Limit up - Sieben Jahre schwerelos. Uwe Woitzig

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Limit up - Sieben Jahre schwerelos - Uwe Woitzig


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ein bewusster Beobachter unseres Treibens. Oft trafen sich unsere Blicke über sich unter uns windenden, verschwitzten Körpern und wir lächelten uns verschwörerisch zu. Nein, es hatte nichts mit Liebe oder Verliebtheit zu tun, was uns verband. Es war nichts als das gemeinsame Ausleben unserer mächtigen Triebe auf einem Trip der Lust.

      Louisa hatte von ihrer Großmutter eine großzügige Vierzimmerwohnung am Schliersee geerbt, die komplett möbliert war mit wertvollen Antiquitäten. In ihr war immer noch die Aura der verstorbenen alten Dame zu spüren, die eher steril und Lust tötend wirkte. Also hatte Louisa nach und nach einen Raum meines Hauses komplett als Spielzimmer mit allerlei Sexspielzeugen und geschickt platzierten Spiegeln eingerichtet, sodass unsere Orgien ausschließlich bei mir stattfanden. Bald schon stellte sich heraus, dass das ein Riesenfehler war. Immer öfter klingelten unsere Lustdiener oder – innen unangemeldet zu jeder Tages – und Nachtzeit an meiner Tür. Sie störten selbst an jenen Tagen meine dringend benötigte Ruhe, an denen ich mit Louisa eine Auszeit vereinbart hatte.

      An einem Freitagabend, an dem ich gerade begleitet von Deuters Musik ein meditatives Entspannungsbad genoss, wurde wieder einmal ununterbrochen an meiner Haustür geläutet. Wütend stieg ich aus der Wanne, riss ein Fenster oberhalb der Tür auf und jagte ein verdattertes Pärchen, das extra aus München hergefahren waren, um eine wilde Nacht mit Louisa und mir zu verbringen, mit wüsten Beschimpfungen davon.

      Nach einem ausgedehnten Bergspaziergang stand ich am nächsten Abend vor meiner Haustür. Mein Blick fiel auf mein an ihr befestigtes Schild mit dem weisen chinesischen Spruch, den ich seit geraumer Zeit ad absurdum führte. In diesem Moment wurde mir klar, dass die Zeit gekommen war, die „Louisa-Experience“ zu beenden und weiter zu ziehen.

      Schon am nächsten Morgen kaufte ich mir die „Süddeutsche Zeitung“, mit deren Studium ich immer den Beginn eines neuen Lebensabschnitts einleitete, und studierte die Immobilienanzeigen. Eine Annonce bei den internationalen Angeboten stach mir ins Auge: „Haus mit Panoramablick hoch über einem Tiroler Tal zu vermieten“, las ich und war sofort wie elektrisiert. Das war es doch.

      Das Leben in dem Dorf am Schliersee war letztendlich ein Kompromiss gewesen. Es fand zwar außerhalb der für mich unerträglichen Großstadt statt, aber es war mir immer noch viel zu zivilisiert mit seiner perfekten Infrastruktur an Einkaufsmöglichkeiten und sozialer Grundversorgung. Auch war die von mir so geschätzte Idylle der harmonischen und eintönigen Tagesabläufe längst dahin. Um mich hier wegzuholen, hatte mein wahres Selbst dafür gesorgt, dass Louisa in mein Leben trat.

      Aber die Exzesse mit Louisa hatten angefangen, mich zu langweilen, weil ich emotional nicht engagiert war. Meine sexuelle Lust hatte sich immer mehr abgeschwächt. Wieder schien ein wesentlicher Antrieb meines Lebens beendet zu sein.

      Ich war bereit für eine völlig neue Herausforderung. Eine, die ich noch nicht erlebt hatte und nicht kannte: ein einsames Leben weg von der menschlichen Gesellschaft inmitten der Natur. Der Gedanke begeisterte mich. Alleine mit meinen Hunden hoch oben auf einem Berg weiter an meiner im Knast begonnenen Selbsterkenntnis im Sinne des Delphischen Orakels zu arbeiten! Wie ich es bei den erleuchteten Meistern gelesen hatte, die unisono verkündeten, dass ein ernsthaft Suchender weit entfernt von den Marktplätzen dieser Welt leben muss.

      Kapitel 10

      Liebe ist ein seltenes Erlebnis. Sie geschieht nur ganz selten, weil sie nicht existieren kann, solange Angst da ist. Niemals vorher. Das bedeutet, dass Liebe nur einem zutiefst spirituellen, religiösen Menschen widerfahren kann. Sex ist für alle möglich, Bekanntschaft ist für alle möglich, aber Liebe nicht. Wenn du keine Angst hast, gibt es nichts zu verbergen. Wenn du keine Angst hast, verliert auch der andere seine Angst.

      (Osho)

      Ein halbes Jahr später schenkte ich mir auf einer der drei Terrassen des spektakulärsten Hauses eines Tiroler Tales, das einst einem österreichischen Bundeskanzler gehört hatte, ein Glas Rotwein ein. Das wunderbare Gebäude lag auf 1200 m, hoch über einem malerischen Gebirgsort, der als das „schönste Dorf Österreichs“ ausgezeichnet worden war. Es bot einen atemberaubenden Blick mit fast 100 km freier Sicht über eine Vielzahl der berühmtesten Gipfel der Alpen und war an einer Stelle gebaut worden, an der nur ein so mächtiger und einflussreicher Mann wie der Kanzler der Republik eine Baugenehmigung erhalten konnte.

