Die Sprache des Traumes – Eine Darstellung der Symbolik und Deutung des Traumes – Teil 3 – bei Jürgen Ruszkowski. Wilhelm Stekel

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Die Sprache des Traumes – Eine Darstellung der Symbolik und Deutung des Traumes – Teil 3 – bei Jürgen Ruszkowski - Wilhelm  Stekel


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Leben überhaupt, ja gegen alles, was

      Spuren von Leben aufweist, gegen alles

      Gestaltete. Der Hassende ist ein Todeszentrum,

      von dem Vernichtung nach allen Seiten ausgeht.

      Swoboda

      Wir haben von der Symbolik des Todes und des Sterbens gesprochen. Auch das Begräbnis erscheint in wunderlicher Verstellung. Bald ist es eine Prozession, bald eine Menschenmenge mit großem Gedränge; ein Fest, eine Hochzeit, eine Promotion, eine große Feierlichkeit. Der Sarg wird als Schrank oder Kiste dargestellt, wie der Mutterleib.

      Das Sterben findet im Traume die sonderbarsten symbolischen Übersetzungen. Besonders gern werden Bilder verwendet, die in der Sprache geläufig sind und im Traume dann bildlich ausgedrückt werden.

      „Der ewige Schlaf“ ist ein beliebter Ausdruck für den Zustand des Todes. Schlafende bedeuten im Traume Tote…

      … Zwei Seelen wohnen auch in ihrer Brust! Verbrecherische Wünsche, die sie „Bußen“ nennt. Sie hatte von einem Pogrom gelesen, bei dem unschuldige Kinder getötet wurden. Sie liebt einen anderen Mann. Das geliebte Kind ist das Hindernis. Die Österreicher (die guten Wünsche) sind unterlegen. Ihr Kind fährt im Totenwagen davon. Es ist gut verpackt, wie ein Eskimo. Es kann nicht mehr frieren, da es ja kalt ist.

      Sie bleibt dann bei ihrem Mann zurück, der allerdings nicht der Ehemann, sondern der Geliebte ist.

      * * *

      Das Verbrechen im Traume

      Hier beginnt Teil 3:

       Das Verbrechen im Traume

      Ich fand oft ein Vergnügen daran, Mittel auszudenken,

      wie ich diesen oder jenen Menschen ums Leben bringen

      oder Feuer anlegen könnte, ohne, dass es bemerkt würde,

      ob ich gleich nie den festen Entschluss gefasst habe,

      so etwas zu tun. Noch auch nur die geringste Neigung

      dazu in mir verspürt und bin sehr oft mit solchen

      Gedanken eingeschlafen.“ Lichtenberg

      Wir haben gesehen, wie verdrängte Todeswünsche durch die meisten Träume ziehen. Unsere Symbolik des Todes ist sicherlich lückenhaft. Sie ist nur ein bescheidener Anfang und soll zu weiterem Forschen anregen. Vom Wunsch bis zur Tat dehnt sich eine ungeheure Strecke. Allein wir haben auch Taten im Traume analysieren können. Wir legten verschiedene verbrecherische Pläne bloß: Brandstiftung, Mord und Vergiftung. Der Mensch scheint im Traume alle seine Urinstinkte auszutoben. Wie lange ist es her, da das, was heute Verbrechen ist, Notwehr und Kampf um das Dasein war? Sagte doch Seneca, der weise, milde Seneca: „Homo homini lupus.“ „Seltenere, wenn auch schwere Zufälle sind es, Schiffbruch zu leiden, mit dem Wagen umzuwerfen; von dem Menschen aber droht dem Menschen tägliche Gefahr. Ein Unwetter droht, ehe es heraufzieht; die Häuser krachen, ehe sie zusammenstürzen; der Rauch verkündet einen Brand voraus; aber plötzlich kommt das vom Menschen ausgehende Verderben und verbirgt sich umso sorgfältiger, je näher es herantritt. Du irrst, wenn du den Gesichtern derer traust, die dir begegnen. Sie haben die Gestalt von Menschen, aber die Seele von wilden Tieren. Nur dem Menschen macht es Freude, den Menschen zu verderben.“

      Unsere Psychoanalysen können diese Ausführungen des berühmten Stoikers nur bestätigen. Schon bei den Träumen der Kinder habe ich auf die Wichtigkeit des Kriminellen im Menschen hingewiesen. Der Neurotiker bleibt aber ewig ein Kind. Die Neurose ist nur eine Form des „psychischen Infantilismus“. Deshalb muss das Kriminelle im Neurotiker eine überwertige Bedeutung annehmen. Der Neurotiker ist ein Verbrecher ohne den Mut zum Verbrechen. Er pendelt zwischen seinen Begierden, Trieben, Impulsen und den moralischen und religiösen Hemmungen hin und her. Seine Symptome sind die Folge eines schweren Schuldbewusstseins. Seine aus der Reaktion gegen das Böse entstandene „moralische Überempfindlichkeit“ (Bipolarität aller Erscheinungen!) lässt ihn dann vieles als Böse empfinden, das „jenseits von Gut und Böse“ liegt. Durch die „Angst“ wird dann ein Schutzwall um die kriminellen Triebe errichtet. (Sicherungstendenzen Adlers.) So erweist sich die Angst als derjenige soziale Faktor, der die Ordnung der bestehenden Einrichtungen garantiert, und wir werden den tiefsinnigen Ausspruch Lichtenbergs verstehen: „Ich möchte wissen, was geschehen würde, wenn man in London die zehn Gebote so lange aufhöbe, als es zwölf schlägt.“

      Die ethischen Imperative beherrschen das Bewusstsein des Menschen. Im Unbewussten kommen sie in Form von Angst zum Vorschein. Sie ist ja, wie ich schon betont habe, die Angst vor sich selber...

