Tödlicher Glitzer. Helga Henschel

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Tödlicher Glitzer - Helga Henschel


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meinen Augen sehr verdächtig.“

      Jasmina meldete sich zögerlich zu Wort. Sie war hier im Team die Jüngste und arbeitete erst seit einem Jahr mit. Deshalb hielt sie sich meist zurück. Ihre Kollegen hatten aber inzwischen ihre gründliche Arbeit schätzen gelernt und sie hatte ihre Position in der Gruppe gefestigt.

      „Ich kann mir vorstellen, dass es noch andere Motive gibt. Georg Pielhop sieht gut aus und hat Geld. Wahrscheinlich finden wir in seinem Leben einige Abenteuer. Andere Frauen können es auf ihn abgesehen haben und Elvira Langelott aus dem Weg räumen wollen.“

      Alle stimmten ihrem klugen Einwand zu. Eine zu frühe Festlegung auf einen möglichen Täter konnte das Team in die falsche Richtung der Ermittlungen lenken. Sie mussten offenbleiben für andere Konstellationen und Spuren. Lapschies meinte:

      „Du hast recht Jasmina. Suchen wir zuerst ihre Umgebung ab. Wir wissen bislang wenig, zu wenig. Gibt es noch Fragen oder Hinweise?“

      Lapschies blickte in die Gesichter seiner Mitarbeiter. Er hatte ein gutes Team, er war stolz auf sie. Schon oft hatten sie Fälle aufgeklärt, die zäh und ohne nennenswerte Hinweise begannen. Aber sie hatten die Fälle geknackt und den Täter oder die Täterin verhaftet.

      Deshalb ließ ihr Vorgesetzter Christian Fürchtegott Meller sie auch meistens in Ruhe arbeiten. Klein und übergewichtig hätte er nur allzu gerne sein Ego größer gemacht, als es war. Neu in seiner jetzigen Position hatte er versucht, ihrer Arbeit seinen Stempel aufzudrücken. Doch wenn er es mit Autorität und Anweisungen mal probiert hatte, trugen seine Instruktionen nie zur eigentlichen Klärung der Fälle bei. Deshalb kehrte er zwar gerne den gestrengen Chef heraus und trug eine energische Miene zur Schau, akzeptierte aber die erfolgreiche Arbeit des Teams. Die Fünf waren froh darüber, dass Kriminalrat Meller sie in Ruhe ihre Ermittlungen durchführen ließ und sich wenig einmischte. Das war in anderem Teams teilweise ganz anders, wussten sie von ihren Kollegen.

      „Fragen? Dann schließe ich diese Besprechung ab. Wir sehen uns morgen um die gleiche Zeit wieder“, sagte Lapschies in die Runde.

      Alle erhoben sich und gingen mit ihren Blöcken und Stiften in Händen an die Schreibtische. Lapschies konnte im Moment nichts weiter tun. Er musste auf die Ergebnisse der Hausdurchsuchung und der Nachforschungen seiner Mitarbeiter warten. Zurück in seinem Büro, schnappte er seinen abgetragenen Lieblingsmantel und ging zum Auto im Hof des Polizeipräsidiums. Es dämmerte schon, die Straßenbeleuchtung war angesprungen. Gedanken zum aktuellen Fall konnte er sich ebenso gut auf der Heimfahrt machen. Zur Denkarbeit brauchte er nicht unbedingt in seinem Büro zu sitzen.

      Wer hat Küchendienst, überlegte er, während er an der Ampel warten musste. Um diese Zeit war Berufsverkehr und es fuhren viele Autos aus Bremen in die umliegenden Ortschaften.

      Sicher gab es etwas Gutes zu essen. Er freute sich auf sein zu Hause und die appetitliche Mahlzeit. Seine Töchter versuchten, sich gegenseitig mit Köstlichkeiten zu übertrumpfen. Neues probierten sie gerne aus und kritisierten dann während der Mahlzeit kompromisslos. Oft entschied sich schon beim Essen, ob sie eine Zutat wieder einkaufen würden oder nicht. Seine Töchter gingen mit so manchen Errungenschaften der Lebensmittelindustrie hart ins Gericht. Wenn er bei Tisch Mäuschen spielte und nur zuhörte, tat ihm die Industrie leid, denn sie gab sich außerordentliche Mühe, Neues zu kreieren. Und seine Töchter probierten und fällten ohne Hemmungen ihr manchmal sehr hartes Urteil. An seinen Fall dachte Lapschies am Abend kam noch, doch das sollte anders werden.

      1815

       Die ständige Unsicherheit und die Geldprobleme lassen mir keine ruhige Minute. Meine Kinder habe ich umgebracht, weil ich frei sein will für den ersehnten und geliebten Mann. Und meine Eltern habe ich umgebracht, weil sie mich als unwissendes und unschuldiges Mädchen in eine unglückliche Ehe gedrängt haben. Mein erster Ehemann ist ein saufender Syphilitiker. Meine Eltern verdienen es, sie sind kleingeistig und nur auf ihren eigenen Stand in der Gesellschaft bedacht. Durch meine Heirat mit dem notorischen Fremdgeher glauben sie, eine Stufe höher in der bürgerlichen Hierarchie zu klettern. Wie sie damit dumm angegeben haben und sich besser fühlen als ihre Nachbarschaft! Darüber lache ich nur. Ich befreie mich von diesem fürchterlichen, ekligen und kranken Menschen.

      Aber dieser Sausack hinterlässt mir nur Schulden. Ich spiele die arme Frau, mache meine Schulden höher als sie sind und leihe mir Geld. Die Menschen bedauern mich, haben Mitleid mit mir. So viele Tote in meiner Familie und dann noch Schulden. Ich mache mich beliebt und helfe, wo ich kann. Ich bin die Trösterin und der Engel der Kranken, Wöchnerinnen und Armen.

      Was keiner ahnt, ich verfüge über die Mieteinnahmen meines Hauses aus der Ehe mit dem Syphilitiker. Aber in Geldangelegenheiten bin ich unerfahren und verstehe nichts. Mich überkommt ständig die Angst, eines Tages mittellos zu sein.

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