Raban und Röiven Die Figur der Hekate. Norbert Wibben

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Raban und Röiven Die Figur der Hekate - Norbert Wibben


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Das ist nicht so einfach. Latein kennt er zwar aus dem Schulunterricht, so dass er die Worte vermutlich fehlerfrei festhält, die einzelnen Silben könnten aber auch anders lauten.

      Raban betrachtet, was er geschrieben hat, doch es sagt ihm nichts. Gespannt liest auch Finnegan die Notiz:

      »…en … sequor et ape… portas … futuri …«

      »Hm, »sequor et« könnte »folgen und« oder auch »befolgen und« bedeuten, »futuri« wiederum »Zukunft«. Das Gehörte ergäbe dann: »… folgen und … Pforte … Zukunft …«. Das ist wirklich sehr verworren«, sinniert der alte Mann. »Eine Bedeutung kann ich darin nicht erkennen.«

      »Stimmt«, erwidert sein Enkel, schüttelt den Kopf und steckt den Zettel in eine Hosentasche.

      »Ich versuche jetzt Röiven zu erreichen.« Raban setzt sich aufs Sofa und schließt seine Augen. Auch dieses Mal geht er vorsichtig vor, aber die Erscheinungen von soeben, die grünen Augen und das Wispern, bleiben aus. Er seufzt erleichtert und ruft gedanklich nach seinem Freund.

      »Röiven, melde dich!«

      »Pö!«

      »Du bist doch nicht etwa eingeschnappt, oder?«

      »Nö, wieso sollte ich?«, grummelt der schwarze Vogel. Der Junge antwortet:

      »Ich habe deine Nachricht bekommen. Kannst du die etwas erläutern? Sie war zu kurz, als dass ich sie hätte verstehen können.«

      »Ach so. Jetzt soll ich also doch etwas mehr sagen. Ich muss mich nicht kurz fassen. Habe ich richtig gehört?«

      »Jo!«

      »Jo?«

      »Jepp!«

      »Also dann. Ich habe wirklich viel von meiner körperlichen und geistigen Kraft benötigt … Was, du unterbrichst mich nicht?«, stockt der Rabe erstaunt.

      »Nein, sollte ich?«

      »Nein. Ich wollte dich jetzt auch nur etwas provozieren. Aber nicht ganz so kurz gesagt, ich habe Sorcha gefunden. Sie will uns morgen in ihrer Bibliothek in Serengard treffen. Kommst du dorthin?«

      »Das sind gute Nachrichten. Ja, ich komme dorthin. So kann ich die kommende Nacht noch bei Großvater bleiben und mit ihm die Informationen bewerten, die wir heute im Museum über Hekate herausgefunden haben. Also bis morgen!«

      »Ja, bis morgen. Und grüße deinen Großvater.«

      »Das mach ich. Danke.«

      Raban richtet den Gruß seines Freundes aus.

      »Das ist wirklich ein freundlicher Vogel, dieser Röiven«, freut sich Finnegan. »Aber sag schon, was du als Nächstes vorhast. Kann ich dich dabei unterstützen?«

      Als der Junge ihm von dem beabsichtigten Besuch bei Sorcha berichtet, ist dieser etwas enttäuscht.

      »Ich weiß nicht, was danach kommt. Aber wenn ich Informationen über Personen der griechischen Mythologie benötige, nehme ich gern Hilfe an«, versucht der Junge seinen Opa etwas zu trösten.

      »Ja, mach das.«

      »Was hältst du von dem, was wir im Museum ermitteln konnten. Eine Verbindung zu den Worten, die ich wispern gehört habe, erkenne ich nicht. Ich durchschaue nicht, was Morgana vorhaben könnte.«

      Finnegan schüttelt den Kopf. Auch ihm will keine Erklärung gelingen. Nach längerer Zeit geben sie es vorläufig auf und genießen den Rest des Abends mit heißer Schokolade und Plätzchen.

      Am nächsten Morgen macht Raban seinem Großvater einen Vorschlag: »Wenn du möchtest, nehme ich dich mit nach Hause. Du könntest wieder ein paar Tage bei deiner Tochter verbringen, die sich darüber sicher riesig freut. Ihr könntet den Sommer im Garten genießen und miteinander plaudern oder auch etwas gemeinsam unternehmen.«

      »Dann werde ich schnell ein paar Sachen zusammenpacken, danach geht es zu deiner Mutter.« Die bis soeben noch traurige Miene des älteren Mannes hellt sich auf. Finnegan strahlt. Kurz darauf kommt er mit einem kleinen Koffer zu dem wartenden Raban zurück, der mit den Büchern und dem Vogelkäfig im Wohnzimmer wartet. Lächelnd legt er seine Hand auf den Arm seines Enkels.

