Und leise schließt sich eine Tür. Thomas GAST

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Und leise schließt sich eine Tür - Thomas GAST


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ist die Notwendigkeit nicht um jeden Preis dagegen anzukämpfen. Tust du es, drückt dir die Natur den Stempel Verlierer auf die Stirn. Im Leben ist es wohl genauso. In diesem Sinne sollten wir langsam den Tag beginnen und nicht in aller Frühe schon an den kommenden Tag denken. Das Jetzt zählt! Einatmen, den Moment festhalten … leben!

       Das Resultat einer solchen Lebenseinstellung?

      Unbeschreiblich, natürlich, zwanzig Kilo Ballast von jeder Schulter werfend!

      Das Leben ist wie ein recht turbulent dahin fließender Strom. An bestimmten Biegungen dieses Flusses - und auch das wurde mir sehr schnell klar, ist es für jeden von uns wichtig, mit sich selbst ins Reine zu kommen, Zwischenstation zu machen, Bilanz zu ziehen. Ich für meinen Teil suchte dazu Momente der Einsamkeit. Nur ich, das immersatte Grün in tausend verschiedenen Facetten und die Laute der Natur.

      Meiner Seele tat es gut.

      Ich verstand schnell. Man (n) muss nicht immer reden oder sich vor anderen profilieren um zu einer gewissen Art von Selbstwertgefühl zu finden. Endlich weg vom verflixten Schema: …. ich rede, ich zeige mich und rücke mich ins rechte Licht, protze mit meiner Intelligenz, mit meinen körperlichen Trümpfen, mit schnöden Mammon oder noch mit dem… was-bin-ich und was-kann-ich-noch-werden Denken!

      Intensiv waren meine zwei Jahre in Südamerika, weil erst dort meine Sinne sich richtig entfalten konnten und überhaupt: Ich machte die Erfahrung, dass ich über Sinne und über die sich daraus ableitenden Fähigkeiten verfügte, von denen ich bis dahin noch gar nichts wusste. Kulinarisch gesehen wurde ich ein anspruchsvoller Gourmand.

       Poulet au Miel et Ananas – Huhn mit Honig und Ananas – Pirri-pirri, kantonesischer Reis, Ingwer und Kardamom. P’ti Punch, Taffia – weißer Rum aus den Antillen. Zuckerrohr und vegetarische Samosass. Goldbrasse und Merou! Zimt und goldene Mangofrucht Muskat und frischer Koriander.

      Ich wurde ein aufmerksamer Beobachter und nimmersatter Zuhörer, ein besserer Liebhaber auch, gab stets mehr, als ich nahm. Kehrte den Spieß um, am nächsten Tag.

      Ich erfuhr Toleranz und wurde toleranter, ließ Außenseiter nicht mehr allein am Wegrand stehen. Und in der Kollektivität? Wir gaben Respekt und Vertrauen, erhielten Gleiches im Gegenzug. Wir erreichten unser Ziel zusammen oder scheiterten zusammen. Wir erhielten für den Erfolg stets Lob und Anerkennung und für das Scheitern immer eine zweite Chance und das alles machte uns stark.

      Und plötzlich war ich frei wie der Wind! Mein Fazit? Ein Hoch auf die Natürlichkeit, einen Ritterschlag für jeden Menschen der seinen Weg so geht wie er – und nicht ein anderer, es instinktiv für richtig hält. Eine Krone für all diejenigen die sich vom Leben nicht prügeln, sich nicht in Schemen oder Schubladen pressen lassen. Jeder Mensch – mit seinen Schwächen, Unzulänglichkeiten oder mit seinen Stärken, mit seinen Fehlern oder Tugenden – ist einzigartig. Jeder Mensch, genauso wie er sich morgens im Spiegel betrachtet, ist etwas Besonderes.

      Rendezvous mit dem Tod

       Aber ich habe ein Rendezvous mit dem Tod! Um Mitternacht in einer Stadt in Flammen. Wenn der Frühling gen Norden zieht dieses Jahr. Ich werde Wort halten. Dieses Rendezvous … ich werde es einhalten.

      But I’ve a rendezvous with Death. At midnight in some flaming town.

      When Spring trips north again this year. And I to my pledged word am true.

      I shall not fail that rendezvous. (Alan Seeger, 1888 – 1916)

      Es war John F. Kennedys Lieblingsgedicht. Geschrieben hat es der US-amerikanische Dichter Alan Seeger. Seeger war nicht nur Poet, sondern auch ein feiner Romancier dessen Lebensweg dem in einen Käfig geratenen Schwan gleicht. Alan Seeger war auch Fremdenlegionär, auf der einen Seite abgehoben, dann wieder Realist. Ihm widme ich diese Geschichte.