      Aus der großen Menge von Verbrecherträumen, die mir zur Verfügung stehen, will ich nur eine kleine Auswahl veröffentlichen. Sie mögen die Todessymbolik im Sinne des Überganges vom Wunsch, der „kriminellen Passivität“, zur Tat, der „kriminellen Aktivität“ (Aggression) ergänzen.

      Ich beginne mit einem Traume des Herrn J. Z.:

      (445) „Ich träume, dass das Gas ausgeströmt ist. Meine Frau und mein Sohn liegen bewusstlos, blass und blau, in ihren Betten. Ich erwache mit Schrecken und sehe nach, ob sie noch leben. Zu meiner Beruhigung atmen beide ruhig. Ich kann lange nicht einschlafen.“

      Die Tragödie einer unglücklichen Ehe. Seine kriminellen Gedanken gehen dahin, Frau und Kind mit Leuchtgas zu vergiften. Kein Mensch soll das Verbrechen erfahren. Es soll nur ein unglücklicher Zufall sein. Er will frei sein, um sich sexuell auszuleben. Noch ein zweites geheimes Motiv: Seine Schwester ist Witwe geworden und hat eine schöne Pension. Er möchte den Haushalt mit ihr gemeinsam führen.

      Das ist das Resultat einer mehrwöchentlichen Analyse, die dem arbeitsunfähigen, vollkommen schlaflosen, mit Selbstmordgedanken kämpfenden Mann die volle Genesung brachte. Die Diagnose mehrerer Nervenärzte lautete: Neurasthenie (Neurasthenie ist eine in der ICD-10 enthaltene psychische Störung. Sie wird nur noch selten diagnostiziert und spielt in der psychotherapeutischen sowie psychiatrischen Praxis kaum noch eine Rolle, da inzwischen andere Krankheitsbilder beschrieben wurden, welche die Symptome der Neurasthenie umfassen.). So sehen die meisten Neurasthenien bei näherer psychoanalytischer Untersuchung aus. Immer wird man hinter den Symptomen Schlaflosigkeit, Unfähigkeit zu arbeiten, Rückenschmerzen, Dyspepsie (Verdauungsstörung), Verstopfung usw. einen schweren „psychischen Konflikt“ (Diese Formel wurde zuerst von mir in „Die Ursachen der Nervosität“ ausgesprochen.) finden. Mit der Aufdeckung der dem Patienten unbewussten Phantasien trat eine solche eminente Veränderung im Wesen des Genesenen ein, dass aus ihm wirklich ein „anderer Mensch“ wurde (Das Leuchtgas spielt in den Phantasien der Neurotiker eine große Rolle. Alle Zweifel, Zwangsvorstellungen und Angstzustände, die sich auf das Ausströmen von Gas und das Offenlassen des Gashahnes beziehen, haben außer den bekannten Determinationen eine kriminelle Wurzel.).

      Es folgen nun zwei Träume eines an „epileptischen Anfällen“ leidenden Mannes, den wir schon aus dem „Roman Reissigertraum“ (220; auch 285 und 286) kennen.

       Der Traum von den Wassertropfen

      (446) „Ich lag im Bette, als ich durch einen Wassertropfen, der mir aufs Gesicht fiel, erwachte. Ich sah zur Decke, bemerkte aber nichts, und schlief wieder ein. Kurze Zeit danach wachte ich durch dieselbe Ursache wieder auf; ich betrachtete nun den Plafond (Geschossdecke) genau und sah, dass durch eine große Anzahl von kleinen Löchern Wasser durchdrang.

      Ich ging zum Hausbesorger und sagte ihm diesen Vorfall und nannte das Haus eine Spelunke. Er wurde darüber aufgebracht und sagte, er wisse ohnehin schon die Ursache; in einem oberen Stockwerke sei ein Wasserreservoir schadhaft, und deshalb dringe das Wasser durch, aber deshalb sei ich noch nicht berechtigt, das Haus eine Spelunke zu nennen. Wir stritten dann noch eine Weile, dann wachte ich auf.“

      Der Träumer leidet an einer quälenden Eifersucht auf seinen Schwager, die ihm jedoch kaum bewusst ist. Der Traum ist eine typische Mutterleibsphantasie. Doch hinter der Bedeutung Wasser = Urin, Hausbesorger = Vater verbirgt sich eine viel wichtigere: Wasser


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