      Die Luft flirrt, und sie stehen im Zimmer des Jungen. Raban stellt den Käfig auf seinen Schreibtisch. Die Bücher legt er daneben. Dann verlassen beide den Raum und laufen die Treppe hinab.

      »Ich freue mich, meine Retter zu sehen«, werden Raban und Röiven von einer strahlenden Elfe empfangen. Sorcha kommt ihren Besuchern entgegen, als der Junge, mit dem Kolkraben auf der Schulter, die Bibliothek in Serengard betritt. Die auf den ersten Blick stolz und unnahbar erscheinende, schlanke Frau sieht wieder vollkommen gesund aus. Sie ist die Oberste der Elfen im Norden.

      Vor mehreren Jahrhunderten gab es insgesamt fünf verschiedene Regionen, wo Elfen anzutreffen waren. In unzähligen Kriegen gegen die Dubharan verloren viele von ihnen ihr Leben, weshalb sie ihre Gebiete in der Mitte, im Westen, Süden und Osten aufgaben. Darüber ist nicht nur Raban traurig. Er mag Elfen, die hilfsbereit, friedfertig und den Menschen freundlich gesinnt sind. Elfen ähneln den Menschen im Äußeren sehr. Im Gegensatz zu diesen sind sie aber ausnahmslos großgewachsen und schlank. Sie besitzen keine Flügel, obwohl sie in manchen Büchern der Menschen so dargestellt werden. Elfen können sich so schnell bewegen, dass das für das menschliche Auge nicht zu verfolgen ist, weshalb ihnen vermutlich Flügel, als Erklärung dieser Schnelligkeit, angedichtet wurden. Einen großen Unterschied gibt es, der gleichzeitig die Ursache für ihren Rückzug im Land ist: sie leben wesentlich länger als Menschen. Das klingt widersprüchlich, ist aber doch der Grund, da sie wesentlich seltener als Menschen Kinder bekommen. Raban hat sein Wissen über Elfen von Leana, Ileas Mutter, die es von ihrer Großmutter Eila hat. Sorcha steht jetzt fast vor ihm. Darum macht er seinen Kopf von diesen Gedanken frei und konzentriert sich auf das Hier und Jetzt.

      Die Elfe lächelt. Der Junge blickt sie etwas verlegen an. Ob sie etwas von seinen Gedanken mitbekommen hat?

      Der Kolkrabe hält seinen Kopf schräg. Sorcha sieht gut erholt aus, nach den Strapazen ihrer Gefangenschaft in Munegard, aus der sie durch die beiden Freunde gerettet worden war.

      »Ich grüße dich, Oberste der …«, beginnen Raban und Röiven gleichzeitig, als sie auch schon unterbrochen werden.

      »Bitte nicht so förmlich. Ihr wisst, dass ich weder Wert darauf lege, noch dass mir das behagt. Ihr seid mehr als Freunde! Ihr habt mein Leben gerettet und dadurch vermutlich auch das vieler rechtschaffener Menschen, Elfen und Fithich. Also sagt einfach nur meinen Namen.«

      »Ähem, das haben wir gerne gemacht«, beginnt der Junge verlegen. Die blonde Elfe legt dem kleineren Menschen beide Hände auf den Kopf. Sie murmelt etwas, was Raban nicht verstehen kann, dann verspürt er ein feines Kribbeln auf der Kopfhaut, das langsam seinen ganzen Kopf durchflutet.

      »Was …?«, fragt er, als ihn Sorcha unterbricht.

      »Das ist mein besonderer Dank an dich. Ich habe dir Elfenwissen aus vielen Jahrhunderten übertragen. Es liefert dir Informationen, die möglicherweise in keinem Buch zu finden sind. Es sind Erfahrungen, die über Generationen gemacht und vererbt wurden.«

      Raban schweigt verblüfft. Er weiß nicht, warum die Elfe das getan hat, versteht aber gleichzeitig, dass ihm dies Wissen sehr nützlich sein kann.

      Er schluckt und erwidert: »Ich danke dir, Sorcha. Das ist ein großzügiges Geschenk, das ich nicht verdient habe!«

      »Doch, das hast du und damit Schluss!«, entgegnet Sorcha energisch. Dann lächelt sie: »Oder soll ich es rückgängig machen? Nein? Das ist auch gut so, da ich das nicht kann.« Sie nickt dem Jungen zu, der zurücklächelt.

      »Nun


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