Victoria. Helmut H. Schulz
Читать онлайн книгу.d="u2f0a451b-cfc2-5b03-b6bc-829940181bac">
Helmut H. Schulz
Victoria
100 Tage Kaiserin
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
DIE ENGLISCH-PREUßISCHE HEIRAT
AUF DEM WEGE ZUR 100 TAGE KAISERIN
DER KAISER STIRBT, ES LEBE DER KAISER
DAS ENDE ODER SCHLOSS FRIEDRICHSHOF
LEBENSDATEN
Victoria Adelaide Mary Louisa, Prinzessin von
Großbritannien und Irland
*21.11.1840 in London, † 5.8.1901 Schloss Friedrichshof
in Kronberg im Taunus
EHESCHLIEßUNG
25.1.1858 mit Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen
* 18.10.1831 in Potsdam, †15.6.1888 im Neuen Palais bei Potsdam
NACHKOMMEN
Wilhelm, der spätere Kaiser *27.1.1859, † 4.6.1941
Charlotte *24.7.1860, † 1.10.1919
Heinrich *14.8.1862, † 20.4.1929
Sigismund *15.9.1864, † 18.6.1866
Viktoria *12.4.1866, † 13.11.1929
Woldemar *10.2.1868, † 27.3.1879
Sophie *14.6.1870, † 13.1.1932
Margarethe *22.4.1872, † 22.1.1954
VORREDE
Diejenigen, die sich mit ihrer Person biografisch beschäftigt haben, und sie also genau kennen, sind voll des Lobes für die Royal Princess Victoria. Sie war klüger (intellektueller!) als ihre Mutter, die Queen Victoria, und sie war schöner. Eigensinn und entschieden politische Ambitionen werden ihr nachgerühmt oder angekreidet. Politische Ambitionen besaßen Männer, kraft ihres Amtes und Geschlechtes mehr oder minder. Daher versteht es sich nicht ganz von selbst, dass die Royal Princess, die preußische Kronprinzessin, dank ihres Gatten Friedrich, und Deutsche Kaiserin ein wenig zu viel in die Politik hineinpfuschte. Denn wie ihr Vater Albert, ein deutscher Fürst, als Gatte Queen Victorias keinen Anspruch auf einen eigenen politischen Entscheidungsraum erheben durfte, so war Vicky, wie ihr Kosename lautete, am preußisch-deutschen Königs- und späterem Kaiserhof nichts anderes, als die Frau eines Prinzen, immerhin Königin von Preußen und in Personalunion, sehr spät und nur kurze Zeit, Kaiserin von Deutschland, für neunundneunzig kurze Tage, ohne Einfluss und ohne Macht. Ohne Einfluss? Wir werden sehen, ob sie welchen hatte.
Vergleicht man die Fotografien aus jener Zeit, als die Lichtbildnerei schon so weit entwickelt war, dass die gestochen scharfen Bilder bis heute recht gut erhalten geblieben sind, dann ist die Familienähnlichkeit zwischen Mutter und Tochter so erfreulich wie bestürzend groß. Die Queen Mother (ein Begriff, der hier nicht ganz zutreffend und bloß locker angewendet wird, denn Vicky war nicht die Thronfolgerin und nie Königin von England) soll körperlich sogar etwas größer als die Tochter gewesen sein. Es könnte sich nur um Zentimeter bei der einen oder der anderen gehandelt haben; klein waren Mutter und Tochter, dick nur die Mutter, jedenfalls soweit wir der Überlieferung trauen dürfen. Nichts kann so täuschen, wie ein Foto, zu schweigen von in Öl gefertigten Malereien. Auf Bildern mit ihrem Gatten, dem Prinzen von Preußen und 99-Tage-Kaiser, wirkt Victoria in der Tat klein neben einem großgewachsenen Mann, was irreführen kann, aber die Aufnahmen stammen aus den Tagen, als das Paar noch gut beisammen, bei guter Laune, einträchtig miteinander lebte.
Nun ist immer Vorsicht geboten, wenn euphorische oder abwertende Urteile über irgendeine Persönlichkeit öffentlichen Interesses von Zeitzeugen aus dem Lager der Proselyten wie der Gegner überliefert werden. Die Tochter der englischen Königin hat auf allen Fotos ein angenehmes Gesicht, mit ruhigen Zügen; still waren die Gesichter auf den Bildern der Fotografen jener Tage immer, und auch wir hätten still und bedeutend geblickt, weil die Belichtungszeiten lange dauerten und niemand dazu gebracht werden kann, zehn Minuten auf ein und dieselbe Weise zu grimassieren. So harmonisch und bescheiden wie auf ihren Konterfeis ist diese Dame von der Insel indessen nicht gewesen. Das hatte sie auch nicht nötig, sie konnte sich auf eine alte und glanzvolle Monarchie berufen, die sich beträchtlich von dem spät-feudalen Preußen, wie dem Bonapartismus Napoleon III. unterschied, wenngleich ihre Mutter aus einer Nebenlinie ins Königtum aufstieg. Aber sie war so fruchtbar wie ihre Mutter, die Kinder nicht sehr liebte, und vor allem die Schwangerschaften verabscheute, sich gleichwohl aber mit einer ungeheuer großen Schar Kinder, Enkel und Urenkel herumplagen musste. Auf einem Altersbild hält die Queen Victoria den kleinen deutschen Kaiser Wilhelm II., ihr Enkelchen, mehr von sich ab als auf den Knien. Sie sieht verstört aus, so als ahne sie, was der junge Mensch auf ihrem Schoß alles anrichten wird. Mister Willy, wie ihn die englische Sippschaft neckend rief, bis man spinnefeind wurde, hat seiner Großmutter auch wenig Freude gemacht und seinerseits alles