der Schatz im Acker. Hermann Brünjes

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der Schatz im Acker - Hermann Brünjes


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vermute, der Entschluss entstand auf Druck ihrer Frau Rebecca.«

      »Stimmt. Nachdem ich es ihr dann doch erzählt habe, hat sie mir keine Ruhe gelassen. Letztlich musste ich mich entscheiden: Sie auf meiner Seite oder der Schatz. Ich habe mich für sie entschieden. Die Partnerin und unsere Kinder sind um vieles wichtiger als Geld und Schuldenfreiheit.«

      »Da haben Sie durch dieses Gold ja schon mal eine wichtige Erkenntnis gewonnen. Und warum sind Sie nun ein Idiot?«

      »Weil ich Tobi den Koffer überlassen habe und mir noch nicht einmal eine Quittung habe geben lassen!«

      Er sieht aus, als würde er sich am liebsten im nächsten Mauseloch verkriechen, so peinlich ist ihm diese Sache.

      »Wer ist nun wieder Tobi?«

      »Tobias Bahn ist gemeint. Er ist ein alter Schulfreund von mir. Wir haben zusammen Abi gemacht. Er arbeitet, solange ich denken kann, im Gemeindebüro. An jenem Freitag hatte er Dienst und war kurz vor zwölf nur noch als Einziger im Amt. Punkt zwölf Uhr machen die zu und gehen ins Wochenende. Ich war also gerade noch rechtzeitig erschienen.«

      »Dieser Tobias hat Ihnen dann den Koffer abgenommen. Hat er eine genaue Bestandsaufnahme gemacht?«

      »Nein. Er hat sich nur Notizen gemacht, während ich von dem Fund berichtet habe, hat dann einen kurzen Blick in den Koffer geworfen, ein Foto mit dem Handy aufgenommen und den Koffer wieder verschlossen. Dann hat er ihn in einem Stahlschrank deponiert. Ich bin davon ausgegangen, dass das so eine Art Safe war.« Fabian seufzt, spricht aber gleich weiter.

      »Dann hat er noch eine Kopie von meinem Personalausweis gemacht und die zusammen mit seinen Notizen in einen frischen Aktendeckel gelegt.«

      »Sie sind nicht ein bisschen misstrauisch geworden?«

      »Warum sollte ich? Tobi war ein Freund, ein jahrzehntelanger Mitarbeiter der Samtgemeinde, Gildemitglied wie ich, im selben Fitnessstudio – also einer von uns! Aber hinterher ist man eben immer klüger.«

      Ich muss erst einmal tief durchatmen.

      »Nicht einmal eine Quittung hat er Ihnen gegeben?«

      »Leider. Wir haben noch über dies und das gequatscht. Dann hatte er es wegen der Schließzeit plötzlich eilig. Da habe ich dann auch nicht mehr an irgendwelche Belege gedacht und bin gegangen. Er wollte sich melden, sobald er Nachricht aus der archäologischen Abteilung hatte.«

      Ich kann es nicht fassen. Die Selbstanalyse »Idiot« beschreibt die Dummheit und Vertrauensseligkeit dieses jungen Mannes nur annähernd. Mich wundert es nicht, dass er mit seinem Hof Probleme bekommt, wenn er auch anderweitig derart naiv mit geschäftlichen Dingen umgeht.

      »Sie haben Ihren Freund Tobi also in den verdienten Feierabend entlassen und sind wieder nach Hause gefahren.«

      »Richtig. Irgendwie war ich auch erleichtert. Rebecca hat sich gefreut, dass sie mir wichtiger war als dieses Gold. Allerdings hat sie mir bereits am Montag schon wieder zugesetzt.«

      »Sie sollten von Tobi eine Quittung besorgen?«

      »Genau. Und ich sollte nachfragen, wie die Sache weitergeht und wann ich einen schriftlichen Bescheid bekomme.«

      »Kluge Frau. Sie haben also angerufen. Oder sind sie persönlich ins Bürgerbüro gefahren?«

      »Beides. Ich habe Tobi anzurufen versucht. Seine Nummer war nicht erreichbar. Dann bin ich ins Gemeindebüro gefahren. Der Kollege Tobias Bahn sei in Urlaub, haben sie mir gesagt, auf Mallorca. Ganz plötzlich habe er sich abgemeldet.«

      »Da endlich haben Sie Verdacht geschöpft, oder?«

      »Natürlich! Die beiden Frauen im Büro haben mich vermutlich allerdings heimlich ausgelacht. Ich habe ihnen die Wahrheit gesagt, jedes Detail beschrieben. Sie haben den Aktendeckel mit der Kopie meines Personalausweises gesucht, ihn aber nicht gefunden. Auch den Stahlschrank haben sie durchstöbert, mir sogar dessen Inhalt gezeigt. Es waren nur Akten und Formulare für die Steuererklärung drin, keine einzige Goldmünze! Dass ich Tobi dermaßen beschuldigt habe, hat die ältere der beiden Frauen ziemlich aggressiv gemacht. Er habe schon seine Lehre im Amt absolviert und sei seitdem ein überaus zuverlässiger Mitarbeiter.«

