaten für ihre Packstation bei der Post in Glückstadt entwendet – für vier weitere läppische Euro war Alfred in ihrem Besitz.

      Nachdem er die 43,40 Euro bezahlt hatte, landete die gestohlene Handtasche im übernommenen Postfach in Glückstadt. Der Rest sollte ein Kinderspiel sein: von Itzehoe nach Glückstadt fahren, mit Andreas Code deren Postbox öffnen und die teure Handtasche von Michaela zum Schnäppchenpreis mitnehmen. Statt bei seiner Freundin landete die Tasche jedoch in der Asservatenkammer der Polizei und Alfred in deren Gewahrsam.

      Das war im Oktober 2015. Die Polizei hatte die Machenschaften der crime-Netzwerker längst durchschaut und suchte nun nach deren Kundschaft. Auch wenn die Hintermänner unerkannt blieben, kam man doch immerhin an deren Abnehmer heran. An Alfred zum Beispiel. Für die junge Referendarin der Staatsanwaltschaft klar ein Fall für Paragraf 263 des Strafgesetzbuches: Betrug.

      Er sei sich durchaus bewußt gewesen, läßt sich Alfred Rebstock im Laufe seines Geständnisses ein, dass das, was er da getan hat, „nicht so ganz in Ordnung war“, aber das habe er „ausgeblendet“. Die Freundin sollte zum Jahrestag ein Geschenk bekommen, und er hatte kein Geld. Da kam das unverhoffte „Angebot“ aus dem Internet genau richtig.

      Das Plädoyer der Staatsanwaltschaft war kurz und bündig: Auf (Computer-)Betrug steht eine Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Für den naiven Alfred sollte es letzteres sein – 40 Tagessätze á fünf Euro. Weniger wäre einem Freispruch gleich gekommen.

      Doch wäre eine höhere Strafe nicht vollkommen unrealistisch gewesen? Rebstock hat am Prozesstag ein unentgeltliches Maurerpraktikum begonnen, lebt bei seiner Mutter, die ihm gelegentlich Geld für den Friseur oder zum Tanken zusteckt (mittlerweile hat Alfred einen Führerschein und das alte Auto seines Bruders übernommen) – und alternativ sponsert seine Freundin mal ein Bier. 200 Euro Strafe sind für Alfred Rebstock somit eine echte Hausnummer, weshalb der Richter ihm zubilligt, diese in zehn Raten à 20 Euro abzustottern. Alfred scheint erleichtert, hört nach 30 Minuten Verhandlung auf, die Augen zusammenzukneifen – offenbar um Tränen zurückzuhalten.

      „Es war ein ziemlich großer Fehler“, sind seine letzten Worte vor der Urteilsverkündung. Statt durch Betrug hätte er besser versuchen sollen, das Geschenk für seine Freundin ehrlich zu kaufen. Diese Erkenntnis kommt ihn teuer zu stehen: 43,40 Euro für die gestohlenen Daten, 200 Euro Strafe und dazu noch die Prozesskosten von ebenfalls rund 200 Euro. Macht summa summarum rund 450 Euro für eine Handtasche, die 394 Euro wert ist. Noch treffender: 450 Euro für nichts, denn besagte Handtasche gehört wieder „zalando“ und wird nie von Alfreds Freundin getragen werden.

      Noch viel schlimmer: Nachdem Alfred Rebstock das Urteil akzeptiert hat, ist seine dritte Vorstrafe aktenkundig. Für dessen Richter ist aber noch nicht Hopfen und Malz verloren, sonst hätte er sich seine abschließenden Worte gespart. Die lauteten eindringlich: „Lassen Sie die Finger von so etwas – und wir sehen uns hier hoffentlich nie wieder!“

5169.jpg

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nICIsIxwcKDcpLDAxNDQ0Hyc5PTgyPC4zNDL/2wBDAQkJCQwLDBgNDRgyIRwhMjIyMjIy MjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjL/wAARCA9hC7gDASIA AhEBAxEB/8QAHwAAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtRAAAgEDAwIEAwUFBAQA AAF9AQIDAAQRBRIhMUEGE1FhByJxFDKBkaEII0KxwRVS0fAkM2JyggkKFhcYGRolJicoKSo0NTY3 ODk6Q0RFRkdISUpTVFVWV1hZWmNkZWZnaGlqc3R1dnd4eXqDhIWGh4iJipKTlJWWl5iZmqKjpKWm p6ipqrKztLW2t7i5usLDxMXGx8jJytLT1NXW19jZ2uHi4+Tl5ufo6erx8vP09fb3+Pn6/8QAHwEA AwEBAQEBAQEBAQAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtREAAgECBAQDBAcFBAQAAQJ3AAECAxEEBSEx BhJBUQdhcRMiMoEIFEKRobHBCSMzUvAVYnLRChYkNOEl8RcYGRomJygpKjU2Nzg5OkNERUZHSElK U1RVVldYWVpjZGVmZ2hpanN0dXZ3eHl6goOEhYaHiImKkpOUlZaXmJmaoqOkpaanqKmqsrO0tba3 uLm6wsPExcbHyMnK0tPU1dbX2Nna4uPk5ebn6Onq8vP09fb3+Pn6/9oADAMBAAIRAxEAPwD3+iii gAooooAKKKKACiiigAooooAKKKKACiiigAooo

Скачать книгу