Mafia - Allmacht einer Holding. Heike Bonin

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Mafia - Allmacht einer Holding - Heike Bonin


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Ricca versucht an einer Geheimkonferenz im Hotel Bismarck in Chicago, Lucky Luciano,

      Rocco Fischetti, Harry Ducket und Sylvester Agoglia zu überzeugen, die Gewerkschaften unter

      Kontrolle zu bringen. Murray Humphreys hatte die Idee, nicht nur politische Macht der

      Arbeitnehmer-Organisationen zu sichern, sondern sich an den vollen Gewerkschaftskassen zu

      bereichern. Die Kontrolle der Arbeiter und die Öffnung der Gewerkschaftskassen wird mit

      Intimidation erreicht, was Sam Giancana, Willie Bioff und Johnny Roselli übernehmen.

      Die Mafia von Chicago nistet sich über Joe Kennedy in Hollywood ein. Roselli überwacht die

      Aktivitäten in Kalifornien, zusammen mit Bugsy Siegel, Mickey Cohen und Frank Costello. George

      Browne und Willie Bioff werden an die Spitze der Kinogewerkschaft International Alliance of

      Theatrical Stage Employees gesetzt. Die Gangster konzentrieren ihre Investitionen als gute

      Kapitalisten in Bereichen, in denen die Gewerkschaften eher schwach sind. Verhängnisvoll für die

      Arbeiter ist die Übernahme der Kontrolle der Hafenarbeiter (Longshoremen) unter Joseph Patrick

      Ryan (Präsident von 1927-53) und der Lastwagenfahrer (Brotherhood of Teamsters) unter Daniel

      Tobin (1907-52).

      Im New Yorker Hafen koordinieren die verschiedenen Gangster die Kontrolle durch die Gründung

      der Varick Enterprises Ine, die den Umschlag des Hafens überprüft, Abgaben einzieht und verteilt.

      Der starke Mann hinter Ryan ist William J.McCormick. Neben den Hafen- und

      Transportgewerkschaften können sich die Mafiosi vor allem bei den Laborers (Baugewerbe) und im

      Gastgewerbe einnisten. Für ihre Schläger, die sie gegen Arbeiterforderungen und Streiks

      einsetzen, kassieren sie anfänglich von den Firmenbesitzern. Mit der Kontrolle der

      Gewerkschaftsspitzen kassieren sie auch einen Teil der Gewerkschaftsabgaben der Arbeiter.

      Manchmal übernehmen die Mobster die Firmen auch gleich selbst.

      Besonders übel geht es in der Textilindustrie New Yorks zu, wo die Gewerkschaften Lepke

      Buchalter und Gurrah Shapiro anheuern, die die Streikbrecher erfolgreich bekämpfen und sich

      gewaltsam in den Besitz einiger Kleiderfirmen bringen. Nach der Depression und dem

      Verschwinden der Kommunisten in der McCarthy-Hysterie und der Arbeitskämpfe bleiben die

      Mobster als Parasiten trotzdem in ihren Machtpositionen.

      Lucky Luciano konzentriert sich auf sogenannte Dienstleistungs-Rackets: Buchmacherei,

      Prostitution und Drogenhandel. Mit dem Ende der Prohibition gewinnt der Heroinhandel an

      Bedeutung und verspricht noch höhere Gewinne als der Alkoholschmuggel. Nach der Erfindung

      der Injektionsspritze 1864 wurde das 1803 entdeckte Morphin als Wundermittel für kranke und

      gesunde Soldaten verwendet. Die Firma Bayer brachte 1898 das Heroin als Hustenmittel auf den

      Markt und warb mit dessen "Fähigkeit, Morphinsüchtige schnellstens zu heilen". Dann löste der

      Erste Weltkrieg eine eigentliche Suchtepidemie aus, worauf die meisten Staaten versuchten, mit

      Vorschriften und Verboten dagegen anzukämpfen. In Deutschland wurde Heroin zwar 1921

      verschreibungspflichtig, aber erst seit 1958 ist es nicht mehr als Medikament erhältlich und wird

      durch Valium und Librium ersetzt. In den USA wurde das Heroin 1924 verboten, worauf einige

      Paten ins Geschäft einstiegen. Die meisten Mafiosi waren jedoch gegen den unmoralischen

      Drogenhandel.

