Ganz für mich allein. Ute Dombrowski

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Ganz für mich allein - Ute Dombrowski


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sprang schnellen Schrittes die ausgetretenen Stufen hinauf und schob seine Mutter von der Tür weg. Er befahl ihr, sich um die Kleine zu kümmern und ließ sie stehen.

      Im Wohnzimmer stand ein blonder Mann in lässiger Kleidung und schaute aus dem Fenster. Die Frau mit den kurzen dunklen Haaren musterte ihn aufmerksam. Sie war ihm sofort unsympathisch, denn ihr Blick schien direkt in sein Inneres zu gehen.

      „Bitte?“, fragte er arrogant.

      Der Mann am Fenster drehte sich zu ihm um, stellte sich und die Kollegin vor und fragte im neutralen Ton: „Herr Fringholm? Clemens Fringholm?“

      Der Angesprochene nickte nur.

      „Können Sie mir sagen, wo ihre Frau ist?“

      Clemens stöhnte und ließ sich theatralisch auf den Sessel fallen. Er legte die Hände vor das Gesicht und stützte die Ellenbogen auf die Knie. Kurze Zeit später hob er den Kopf und sah Michael mit säuerlicher Miene an.

      „Sina. Das war ja klar. Die hat auch keine anderen Probleme, als mit ihren irren Ideen zu den Bullen zu rennen. Die Alte bildet sich ein, ich hätte meiner Frau etwas getan, nur weil wir in der letzten Zeit ein bisschen Stress hatten. Aber ist das auch ein Wunder? Ich arbeite von früh bis spät, dann die kleine Charlien und meine Frau weigert sich, ihren Job aufzugeben. Mein Vater hat mir hier die Geschäftsleitung übertragen, da könnte ich meine Frau gut gebrauchen. Und was macht die Dame? Haut einfach ab und lässt mich mit dem ganzen Scheiß hängen. Wenn meine Mutter nicht wäre …“

      Er schaute Michael an und erwartete Verständnis.

      „Wie kommen Sie darauf, dass Ihre Frau abgehauen ist?“, fragte nun die Kommissarin.

      „Wo soll die denn sonst sein? Sie hat die Gunst der Stunde genutzt, als ich ihr gesagt habe, dass sie eine wichtige Bestellung vergeigt hat und ist abgerauscht.“

      „Ich denke, sie arbeitet in einem anderen Job?“

      „Ja, aber wenn sie dann mal hier war, hat sie die Buchführung und Bestellungen gemacht.“

      „Wo haben Sie denn schon nach ihr gesucht?“

      Clemens war es immer ungemütlicher geworden und er stand auf. Was tun? Er hatte ja absolut gar nicht nach Maja gesucht, aber das konnte er den Polizisten wohl kaum unter die Nase reiben.

      „Ich war überall, das können Sie mir glauben. An ihr Handy geht sie auch nicht. Ich bin total verzweifelt.“

      Bianca schüttelte den Kopf.

      „Wie kommt denn Frau Dunkelsberger auf die Idee, Sie könnten Ihrer Frau etwas angetan haben?“

      „Ja, das weiß ich doch nicht!“, fauchte er nun Bianca an und stand mit bedrohlich geballten Fäusten vor ihr. „Die hat manchmal so bescheuerte Ideen, weil sie mich nicht leiden kann.“

      Michael war zusammengezuckt und auf dem Sprung, um seiner Freundin zu Hilfe zu kommen, aber er sah Biancas unendlich ruhige Augen, die den wütenden Mann förmlich durchleuchteten. Der spürte plötzlich eine riesige Gefahr auf sich zukommen und trat einen Schritt zurück.

      „Sie haben sie gefunden? Verdammt! Sie haben sie gefunden! Ist ihr wirklich etwas zugestoßen? Hatte sie einen Unfall?“

      Nun trat Michael doch noch zu ihm und griff in die Jackentasche, um seine Handschellen hervorzuholen.

      „Herr Fringholm, ihre Frau befindet sich auf den Weg in die Gerichtsmedizin. Sie ist Opfer eines Verbrechens geworden und Sie sind vorläufig festgenommen. Sie stehen unter dem dringenden Verdacht, ihre Frau getötet zu haben.“

      Er belehrte Clemens über seine Rechte und der wusste gar nicht, wie ihm geschah. Ehe er etwas sagen konnte, hatte Michael ihm die Arme auf dem Rücken zusammengekettet. Jetzt wollte er sich wehren, aber der Kommissar hielt ihn mit einem eisernen Griff fest.

