Westtürkei. Helga Henschel
Читать онлайн книгу.untergehende Osmanische Reich völlig um und führte in allen Lebensbereichen europäische Standards und Gesetze ein. Unter anderem trennte er Religion und Staat.
Zu Deutschland haben Türken eine besondere Beziehung. Nicht nur durch den Bau der Bagdad-Bahn, von Kaiser Wilhelm initiiert, sondern auch durch die vielen türkischen Gastarbeiter in Deutschland. Auf offener Straße wird man von Türken gastfreundlich auf Deutsch angesprochen. Aus Deutschland? Aus welcher Stadt? Fußball ist immer ein dankbares Thema. Jeder Türke hat mindesten einen Verwandten in Deutschland. Besonders beliebt sind deutsche Autos!
Türkei – nicht nur Strand, Kopftuch und Proteste
Zu Unrecht wird die Türkei nur mit Strand, Sonne, Badeurlaub, Kopftuch und Demonstrationen gleichgesetzt. Während einer Reise in die Türkei lernen Besucher das völlig unterschätzte Land besser kennen und schätzen. In Anatolien siedelten viele, alte Kulturen. Sie bauten für damalige Zeiten große Städte auf. Und das auch noch auf unzugänglichen und steilen Bergen. Unglaublich! Sogar Alexander dem Großen verging die Lust, manche Bergstädte zu erobern. Das war ihm zu mühsam und er ließ das Volk in Ruhe. Das es aber so viele sehenswerte Reste der Hethiter, Phrygier, Lykier, Griechen, Römer und Osmanen gibt, wird erst später klar. Doch ein genauer Blick auf die Landkarte belehrt Touristen: Anatolien und die Westtürkei ist übersät mit Markierungen für herausragende Sehenswürdigkeiten zum Teil UNESCO Weltkulturerbe- Stätten. Ein Urlaub an der Westküste der Türkei mit Ausflügen in die Umgebung erlaubt Einblicke in die historischen Kulturen und der aktuellen türkischen Kultur.
Türkei und Europa
Die Türkei expandierte wirtschaftlich und ging ihren eigenen Weg. Sie entwickelten ihr Land wirtschaftlich selbstständig. Das ist überall sichtbar. Der Handel blüht. Türkische Firmen verfügen über Märkte in Europa und in islamischen Ländern. Türkische Unternehmer kaufen europäische Firmen. Erdogan hat dem Land Stabilität und Arbeitsplätze gebracht. Vielen Türken geht es wirtschaftlich besser als noch vor zehn Jahren. Das ist überall zu sehen. Da ist es kein Wunder, dass Erdogan viele Stimmen bei Wahlen bekommt. Doch er hat ehrgeizige Ziele. Was daraus wird, zeigt die Zukunft. Letztendlich bestimmt das türkische Volk, in welche Richtung ihr Land geht.
Historischer Überblick
Im Gebiet der heutigen Türkei oder Anatolien sowie an der Westküste siedelten schon früh Menschen. Das Land war fruchtbar und gab den Menschen genug, um Kulturen zu entwickeln. In den Umgebungen der Badeorte entdeckten Archäologen 20.000 Jahre alte Siedlungen aus der Altsteinzeit. In der Jungsteinzeit entsteht die Bauernstadt Catalhüyük in Zentralanatolien. In der Bronzezeit etwa 3000 Jahre v. Chr. dominieren Städte wie Troja, Ephesus und Smyrna, das heutige Izmir. 2000 v. Chr. gründeten die Hethiter ihr Reich mit der Hauptstadt Hattusa. Die Völker wechselten, die Kulturen verschmolzen. Eine ganz klare Unterscheidung ist kaum zu treffen. Die Urartäer siedelten am Van-See, die Phrygier kamen um 800 v. Chr. in Zentralanatolien an die Macht. Im 6. Jahrhundert v. Chr. regierte König Krösus das Lydische Reich. Die Perser übernahmen und der Grieche Alexander der Große forderte und bekam von den Persern die fruchtbare, anatolische Halbinsel. 130 v. Chr. weiteten die Römer ihr Reich nach Anatolien aus.