      Lucianos geniale Idee ist die Verbindung von Heroin und Prostitution: süchtige Dirnen sind willige

      Arbeitskräfte und erlauben einen doppelten Gewinn. Wenn sie in den Bordellen Heroin an die

      Freier weiterverkaufen, sogar einen dreifachen. Vier Jahren später kontrolliert Lucky Luciano 200

      Bordelle mit 1800 Prostituierten und macht damit $10 Mio. Gewinn jährlich.

      Meyer Lansky reist 1935 ins britische Shanghai und organisiert den Heroinhandel mit

      "Pockennarbe" Huang, dem Chef der "Grünen", und Chang Hsiao-Iin, dem Chef der "Roten". Die

      Gang der "Grünen" arbeitete mit den Franzosen zusammen und besorgte für sie Rauschgift- und

      Geheimdienstgeschäfte, die "Roten" kollaborierten mit dem britischen Geheimdienst. 1927

      zerschlugen die Gangs zusammen mit Tschiang Kai-schek den Generalstreik der

      Arbeiterbewegung gegen die ausländischen Wirtschaftsmächte und gegen die Generalität. Das

      Massaker an den vormals verbündeten Kommunisten dauerte einige Monate. Tschiang Kai-schek

      verwandelte das Opiumverbot in ein Staatsmonopol, das allerdings Ende 1928 wieder aufgehoben

      wurde, da sich in der Illegalität grössere Geschäfte machen lassen. Die Huangs kontrollieren

      seither den Osten, die Changs den Westen Chinas. Für Meyer Lansky liefert Chang ab 1935

      Heroin aus seinen Raffinerien, während Huang den Transport in die USA kontrolliert.

      Um nicht von einer Lieferorganisation abhänging zu sein, baut Meyer Lansky eine zweite

      Heroinkette auf. Da die Mafia in Sizilien von Mussolini bekämpft und unterdrückt wird, kommt diese

      als Handelspartner nicht in Frage. Fündig wird Meyer Lansky in Istanbul: Die Brüder Eliopoulos

      kaufen türkisches Opium auf und transportieren es - teilweise schon zu Morphin verarbeitet - nach

      Marseille. Dort beherrschen die beiden Bosse Paul Bonnaventure Carbone und Francois Spirito die

      aus Korsen rekrutierte Unterwelt. Der Umsatz deren Heroinraffinerie vergrössert sich dank der

      Zusammenarbeit mit Meyer Lansky um das Dreissigfache. Ein wichtiger Mann wird zudem der

      Finanzmakler John Pullman, der dafür sorgt, dass die nötigen Bankgeschäfte von nun an mit

      Schweizer Diskretion erledigt werden. Meyer Lansky steigt 1936 in Hallandale ins

      Glückspielgeschäft ein, das Julian "Potatoes" Kaufman dort auf die Beine gestellt hat. Florida

      entwickelt sich zum Paradies für Glückspieler.

      Meyer Lansky übersiedelt 1938 für drei Jahre nach Kuba. Fulgencio Batista, seit 1933 nach einem

      Putsch an der Macht, und Meyer Lansky schliessen einen Vertrag: Lansky zahlt Batista $3 Mio. pro

      Jahr und bekommt dafür nach die Rechte für das Glückspielgeschäft auf der Insel, womit der

      Einzug der Mafia und des Glückspiel- und Freiertourismus in der Karibik beginnt.

      Der Waffenhändler Rolando "El Tigre" Masferrer überzeugte Batista, sich mit Meyer Lansky zu

      assoziieren. Der kubanische Senator schützt die Mobinteressen mit seiner Privatarmee und baut

      eine langjährige Freundschaft mit den Trafficantes auf, die auch nach Castros Machtübernahme

      anhält. Der seit 1933 die Politik dominierende Feldwebel Fulgencio Batista


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