Mythos, Pathos und Ethos. Thomas Häring
Читать онлайн книгу.Aber am 18.Januar 2007 war dann plötzlich alles vorbei. Sträuber erklärte vor der Presse seinen Rückzug von allen Ämtern zum 30.09.2007 und sorgte damit sowohl für Erleichterung als auch für Entsetzen im Bayernland. Mit seinem Liebling Magnus Öder analysierte er das Geschehen hinter verschlossenen Türen. "Die haben mich reingelegt, alle miteinander. Erst rede ich in zwei Tagen sage und schreibe 20 Stunden lang mit diesen Fraktionsdeppen und dann erlegen die mich heimlich, still und leise. Das war ein abgekartetes Spiel vom Blackschein und vom Zuber, aber das werde ich denen noch heimzahlen!" giftete Don Egmonto. "Das sehe ich ganz genauso, Chef. Der Blackschein und der Zuber, die haben sich einfach Deine Posten aufgeteilt und tun jetzt so, als wären sie die Retter der CSU." "So ist es. Aber das wird sich der Torsten Feehoffer ja wohl hoffentlich nicht einfach so gefallen lassen. Der hat bei der ganzen Angelegenheit schließlich auch noch ein Wörtchen mitzureden." "Der hat doch momentan ganz andere Probleme, Chef. Seine Freundin in Berlin bekommt nämlich ein Kind von ihm." "Sauber, das haben der Blackschein und der Zuber also auch noch hingekriegt. Setzen die also einfach ein junges Ding auf den Torsten an, weil sie genau wissen, daß der da nicht widerstehen kann." Sträuber erhob sich wütend und schritt erregt hin und her. "Nein, Chef, damit haben die beiden Kurzen nichts zu tun. Wenn überhaupt, dann wäre dafür höchstens der Wenzel Reyer von der CDU verantwortlich, denn den seine Mitarbeiterin ist die Freundin vom Torsten." "Das wird ja immer schlimmer! Ich hätte es mir wirklich denken können, daß da die Gerkel dahintersteckt! Was für ein hinterhältiges Kompott, äh, Komplott! Die blöde Trulla kann den Feehoffer nicht leiden und damit der nicht CSU-Chef werden kann, was sie unbedingt verhindern will, weil er dann fast so mächtig wäre wie sie, beauftragt sie ihren ehemaligen Generalsekretär Reyer, der ja schon immer die Drecksarbeit für sie erledigt hat, den Feehoffer mit Hilfe seiner Mitarbeiterin durch schlechten, äh, Geschlechtsverkehr aus dem Verkehr zu ziehen." "Also, ich weiß nicht, Chef", wandte Öder ein. "Ruhe, Magnus, jetzt red i! Diese Hexe, die hat das alles mit dem Zuber und dem Blackschein ausbaldowert, aber das wird sie noch genauso büßen wie die beiden Polit-Zwerge. Magnus, schreib mit! Die Rache wird unser sein." "Jawohl, Chef! Aber was wird jetzt dann eigentlich aus mir?" "Da mach Dir mal keine Sorgen! Ich habe Dir einen Ministerposten gesichert, diese Kröte mußten die beiden Verräter schlucken, sonst wäre ich nicht freiwillig zurückgetreten." "Danke Chef, das werde ich Ihnen nie vergessen." "Keine Ursache, große Wirkung. Aber ich verlange dafür natürlich eine Gegenleistung. Du wirst Dich mit dem Torsten Feehoffer zusammentun und zu dritt werden wir die Kurzen aus dem Amt jagen, sobald sich die Gelegenheit dafür bietet." "Einverstanden. Aber muß es denn wirklich der Feehoffer sein, Chef?" "Wir haben keinen Anderen. Ich weiß selber, daß der Mann anstrengend und unzuverlässig ist, aber er ist der Einzige, der die Statur hat, um es den Zwergen zu zeigen. Also gut, jetzt aber hinfort mit Dir, ich habe nachzudenken und zu trauern." Öder nickte und ging, Sträuber flennte los.
Einige Tage später hatte er sich wieder im Griff, weshalb er die Gunst der Stunde nutzte und sich mit Bundesagrar- und Verbraucherschutzminister Torsten Feehoffer traf. "Das ist ja alles eine unschöne Bescherung", jammerte Sträuber. "Allerdings. Ich hätte es wissen müssen, aber der Blackschein, der hat mich so richtig übers Ohr gehauen", beschwerte sich Feehoffer. "Wie meinst Du denn das, Torsten?" "Eigentlich hatte ich mit dem vereinbart gehabt, daß er Ministerpräsident wird und ich Parteivorsitzender." "Was! Und das sagst Du mir erst jetzt?" "Aber selbstverständlich. Es ging ja bei dieser Abmachung ohnehin erst um die Zeit nach Dir." "Ach so. Aber daß jetzt schon der Geißler in der Süddeutschen unserer CSU gute Ratschläge erteilt, das ist wirklich der absolute Gipfel der Unverschämtheit." Sträuber erhob sich, zerknüllte einige Papiere und schaute Feehoffer eindringlich an. "Wir müssen uns rächen, Torsten." "Natürlich müssen wir das und das werden wir auch. Jedoch steht zu befürchten, daß Zuber die Wahl zum Parteichef gegen mich gewinnen wird." "Verdammt, warum mußtest Du mit dieser Reyermuschi anbandeln?" "Die arbeitet für den Wenzel Reyer, die ist nicht mit dem zusammen." "Das weiß ich doch auch. Aber das paßt mir jetzt halt alles gerade überhaupt nicht ins Konzept." "Das weiß ich auch, trotzdem werden wir unsere Rache bekommen. Paß auf, Egmont: Die zwei Kurzen werden als Tandem in die nächste Landtagswahl gehen und nachdem