       Frankreich, 1919.

      Die Gestalt war nicht nur von den Jahren, sondern vor allem von großer Sorge gebeugt. In seiner Westentasche befand sich ein Brief des französischen Kriegsministeriums. Sein Sohn sei gefallen, stand drauf. Höchst knapp und kühl wurden die Umstände erwähnt. Und hier, in der regnerischen Picardie, im Département Somme sollte er zu finden sein. Das Grab. Der Körper. Das, was übrig blieb von seinem Traum.

      Den Körper fand er nicht. Oh, er ließ nichts unversucht, hastete von einem Friedhof, von einem einsamen Grab, von einer Hoffnung zur nächsten. Nirgends fand er ein Wort, eine Zeile, nirgends seinen Namen auf einem hölzernen Kreuz. Nichts! Und das, obwohl schon der Hauch der Vertrautheit ihn überall umgab. Er wusste, sein Sohn Alan hatte vor ihm diesen Boden betreten. Er spürte es mit jedem unsicheren Schritt.

       Aber ich habe ein Rendezvous mit dem Tod!

      An diesem Tag sowie auch an allen darauffolgenden Tagen suchte der Vater umsonst. Wieder und wieder kramte er den zerknüllten Brief hervor, worauf zu lesen stand …

       Junger Legionär, voller Enthusiasmus und Energie, der Frankreich leidenschaftlich liebt! Freiwillig zu Beginn der feindlichen Handlungen, bewies er während des gesamten Feldzuges einen bewundernswerten Mut und eine außerordentliche Lebensfreude. Gefallen am 04. Juli 1916.

      Als Fremdenlegionär unterschreibt der Kandidat einen Vertrag, der ihn zunächst fünf Jahre lang an die Légion étrangere binden wird. Oder er unterschreibt für die Dauer des Krieges. Wie Alan Seeger. Seeger liebte Frankreich, noch mehr aber liebte er Paris. Und seine Poesie …

      „Il n’y a dans la nature que deux principes, l’amour et le combat!“

      In der Natur gibt es nur zwei Prinzipien: Die Liebe und den Kampf!

      Liebe und Kampf. Mit diesen Gedanken im Kopf zog Alan Seeger in den Krieg. Er rannte von einem Schlachtfeld zum nächsten. Und er schrieb. Er führte Tagebuch. Die Sehnsucht, sein Rendezvous nicht zu verpassen, fand sich in all seinen Aufzeichnungen. Das Schicksal enttäuschte ihn nicht, er fand schnell, wonach er suchte.

Bild 4

      Belloy en Santerre – 04. Juli, 1916. Die Deutschen hatten sich seit Monaten zur Defensive eingerichtet. Die Landschaft glich Dantes Inferno. Überall waren Bunker, Stacheldraht, Laufgräben. Überall lagen Tote. Tote Soldaten, tote Landschaft, tote Gefühle und getötete Poesie. Zwischen den unablässig heranstürmenden französischen Einheiten und den deutschen Schützengräben zog sich ein Niemandsland. Es waren achthundert Meter Kraterlandschaft, eine halbe Meile aufgewühlter Boden, von Bomben getränkte französische Muttererde. Sie war gesät mit Leichen beider Kriegsparteien, mit den Körpern von Männern, herangeeilt aus fast hundert verschiedenen Ländern.

      Die Legionäre der 9. und 11. Kompanie des 3. Bataillons des R.M.L.E. zu denen auch Alan Seeger zählte, gingen durch die Hölle an diesem Tag. Teufel waren es! Und wie Teufel mussten sie auch den Deutschen Soldaten vorgekommen sein, als sie plötzlich in den deutschen Gräben standen. Fremdenlegionäre bespritzt mit Schlamm und mit dem Blut ihrer Kameraden, beseelt von der Aussicht, dass der Krieg bald endet. Verdammter Krieg! Ganz langsam wurden Stimmen auf dem Schlachtfeld laut. Zunächst schrie nur einer, dann, peu à peu wurden es mehr, bis es kein Halten mehr gab.

      „Vive la Légion, Vive la France!“

      „Belloy est pris!“ Belloy en Santerre ist eingenommen! Erobert!

      In der folgenden Nacht, stockdunkel war sie, hörte man deutlich die Stimme eines einzelnen Legionärs. Es war eine Stimme mit einem fremden Akzent, eine Stimme voller Wucht und Sanftheit und Poesie und voller Wahrheit!

      Die Verwundeten hoben ihre Köpfe. Sie bekamen eine Gänsehaut. Es war die Stimme des ebenfalls schwer verletzten amerikanischen Poeten Alan Seeger und er sang.

      „Estimant infime le paiement de sa dette,

       Pour que son drapeau puisse, l’honneur


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