Elduria - Dragon der Beschützer. Norbert Wibben

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Elduria - Dragon der Beschützer - Norbert Wibben


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er sich beim Sturz den Kopf angeschlagen haben kann? Das wäre eine logische Erklärung. Er wendet sich prüfend zum Bachlauf, um sich im Wasser zu spiegeln und nach einer Beule zu forschen.

      Dragon glaubt, nicht richtig zu sehen, und fährt erschrocken zurück. Anstelle des Drachenkopfes erblickt er in dem Wasserlauf das Gesicht des von Moira gezeichneten Menschenjungen. Es ähnelt dem Bild sogar bis ins kleinste Detail. Sollte das Kind hinter ihm stehen? Er schnellt erstaunt herum, doch da ist niemand. Er greift mit Menschenhänden an den Kopf und tastet bestürzt Nase, Mund und Augen ab. Wie ist das möglich?

      Dragon überlegt nicht lange und hastet den Berg hinauf. Er muss dringend seine Lehrerin fragen, was das zu bedeuten hat. Dass das länger als je zuvor dauert, beweist, dass er wirklich ein Mensch geworden ist! Oben angekommen, schafft er es nur mit Mühe, Moira aufzuwecken. Sie ist noch halb verschlafen, als sie ihn aus den riesig wirkenden Augen anschaut. Sie öffnete ihr Maul.

      »Wie kommst du Menschlein hierher?«, lautet ihre erstaunte Frage. Obwohl das eigentlich ein tiefes Drachengrummeln ist, kann der Junge es verstehen. Der aufsteigende Rauch aus dem gefährlich erscheinenden Maul kündigt das bald hervorschießende Feuer an.

      »Halt, Moira, ich bin es, Dragon!«

      Er muss den Satz mehrfach wiederholen und ist bereits auf dem Sprung, sich außerhalb der Höhle vor dem sich ankündigenden Feuerschwall in Sicherheit zu bringen. Die Lehrerin verschluckt sich völlig unüblich an ihrem eigenen Rauch und beginnt zu husten. Der Junge steht währenddessen am Höhleneingang und redet beschwörend auf Moira ein. Er drückt sich in den Schutz einer Spalte in der Felswand und wartet mit klopfendem Herzen. Die alte Drachenlehrerin reibt sich die tränenden Augen und hüstelt noch einmal. Eine kleine Rauchwolke entweicht ihrem gefährlichen Maul.

      »Du bist … Dragon?«

      Der Junge weiß, dass er ohne Schutz dasteht, sobald er aus seinem Versteck hervortritt. Sollte Moira ihn hereinlegen wollen, könnte er in wenigen Sekunden in einem Flammenstoß verglühen. Doch er ist der Meinung, dass es an der Zeit ist, seinen Mut zu beweisen. Er macht einen entschlossenen Schritt nach vorne.

      »Ich bin wirklich Dragon, auch wenn ich anders als bisher aussehe. Ich verstehe nur nicht, weshalb das so ist. Kannst du mir helfen?« Sein Verhalten und das Vertrauen in die alte Lehrerin überzeugen diese schlussendlich, dass er keine von einem Magier hervorgerufene Scheingestalt ist und dass sie ihm glauben kann. Was er nun hört, spornt ihn an, in den kommenden Wochen endlich Fliegen zu lernen.

      »Du bist ein Gestaltwandler!«, beginnt Moira. »Einen Drachen mit dieser Fähigkeit hat es in den letzten tausend Jahren nicht gegeben. Hm. Das bedeutet, dass deine Mutter von einem Zauber getroffen wurde, bevor sie das Ei, aus dem du schließlich geschlüpft bist, legen und ausbrüten konnte. Ob du deshalb solche Angst vor dem Fliegen hast? – Ich muss irgendwo die Abschrift einer uralten Drachenweissagung haben. In der wird davon berichtet, dass ein Beschützer der Menschen … Hm. Bevor ich etwas Falsches erzähle, suche ich sie lieber. Wenn du das nächste Mal zum Unterricht kommst, werde ich dir sagen können, welche Auswirkung das für dich haben wird.«

      Dragon versteht nicht, was das bedeuten könnte. Er ist aber überzeugt, dass es besser sei, seine Drachengestalt zurückzubekommen. Sobald er unten im Tal ist, würden die dort lebenden Drachen ihn sonst für einen Eindringling halten und zu töten versuchen.

      »Die ätzenden Bemerkungen der anderen wegen meiner Flugunfähigkeit kann ich ertragen. Die habe ich viele Jahre gehört, so dass ich mittlerweile dagegen immun bin. In dieser menschlichen Erscheinung könnten die Drachen mich mit einem Feuerstoß vernichten, bevor ich Zeit hätte, sie über ihren Irrtum aufzuklären. Das würde ich nicht überleben. Kannst du mir verraten, wie ich meine Gestalt zurückverwandeln kann?«

      Die alte Lehrerin hatte zwischenzeitlich ihre Augen verdreht und die Lider geschlossen. Sie droht, jeden Moment einzuschlafen. Auf die drängende Frage Dragons hin gähnt sie laut. Gleichzeitig poltern Steinbrocken von der Bergflanke ins Tal hinab. Sie schlägt mit ihrem Schwanz auf den Boden.

