Wolf unter Wölfen. Ханс Фаллада

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Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада


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Frauenzimmer – und nun heißt sie Frau Pagel, ganz wie ich!

      Sie bedachte den Weg, den sie gegangen war unter diesem Namen; den stürmenden, eiligen Blütenweg zuerst. Dann die langen, die endlos langen Jahre an der Seite des gelähmten Mannes, der, immer fremder werdend, ruhig und freundlich Bilderchen pinselte, indes sie für ihn nach einer Gesundheit jagte, nach der er doch nichts mehr zu fragen schien. Schließlich erinnerte sie sich an das Erwachen, an den wieder Auferstandenen mit den weißen Schläfen, der, in die albernsten Geckereien verstrickt, ihr schändlich gestorben ins Haus getragen wurde ...

      Jeder Schritt dieses weiten Weges war so mühsam gegangen worden von ihr, kein Jahr ohne Sorge; Leid war ihr Bettgenosse gewesen, und ihr Schatten hieß Kummer. Aber darüber war sie eine Pagel geworden, aus den holden Täuschungen jungen Fleisches war die feste Frau erstanden, die nun und für ewig Frau Pagel hieß. Noch im Himmel würde sie eine Pagel sein; es war völlig unmöglich, daß Gott sie je etwas anderes sein ließ als eine Pagel. Aber all dies schwer Erkämpfte, diese Verwandlung, die ein schmerzliches Wachsen gewesen war in ihre Bestimmung hinein, das fiel diesem jungen Ding in den Schoß, als sei es nichts. Liederlich, wie sie zusammengekommen waren, banden sie sich aneinander. ›Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch; da will ich auch begraben sein. Der Herr tue mir dies und das; der Tod muß mich und dich scheiden!‹ – Ja, so hieß es, aber davon wußten sie nichts. Frau Pagel, das war kein Name, das war ein Schicksal! Sie aber machten einen Aushang, ließen halb eins hineinschreiben – und damit war es gut!

      Minna sagte es auch grade, ihr zum Trost, aber es war richtig: Es wird bloß Standesamt sein, gnädige Frau, keine Kirche.

      Die Gnädige richtete sich ein wenig auf, sie fragte eifriger: Nicht wahr, Minna, Sie denken das auch? Wolfgang hat es sich nicht recht überlegt, er macht es nur, weil ihn dies Mädchen zwingt. Standesamt sieht er auch nicht für voll an. Den Kummer macht er mir nicht.

      Es ist wohl, erklärte die unbestechliche Minna, weil Standesamt sein muß, Kirche nicht. Er wird mit Geld knapp sein, der junge Herr.

      Ja, sagte Frau Pagel und hörte nur, was ihr recht war. Und was so zusammengelaufen ist, läuft auch ebenso leicht wieder auseinander.

      Der junge Herr, meinte Minna, hat es immer zu leicht gehabt. Er hat keine Ahnung, wie ein armer Mensch Geld verdient. Erst haben Sie ihm alles leicht gemacht, gnädige Frau – und jetzt tut es das Mädchen. Manche Männer sind so – das ganze Leben brauchen sie ein Kindermädchen –, und es ist komisch, sie finden auch immer eins.

      Geld, wiederholte die alte Frau. Sie werden kaum Geld haben. Ein junges Ding ist eitel, zieht sich gerne hübsch an – wenn wir ihr Geld gäben, Minna?

      Sie würde es doch nur ihm geben, gnädige Frau. Und er würde es verspielen.

      Minna! rief Frau Pagel entsetzt. Was Sie bloß denken! Er wird doch nicht mehr spielen, jetzt, wo er verheiratet ist! Es können doch Kinder kommen –

      Die konnten vorher auch kommen, gnädige Frau, das hat doch mit dem Spielen nichts zu tun.

      Die gnädige Frau wollte es nicht hören, sie starrte über den Tisch nach dem leeren Platz hinüber. Decken Sie bloß ab, Minna! rief sie. Ich kann das Zeugs nicht mehr sehen. Ich esse hier Täubchen – und er hat geheiratet! Das Schluchzen kam wieder. Ach, Minna, was tun wir bloß?! Ich kann doch hier nicht weitersitzen, in meinen Zimmern, als sei nichts geschehen! Wir müssen doch irgend etwas tun!

      Wenn wir einmal hingingen? fragte Minna vorsichtig.

      Hingehen? Wir? Und er kommt nicht zu uns?! Und er schreibt mir nicht einmal, daß er heiratet?! Nein, das ist ganz unmöglich!

      Man muß ja nicht tun, als wenn man etwas wüßte!

      Ich den Wolf belügen –?! Nein, Minna, damit fange ich nun nicht mehr an! Es ist schon schlimm genug, daß ich merke, ihm kommt es nicht darauf an, mich zu belügen – nein!