Das Byzantinische Reich
324 wurde Kaiser Konstantin mit seiner Gattin Helena Herrscher über das oströmische oder Byzantinische Reich. Er gründete Konstantinopel, das heutige Istanbul. Später wurden die Hagia Sophia und die Basilika-Zisterne gebaut. 1000 n. Chr. fiel das Reitervolk der Seldschuken in Anatolien ein. Sie gründeten ein Sultanat mit der Hauptstadt Konya. Die Sultane gewannen, die Byzantiner verloren Schlachten.
Das Osmanische Reich
Ende des 13. Jahrhunderts eroberte der Osmane Orhan Ghasi die Stadt Bursa. Sein Sohn Osman Ghasi gründete weitere Fürstentümer. Die Osmanischen Sultane eroberten und beherrschten weite Teile des Mittelmeeres und des Balkans bis vor die Tore Wiens. Im 19. Jahrhundert erlebte das ehemals mächtige Osmanische Reich seinen Niedergang.
Türkei
1900 wurde die heutige türkische Flagge entwickelt. 1923 gründete Kemal Atatürk die Republik Türkei. Atatürk führte weitreichende Reformen und Modernisierungen nach deutschem und europäischem Vorbild durch. Schon 1938 stirbt der Staatsgründer.
Die Türkei schritt in ihrer wirtschaftlichen und politischen Bedeutung voran und wurde 1952 NATO-Mitglied. Das starke Militär war mit der Politik nicht einverstanden und putschte 1970 und 1980.
Heute ist die Türkei ein wirtschaftlich expandierendes Land mit einer stabilen Demokratie. Doch mit dem mächtigen, aber umstrittenen Politiker Erdogan sind inzwischen viele, fortschrittliche Türken nicht mehr einverstanden. Die Proteste um den Gezi-Park in Istanbul, nach dem Grubenunglück oder die kontroverse Haltung gegenüber der Terrorgruppe IS sind Ausdruck dafür.
Istanbul
Das größte Problem der Stadt ist der überquellende Verkehr. Die Stadtplaner kommen kaum mit neuen Projekten wie Tunnel und Brücken dagegen an. Die dritte Brücke über den Bosporus von Europa nach Asien ist geplant, der Tunnel durch das Marmara-Meer ist vollendet, die Metro wird mit Hochdruck ausgebaut und dennoch brauchen Istanbuler viel Zeit für ihre Wege. Das Autofahren ist heikel. Würde ein deutscher Autofahrer die deutschen Verkehrsregeln beachten, wäre er ein Verkehrs-Hindernis. Erstaunlich, dass relativ wenig Unfälle passieren.
Tipp:
Fußgänger gehen besser in Kleingruppen über die Straße.
Istanbul – nie völlig entdeckt
Aber Istanbul ist allemal eine Reise wert. Die Stadt pulsiert. Zwei Tage Istanbul ist eindeutig zu wenig. Es gibt mehr zu sehen und Plätze zu entdecken. Die Stadt wurde etwa 660 v. Chr. von den Griechen gegründet und seitdem fanden viele Völker diese einmalige Lage mit einem natürlichen Hafen am Bosporus attraktiv. Es war die Hauptstadt des Byzantinischen und des Osmanischen Reiches. Natürlich kamen auch die Kreuzfahrer auf ihrem Weg nach Jerusalem an Konstantinopel vorbei.
Heute macht die Stadt einen sehr westlichen Eindruck. Ein Fünftel der türkischen Bevölkerung lebt in Istanbul. Auf der Straße ist man nie allein, sondern immer von vielen Menschen umgeben. Doch es gibt Ruhezonen. In kleinen Cafés bei dem üblichen Glas Tee (türkisch: Cha) lässt sich den Menschen gut zuschauen.
Sehenswürdigkeiten in Istanbul
Sehenswürdigkeiten gibt es viele in Istanbul. Die Hauptattraktionen wie die ehrwürdige und etwas monströs aussehende Sophien-Kirche, besser bekannt unter dem Namen Hagia