      »Dieser Jungdrache fragt mich, wie das gehen soll? – Du hast es doch alleine geschafft, dieser etwa fünfjährige Menschenjunge zu werden. Was meinst du wohl, wie die Rückverwandlung möglich ist? Nutze deinen Verstand, das ist die erste und wichtigste Voraussetzung.« Im gleichen Moment fällt das mühsam hochgehaltene Augenlid hinab und ein tiefes, zufriedenes Schlafgeräusch erklingt.

      »Frage nie einen müden Drachen«, stellt Dragon im Selbstgespräch fest, »wenn du dringend einer Antwort bedarfst. Du bekommst anstatt der gewünschten Lösung lediglich ein Rätsel zu hören. Hm. Oder konnte es so einfach sein, dass Moira es für unter ihrem Anspruch fand, darauf einzugehen?« Der Menschenjunge legt seine Stirn in Falten und versucht nachzuvollziehen, wie er sein Aussehen gewechselt hat. »Wow, sollte das so leicht sein?« Er probiert sofort, was er überlegt hat. Im selben Moment atmet er auf. Er hat seine bisherige Gestalt wieder, in der er sich seit fünfzig Jahren wohl fühlt. »Wenn ich jetzt noch fliegen könnte, würde ich Moira stolz auf mich machen.«

      Mit diesen Gedanken und berauscht von der Vorstellung, in einer zukünftig von ihr erzählten Heldengeschichte die Hauptperson zu sein, breitet er die Flügel aus und stürzt sich kopfüber von dem Plateau vor dem Höhleneingang.

      Dragon spürt erfreut, dass ihn die Luft trägt. Begeistert von dem Glücksgefühl, endlich fliegen zu können, lässt er einen lauten Jubelruf erschallen. Er dreht eine Runde um den Berggipfel und stürzt wie ein Stein ins Tal hinab. Das geschieht nicht, weil er nicht mehr von seinen Schwingen getragen wird. Er will versuchen, so schnell wie ein Wanderfalke zu sein.

      Dragon fixiert den schnell auf ihn zukommenden Felsboden am Fuß des Berges. Er versucht, den rasanten Sturz mit ausgebreiteten Schwingen abzufangen, doch das gelingt nur ungenügend. In dem Moment, da er fast auf den harten Untergrund prallt, reibt er sich die Augen. Er blickt erstaunt umher. Wieso hat er die Gestalt des Jungen angenommen, konnte er dadurch seinen Aufprall verhindern? Dragon schüttelt den Kopf und kennt sofort die Erklärung. Er hat die Szenen der lang zurückliegenden Ereignisse nur geträumt und atmet erleichtert auf.

      »Wow, das war damals aber knapp!« Er erinnert sich daran, wie er den Sturz zwar nicht abbremsen, den Aufschlag jedoch trotzdem überleben konnte. Das gelang ihm deshalb, weil er nicht einfach senkrecht nach unten gestürzt war. Er flog unbewusst eine Schleife. Dadurch schlug er nicht auf dem Felsboden auf, sondern platschte in den See, der am Fuß des Berges liegt. Als Drache liebt er Wasser nicht besonders, auch wenn er es trinkt. Doch ein Ganzkörperbad ist nicht wirklich sein Lieblingsding. Dennoch war er damals erleichtert, den von dem kleinen Wasserlauf gespeisten Teich getroffen zu haben.

      Dragon schüttelt sich heftig, als er an das ihn umhüllende Nass zurückdenkt. »Da habe ich unwahrscheinliches Glück gehabt!«, spricht er zu sich selbst. »Ich wollte gleich bei meinem ersten Flug die Geschwindigkeit des schnellsten Vogels überbieten und habe mir das eine Lehre sein lassen.«

      Das leise geführte Selbstgespräch des Jungen weckt Runa. Sie steht sofort an seiner Seite und hält den gespannten Bogen in Händen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie handelte automatisch, mit der einer Elfe typischen Schnelligkeit.

      »Wo sind die Feinde?«, flüstert sie leise und lässt ihren Blick umherschweifen. Doch in der Dunkelheit kann sie nichts erkennen. Sie hatten nur einen kurzen Flug zu dem Gipfel eines kleinen Berges gewagt, um die Kräfte des Mädchens nach dem Zusammenbruch nicht zu überfordern. Die Landung in der Dämmerung und die Position in luftiger Höhe waren vermutlich der Anlass zu Dragons Träumen.

      Sie waren den Rest des Tages in der Gestalt von Wanderfalken Richtung Burganlage des Hexenmeisters geflogen. Es erschien ihnen zu gefährlich, sich als Drache und Drachenreiter dorthin zu begeben. Sobald sie die Burg in der Ferne erblickten, landeten sie auf dem Berggipfel, von wo aus sie sich am kommenden Tag einen Überblick über das vor ihnen liegende Gebiet verschaffen wollten. Erst danach beabsichtigten sie, zu entscheiden, in welcher Gestalt sie sich weiter nach Osten vorwagen und der Festung Drakonias nähern sollten.

      Der dunkle Magier hatte sie vermutlich nicht bewusst wahrgenommen,


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