      Und wenn ich nun allein hinginge? fragt Minna wieder behutsam. Mich sind sie gewöhnt, und mit ein bißchen Schwindeln nehme ich es auch nicht so genau!

      Schlimm genug, Minna, sagt Frau Pagel scharf. Sehr häßlich von Ihnen! – Nun, ich lege mich jetzt ein wenig hin, ich habe gräßliche Kopfschmerzen. Bringen Sie mir doch ein Glas Wasser für die Tabletten.

      Und sie ging in das Zimmer ihres Mannes. Eine Weile stand sie still vor dem Bilde der jungen Frau, sie dachte vielleicht: ›So wie ich den Edmund kann sie ihn nie lieben. Sie können auch wieder auseinandergehen, sehr, sehr rasch.‹

      Sie hört Minna drüben beim Abräumen hin und her gehen, sie überlegt ärgerlich: ›Sie ist ein alter Querkopf. Sie sollte mir doch ein Glas Wasser bringen, nein, sie muß erst abräumen. Ich denke gar nicht daran, ihr den Willen zu tun! Übermorgen hat sie ihren freien Nachmittag, da kann sie machen, was sie will. Geht sie heute, merkt das junge Ding gleich, sie kommt nur darum. Man weiß doch, wie berechnend diese jungen Mädchen sind! Wolf ist ein Schaf, das werde ich ihm auch sagen. Er denkt, sie nimmt ihn seinetwegen. Aber sie hat die Wohnung und die Bilder gesehen, über die Preise weiß sie natürlich längst Bescheid. Auch daß dies Bild eigentlich ihm gehört. Komisch, daß er es noch nie von mir verlangt hat, aber so ist Wolf eben, nie berechnend ...‹

      Sie hört die Wasserleitung in der Küche laufen. Minna will ihr wohl recht kaltes Wasser bringen. Rasch geht sie zum Sofa und legt sich hin. Sie zieht eine Decke über sich.

      Das Wasser hätten Sie mir auch schon vor fünf Minuten bringen können, Minna! Sie wissen doch, ich liege hier mit meinen gräßlichen Kopfschmerzen ...

      Sie sieht Minna böse an. Aber Minna hat ihr altes, faltiges Holzgesicht, ihr ist nichts anzusehen, wenn sie nicht will.

      Also dann gut, Minna! Und seien Sie recht leise in der Küche – ich will ein bißchen schlafen. Wenn Sie alles abgewaschen haben, können Sie gehen. Nehmen Sie heute Ihren freien Nachmittag. Das Fensterputzen lassen Sie für morgen, Sie können sich doch nicht zusammennehmen und leise sein! Sie rumpeln dann immer so mit den Eimern, dann wird doch nichts aus meinem Schlaf. Also adieu, Minna.

      Adieu, gnädige Frau, sagt Minna und geht. Sie macht die Tür sehr sachte, gar nicht rumpelig zu.

      ›Dämliches Frauenzimmer!‹ denkt Frau Pagel. ›Wie sie mich bloß wieder angestarrt hat – wie 'ne alte Eule! Ich will aufpassen, wenn sie geht. Dann laufe ich rasch zu Betty. Vielleicht war sie auf dem Standesamt oder hat jemanden geschickt – keiner ist neugieriger als Betty. Und ich bin noch vor Minna wieder zurück – alles braucht sie nun auch nicht zu wissen!‹

      Frau Pagel sieht noch einmal das Bild an der Wand an. Die Frau im Fenster sieht von ihr fort. Von hier aus gesehen, schieben sich die dunklen Schatten hinter dem Frauenkopf auseinander, lichten sich auf – es sieht beinahe so aus, als nähere ein Männerkopf seinen Mund dem Frauennacken. Frau Pagel hat es schon oft gesehen, diesmal ärgert es sie.

      ›Diese verdammte Sinnlichkeit!‹ denkt sie. ›alles verdirbt sie den jungen Leuten. Ewig fallen sie darauf rein.‹

      Dann überlegt sie, daß nun, wo die beiden geheiratet haben, das Bild der jungen Frau eigentlich zur Hälfte mit gehört. So ist das doch?

      ›Aber sie soll mir nur kommen! Sie soll nur kommen! Einen Backs hat sie schon weg – aber ich habe noch mehr ...‹

      Fast lächelnd dreht sie sich um und ist in einer Minute eingeschlafen.

      Viertes Kapitel

      Nachmittagsschwüle über Stadt und Land

       1

      Hören Sie zu, sagte Direktor Dr. Klotzsche zu dem Reporter Kastner, der ausgerechnet heute auf seiner Fahrt durch Preußens feste Häuser in das Zuchthaus Meienburg gekommen war. Hören Sie zu! Man muß nichts darauf geben, was die im Städtchen unten über uns klatschen. Wenn zehn Gefangene ein wenig laut sind, schallt es in diesem Haus aus Zement und Eisen, als brüllten tausend.

      Immerhin


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