      Der erste Stock war gemauert und weiß gekalkt. Für die Wände darüber hatte man uralte, von der jahrzehntelangen Sonne schwarz gebrannte Balken aus ehemaligen Heustadeln verwandt.

      Ein genialer Architekt hatte es außen wie einen Bergbauernhof und innen wie ein Luxushaus in Colorado gestaltet. Es hatte ca. 350 qm Wohnfläche, wozu eine Zirbelstube mit Kachelofen und ein loftähnliches, etwa acht Meter hohes und 60 qm großes Wohnzimmer mit einem riesigen Kamin und einer Empore gehörten, auf der ich mit Blick über das ganze Tal abends einschlief und morgens aufwachte. Es besaß vier Schlafzimmer, drei Bäder und zwei weitere Kachelöfen in den unteren Stockwerken, die ich mit Buchenholz befeuerte, dessen Geruch im ganzen Haus eine besonders angenehme Atmosphäre schaffte. Und das Wunderbarste war, dass es vollständig möbliert war, sodass ich nur meine wenigen Anziehsachen sowie meine Bücher und meine Musik mitbringen musste.

      Mein Abschied von Louisa hatte nach einer letzten gemeinsamen Nacht stattgefunden und war völlig easy gewesen. Ich hatte ihr mit einer Tasse Tee in der Hand erklärt, dass ich ihr dankbar für jeden Moment der Lusterfüllung sei, den sie mir beschert hatte, aber dass der Kelch jetzt ausgetrunken wäre und ich den Schliersee und sie verlassen würde. Sie hatte mich mit leicht feuchten Augen angesehen und geflüstert: „Aber vergiss nie, dass Du hier immer ein Bett haben wirst. In dem Du jederzeit übernachten kannst. Ohne irgendeine Verpflichtung.“

      Ich nahm sie in den Arm und wir tranken eng umschlungen, aber schweigend unsere Teetassen aus. Dann löste sie sich von mir, öffnete meine Hose, holte mein Glied heraus, bückte sich und hauchte mit gespitzten Lippen einen leichten Kuss darauf. Lächelnd richtete sie sich auf. Sie verließ mein Haus durch den Garten, durch den sie es vor fast acht Monaten betreten hatte. Ich sah ihr versonnen nach, als sie wie damals auf ihren endlosen Beinen mit ihrem wiegenden Raubtiergang an meiner Hecke entlang lief, mir noch einmal zuwinkte - und mit ihr sich der Sex aus meinem Leben verabschiedete.

      *

      Eine paar Tage später war ich mit Bugsy und Pauline nach Tirol gezogen: in mein Adlernest, hoch über den Marktplätzen dieser Welt. Ein idealer Platz, um zu rasten und meine im Knast erlangten Erkenntnisse zu vertiefen, zu leben und umzusetzen.

      Einige Wochen nach meinem Einzug erwachte ich aus einem Traum, der kein Traum war. Ich lag kurz vor Anbruch der Dämmerung mit Bugsy und Pauline in meinem Bett und die Stille um mich war so intensiv, dass ich sie hören konnte. Das einzige Licht, das zu sehen war, fiel durch die Scheibe neben meinem Bett. Ich erhob mich und spähte durch das Fenster, dessen Sims mit Tautropfen übersät war, in das dunkle Grau des Morgens und schaute in den Himmel. Die Schönheit all dieser funkelnden kleinen Juwelen, die sich glitzernd gegen die Dunkelheit abhoben, jenem samtenen Vorhang der Ewigkeit, ließ mich innerlich erbeben. Der Mond hatte seine Reise über das Himmelszelt beendet und ruhte nun still am Horizont, um auf ein größeres Licht zu warten. Ergriffen von einem unbeschreiblichen Gefühl ließ ich das erwachende Leben des Morgens auf mich wirken. Ein Vogel flog herbei. Er ließ sich auf der Balkonbrüstung nieder und begrüßte den Morgen mit einem Lied. Während ich seinem süßen und lieblichen Gesang lauschte, wendete ich meinen Blick gen Osten, um den fernen Horizont zu betrachten. Dort sah ich die in Purpur getauchten Berge, hoch, gelassen und mächtig. Gelassene Wächter des Lebens, deren Silhouette sich vor dem blassen, rosenfarbenen Licht des Himmels abzeichnet. Die Umrisse der Wolken, die ihre stumme Reise über den Himmel begonnen hatten, leuchteten im Rotgold einer verheißungsvollen Morgendämmerung.

      Eins mit all der Pracht in der Einfachheit des Seins hörte ich das Schlagen meines Herzens. Während der Vorhang der Nacht langsam im Licht des Morgens verblasste, sah ich die Sterne immer mehr verbleichen und der Mond in seinem Zauber gab seine Schönheit der sich entfaltenden Dämmerung hin.

      Während ich ganz vom Entzücken des Augenblicks


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