      „Ihr seid doch bekloppt. Ich habe sie nicht umgebracht!“, tobte er.

      In dem Moment kamen die Kollegen mit dem Streifenwagen dazu und führten ihn ab.

      „Schafft ihn auf das Präsidium“, forderte Bianca sie auf. „Ich rede mit der Mutter. Michael, suchst du seinen Vater?“

      Michael nickte und lief voran. Er hielt Bianca die Tür auf und die bog direkt in die Küche ab, wo Irma Fringholm weinend am Tisch saß. Sie hatte Charlien ins Bett gebracht und die Vorgänge im Wohnzimmer belauscht.

      „Mein Sohn war das nicht!“, rief sie Bianca entgegen. „Was ist denn überhaupt passiert?“

      Bianca setzte sich neben die verzweifelte Frau und schaute sie sanft an.

      „Wir sind der Anzeige von Frau Dunkelsberger nachgegangen und haben vorhin bei Ihrem Sohn nach Maja gesucht. Es hat niemand geöffnet, aber als wir in der Garage ein Geräusch gehört haben, sind wir im Kofferraum des roten Kombis auf einen Haufen Einkäufe und die Leiche einer jungen Frau gestoßen. Es tut mir leid, aber es ist eindeutig Maja Fringholm.“

      „Die Einkäufe waren für mich. Sie hat mir immer alles mitgebracht und ich habe mich um die Kleine gekümmert. Ach du mein Gott! Wie soll ich denn Charlien erklären, dass ihre Mama tot ist?“

      „Was war los zwischen ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter?“

      „Nichts, was nicht auch in anderen jungen Familien los ist. Maja ist nicht so arbeitsam und diszipliniert, wie es sein soll, aber mein Sohn würde sie doch deswegen nicht umbringen.“

      Bianca wusste, dass da noch mehr war, aber heute würde sie aus der Frau nichts mehr rausbekommen. Sie verabschiedete sich und suchte Michael, der mit Rupert Fringholm gerade aus dem Weinkeller kam.

      „Wenn Sie mich fragen, die hatte sicher einen Liebhaber! Und der muss sie ermordet haben. Mein Sohn ein Mörder? Niemals!“

      Michael fasste Bianca an der Hand und zog sie zum Auto, wo er sich grollend hinter das Steuer setzte.

      „Wenn ich könnte, wie ich wollte … oh Mann … so ein Arsch … wie der Sohn. Arrogant und nur schlecht reden über die Schwiegertochter. Was sagt die Mutter?“

      „Nicht viel. Die üblichen Probleme.“

      Michael beugte sich zu Bianca und küsste sie.

      „Ich liebe dich.“

      10

      Clemens Fringholm hatte beständig geleugnet, mit dem Tod seiner Frau zu tun zu haben. Nach stundenlangem Verhör mit endlosen Fragen und immer wiederkehrenden Wutausbrüchen wurde er in die Zelle geführt und die Kommissare waren für eine kurze Nacht heimgefahren. Am nächsten Morgen saßen sie im Büro und lasen noch einmal die Verhörprotokolle.

      „Wenn ihr mich fragt“, begann Benedikt, nachdem er sich eine Tasse Kaffee eingegossen hatte, „der war es nicht. Er ist zwar ein blöder Wichser, aber so einer bringt seine Putz-Koch-Wasch-Frau nicht um.“

      „Was ist denn eine Putz-Koch-Wasch-Frau?“, fragte Bianca schmunzelnd.

      „Na, das ist so eine, die man heiratet, wenn man bei Mutti auszieht, damit man den ganzen Scheiß nicht selbst machen muss.“

      Michael sah den jungen Kollegen böse an.

      „Suchst du auch so eine?“

      „Nein, lieber Chef, ich suche die wahre Liebe. Du hast ja deine schon gefunden.“

      „Das habe ich auf jeden Fall“, erklärte Michael mit einem liebevollen Blick auf Bianca, an die er nun die nächste Frage richtete: „Was denkst du denn? War er es?“

      Bianca hatte Clemens Fringholm genau beobachtet und in sich hineingefühlt. Dort sah sie einen hartherzigen Egoisten, der schon mal zuschlägt und der seine Partnerin sicher oft gedemütigt hatte, aber sie sah keinen eiskalten Mörder, der seine Frau tot in den Kofferraum wirft und dann seelenruhig nebenan Fernsehen schaut.

      „Ich stimme Benedikt zu.


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