      »Haben Sie Anzeige erstattet?«

      »Zuerst noch nicht. Ich habe Tobis Adresse herausgefunden und bin zu seiner Wohnung gefahren. Er wohnt ganz in der Nähe des Amtes. Alles war verrammelt. Er war nicht da. Die Nachbarn meinten, er sei in Urlaub gefahren, mit einem Kumpel.«

      »Wann war das?«

      »Gleich am Montag, also am Zwanzigsten. Eine Nachbarin hat mir verraten, dass Tobi eine Freundin in Himmelstal hat und die vielleicht mehr weiß. Sie heißt Dari und arbeitet im Tagungshaus. Ich bin also am nächsten Tag zu ihr gefahren.«

      »Sie arbeitet dort in der Küche. Ich kenne sie, zumindest vom Sehen.«

      »Ja, sie ist eine hübsche und selbstbewusste Frau, fand ich. Ich glaube, sie kommt aus der Ukraine. Sie hat mir erzählt, dass es mit Tobi vorbei ist. Sie haben kaum noch Kontakt.«

      »Und Sie haben ihr von dem Schatz erzählt?«

      Fabian hält sich den Kopf, als ob er nachdenken muss.

      »Nicht direkt. Ich habe sie mehrfach nach einem roten Koffer gefragt. Vielleicht hat sie hat deshalb vermutet, dass sich darin Wertvolles befindet. Wir haben vereinbart, dass sie mich informiert, wenn sich ihr Freund oder Ex-Freund bei ihr meldet.«

      »Und das war`s dann? Nach dem 21. September, also heute vor zwei Wochen, haben Sie nichts mehr unternommen?«

      Ich kann es nicht fassen. Er allerdings widerspricht.

      »Doch! Rebecca hat mir ja keine Ruhe gelassen. Also bin ich zwei Tage danach in die Kreisstadt gefahren und habe Tobi in der dortigen Wache angezeigt. Im Übrigen musste ich ja ohnehin warten, bis er von Mallorca zurück ist. Ich hätte ihm ja nicht einfach nachreisen können, oder?«

      »Wieso nicht? So ein Ticket ist schnell gebucht. Es ging um viel Geld! Was hat die Polizei gesagt?«

      Er schmollt. »Die haben mir meine Geschichte auch nicht abgenommen. Vermutlich haben sie es nur aus reiner Höflichkeit aufschrieben. Ich hatte aber den Eindruck, dass sie mich für einen Wichtigtuer hielten, der sich irgendwie interessant machen will.«

      »Und heute, oder schon gestern Abend? Haben Sie da erneut versucht, Tobias zu erreichen? Er müsste doch inzwischen aus dem Urlaub zurück sein.«

      »Im Gemeindebüro haben sie von zwei Wochen gesprochen. Ja, Tobi müsste nun zurück sein. Aber ich dachte ...«

      Fabian führt seinen Satz nicht zu Ende.

      Ich ergänze ihn: »Sie dachten, wir könnten ihn ja zusammen suchen? Deshalb haben Sie mich angesprochen? Oder hat Rebecca Sie geschickt? Oder wollen sie einfach nur mal in der Zeitung erwähnt werden?«

      Ich habe den Satz kaum beendet, da bereue ich ihn auch schon. Je länger wir miteinander reden und er den »Idioten« beschreibt, desto geknickter wird er. Vor mir sitzt das berühmte »Häufchen Elend« in Person.

      Jetzt jedoch richtet er sich wieder ein wenig auf.

      »Nein, nein! Sie zu fragen habe ich mir ganz allein überlegt. Ich habe sie gestern im Festzelt gesehen und sofort gewusst, dass Sie meine letzte Chance sind. Und in die Zeitung will ich auf keinen Fall. Das alles ist für mich doch nur peinlich!«

      »Und Sie hoffen, dass ich Ihnen helfe, den Schatz zu finden? Selbst wenn dies gelänge, müsste er abgegeben werden.«

      »Damit habe ich mich abgefunden. Selbst wenn ich keinen Finderlohn bekomme, geht das klar. Im Moment stehe ich als Betrüger, Wichtigtuer, Fantast, Spinner oder sonst was da. Niemand glaubt mir. Ich mag vielleicht ein Idiot sein, aber ich bin ehrlich! Alles was ich will, ist meine Würde zurück!«

      Es geht also um die verlorene Ehre des Fabian von Heimfeld. Okay. Und es geht auch um eine Story, die es in sich hat. Gemeindebedienstete


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