Du mit Deinen über 60 Prozent die Meßlatte so hoch gelegt hast, werden sie grandios scheitern und dann kommt wieder unsere Zeit." "Da könntest Du Recht haben. Der Blackschein läßt sich ja mittlerweile in Nürnberg schon feiern und tritt so großspurig auf, daß einem ganz schlecht wird. Es waren übrigens 60,7 % bei der Wahl." "Besserwisser", murmelte Torsten. "Wie war das?" "Besser ist das, wenn sich die zwei Kurzen sicher fühlen, denn dann werden sie am Wahlabend ein böses Erwachen erleben." "Oh ja, darauf freue ich mich jetzt schon. Aber nach außen hin müssen wir natürlich so tun, als würden wir für die CSU kämpfen, sonst fliegt alles auf und wir bekommen mächtig Ärger." "Kein Problem, das kriegen wir hin." "Gut, Torsten, jetzt geht es mir schon wieder gleich viel besser. So machen wir das. Und in Zukunft wendest Du Dich bitte an den Magnus Öder, wenn es was zu besprechen gibt." "Muß das denn wirklich sein? Der immer mit seinen Charakterschwächen, seinem krankhaften Ehrgeiz und seinen vielen Schmutzeleien." "Ich weiß, aber ich war als Generalsekretär genauso." "Das mag sein, aber der wird immer so bleiben." "Das ist allerdings zu befürchten. Wie auch immer, er steht jedenfalls auf unserer Seite, deshalb müssen wir mit ihm zusammenarbeiten." "Na gut, was soll’s? Ministerpräsident werde ja eh ich." "Außer wenn ich es mir noch mal überlege." Beide lachten kurz auf, doch Feehoffer war gewarnt. Der Alte hatte gesprochen.
"Mensch, Egmont, so fröhlich und ausgelassen kenne ich Dich ja überhaupt nicht", gab Kathrin Sträuber am letzten Februarwochenende 2007 zu. "Ach Muschi, es war einfach herrlich beim Politischen Aschermittwoch in Passau. Die Leute haben mich stundenlang gefeiert, ich durfte drei Stunden lang reden und alle haben zugehört, weil sie geglaubt haben, das wäre meine letzte Rede beim Politischen Aschermittwoch und dann haben sie "Mauli raus!" gerufen und ich habe sie gewähren lassen, denn es hat tatsächlich funktioniert, die Sicherheitsleute haben die blöde Mauli rausgeschafft, es war phantastisch!" schwärmte Meister Ege. "Die arme Frau, die hat es aber auch nicht leicht in Eurem Männerverein", entfuhr es seiner Gattin. "Die hat uns doch diese ganze Chose eingebrockt mit ihrer Selbstdarstellung in den Medien. Mit der brauchst Du wirklich kein Mitleid haben, das hat die wahrlich nicht verdient, dieses durchtriebene Weibstück." "Wie Du über die redest, dabei kennst Du die doch gar nicht. Oder war das etwa Deine frühere Geliebte, die jetzt aus Enttäuschung darüber, daß Du sie verlassen hast, Deinen Rücktritt gefordert hat?" "Sehr witzig, Kathrin, wirklich sehr witzig. Am Schluß habe ich dem Blackschein und dem Zuber noch Angst gemacht, indem ich erklärte: "Auf ein Neues! Ich hab ja gesagt: Ich bin nicht weg!" Da haben die zwei Kurzen einen ganz schönen Schrecken bekommen, diese Verräter." "Jetzt zieh doch nicht dauernd so über den Gunnar und den Merlin her! Früher hast Du die immer ganz laut und ständig gelobt." "Ja, als sie noch schön brav das gemacht haben, was ich ihnen aufgetragen hatte. Aber etwas Gutes hat diese Rücktrittsgeschichte dann doch." "Was denn? Daß Du mehr Zeit mit mir und unseren Enkelkindern verbringen kannst?" "Ach was, so ein Quatsch! Die und Dich sehe ich ohnehin oft genug. Nein, dadurch daß es jetzt vorbei ist, habe ich mich am 22.Januar nicht mit der blöden Mauli treffen müssen, wenigstens das ist mir erspart geblieben." Egmont grinste und Kathrin ging weg. Plötzlich kehrte sie noch einmal zurück und sprach: "Ich war übrigens mit dabei gewesen in Passau, Du brauchst nicht immer so zu tun und zu erzählen, als ob ich das alles nicht auch miterlebt hätte." "Ja, schon, das weiß ich doch, aber ich freue mich halt immer noch so darüber und außer Dir hört mir inzwischen fast niemand mehr zu." Er schaute sie betrübt an und sie grinste.
Öder, Feehoffer und Sträuber saßen zusammen im Zwirberlstüberl des Ministerpräsidenten. "Also heuer tun mir die Drehbuchschreiber für das Singspiel auf dem Nockherberg richtig Leid. Die können das, was wir in den letzten Monaten veranstaltet haben, mit ihrer Satire auf keinen Fall topen", behauptete Feehoffer. "Das ist wohl wahr. Aber ich freue mich trotzdem darauf, zum letzten Mal dort als Ministerpräsident auftreten zu dürfen. Schade finde ich es nur für mein Double, den Berchenlerg. Der muß jetzt auch aufhören, obwohl der ja gar nicht gestürzt worden ist", erwähnte Sträuber. "Na ja, vielleicht finden die für den ja auch eine andere Aufgabe. Jedenfalls bin ich froh darüber, daß ich dieses Mal nicht so arg derbleckt werden dürfte wie sonst", gestand Öder. Die beiden Anderen schauten ihn fragend an und warfen sich dann wissende Blicke zu. "Magnus, gibt es da etwas, das Du uns beichten möchtest? Hast Du Dich etwa bei