Die Jungfrau von Orleans. Friedrich Schiller

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Die Jungfrau von Orleans - Friedrich Schiller


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des unselig jammervollen Zwists,

      Der Frankreichs Waffen wider Frankreich wendet!

      BERTRAND.

      Auch sie, die alte Königin, sieht man,

      Die stolze Isabeau, die Bayerfürstin,

      In Stahl gekleidet durch das Lager reiten,

      Mit giftgen Stachelworten alle Völker

      Zur Wut aufregen wider ihren Sohn,

      Den sie in ihrem Mutterschoß getragen!

      THIBAUT.

      Fluch treffe sie! Und möge Gott sie einst

      Wie jene stolze Jesabel verderben!

      BERTRAND.

      Der fürchterliche Salisbury, der Mauren-

      Zertrümmerer, führt die Belagrung an,

      Mit ihm des Löwen Bruder Lionel,

      Und Talbot, der mit mörderischem Schwert

      Die Völker niedermähet in den Schlachten.

      In frechem Mute haben sie geschworen,

      Der Schmach zu weihen alle Jungfrauen,

      Und was das Schwert geführt, dem Schwert zu opfern.

      Vier hohe Warten haben sie erbaut,

      Die Stadt zu überragen; oben späht

      Graf Salisbury mit mordbegiergem Blick,

      Und zählt den schnellen Wandrer auf den Gassen.

      Viel tausend Kugeln schon von Zentners Last

      Sind in die Stadt geschleudert, Kirchen liegen

      Zertrümmert, und der königliche Turm

      Von Notre Dame beugt sein erhabnes Haupt.

      Auch Pulvergänge haben sie gegraben

      Und über einem Höllenreiche steht

      Die bange Stadt, gewärtig jede Stunde,

      Daß es mit Donners Krachen sich entzünde.

      Johanna horcht mit gespannter Aufmerksamkeit und setzt sich den Helm auf.

      THIBAUT.

      Wo aber waren denn die tapfern Degen

      Saintrailles, La Hire und Frankreichs Brustwehr,

      Der heldenmütge Bastard, daß der Feind

      So allgewaltig reißend vorwärts drang?

      Wo ist der König selbst, und sieht er müßig

      Des Reiches Not und seiner Städte Fall?

      BERTRAND.

      Zu Chinon hält der König seinen Hof,

      Es fehlt an Volk, er kann das Feld nicht halten.

      Was nützt der Führer Mut, der Helden Arm,

      Wenn bleiche Furcht die Heere lähmt?

      Ein Schrecken, wie von Gott herabgesandt,

      Hat auch die Brust der Tapfersten ergriffen.

      Umsonst erschallt der Fürsten Aufgebot.

      Wie sich die Schafe bang zusammendrängen,

      Wenn sich des Wolfes Heulen hören läßt,

      So sucht der Franke, seines alten Ruhms

      Vergessend, nur die Sicherheit der Burgen.

      Ein einzger Ritter nur, hört ich erzählen,

      Hab eine schwache Mannschaft aufgebracht,

      Und zieh dem König zu mit sechzehn Fahnen.

      JOHANNA schnell.

      Wie heißt der Ritter?

      BERTRAND.

      Baudricour. Doch schwerlich

      Möcht er des Feindes Kundschaft hintergehn,

      Der mit zwei Heeren seinen Fersen folgt.

      JOHANNA.

      Wo hält der Ritter? Sagt mirs, wenn Ihrs wisset.

      BERTRAND.

      Er steht kaum eine Tagereise weit

      Von Vaucouleurs.

      THIBAUT zu Johanna.

      Was kümmerts dich! Du fragst

      Nach Dingen, Mädchen, die dir nicht geziemen.

      BERTRAND.

      Weil nun der Feind so mächtig und kein Schutz

      Vom König mehr zu hoffen, haben sie

      Zu Vaucouleurs einmütig den Beschluß

      Gefaßt, sich dem Burgund zu übergeben.

      So tragen wir nicht fremdes Joch und bleiben

      Beim alten Königsstamme – ja vielleicht

      Zur alten Krone fallen wir zurück,

      Wenn einst Burgund und Frankreich sich versöhnen.

      JOHANNA in Begeisterung.

      Nichts von Verträgen! Nichts von Übergabe!

      Der Retter naht, er rüstet sich zum Kampf.

      Vor Orleans soll das Glück des Feindes scheitern,

      Sein Maß ist voll, er ist zur Ernte reif.

      Mit ihrer Sichel wird die Jungfrau kommen,

      Und seines Stolzes Saaten niedermähn,

      Herab vom Himmel reißt sie seinen Ruhm,

      Den er hoch an den Sternen aufgehangen.

      Verzagt nicht! Fliehet nicht! Denn eh der Rocken

      Gelb wird, eh sich die Mondesscheibe füllt,

      Wird kein engländisch Roß mehr aus den Wellen

      Der prächtig strömenden Loire trinken.

      BERTRAND.

      Ach! Es geschehen keine Wunder mehr!

      JOHANNA.

      Es geschehn noch Wunder – Ein weiße Taube

      Wird fliegen und mit Adlerskühnheit diese Geier

      Anfallen, die das Vaterland zerreißen.

      Darniederkämpfen wird sie diesen stolzen

      Burgund, den Reichsverräter, diesen Talbot,

      Den himmelstürmend hunderthändigen,

      Und diesen Salisbury, den Tempelschänder,

      Und diese frechen Inselwohner alle

      Wie eine Herde Lämmer vor sich jagen.

      Der Herr wird mit ihr sein, der Schlachten Gott.

      Sein zitterndes Geschöpf wird er erwählen,

      Durch eine zarte Jungfrau wird er sich

      Verherrlichen, denn er ist der Allmächtge!

      THIBAUT.

      Was für ein Geist ergreift die Dirn?

      RAIMOND.

      Es ist

      Der Helm, der sie so kriegerisch beseelt.

      Seht Eure Tochter an. Ihr Auge blitzt,

      Und glühend Feuer sprühen ihre Wangen!

      JOHANNA.


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