Ich rocke den Lake Viktoria!. Andrea Shija'Estrana Wobmann

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Ich rocke den Lake Viktoria! - Andrea Shija'Estrana Wobmann


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an bis sechs Metern hohen Wänden hoch). Meine Neulingsfragen generieren Ideen, Ämtli werden verteilt, Kontakte geknüpft. Wir diskutieren, witzeln, hoffen, treffen uns in zwei Wochen erneut. Was machen wir jetzt? Zuerst Nichts, ein Lunch lockt. Die einzige Pizzeria der Stadt liegt neben der privaten öffentlichen Bibliothek. Auf diesem Grund wurde 1957 mit neun Staatsoberhäuptern (Kenya, Nyasaland, Tanganyika, Uganda, Zanzibar, Rhodesien) PanAfrican Freedom Movement of East and Central Africa (PAFMECA) gegründet. Das Pizzeriagelände wie die Bibliothek gehören Indern, sie gaben es zum Restaurant frei unter der Voraussetzung, dass dieses vegetarisch betrieben wird.

      Mary hat dann einen Arzttermin. Ich bleibe allein in der Stadt – erstmalig komplett allein. Allein unter all den schönen schwarzen Menschen. Fühlt sich das gut an! Da ich nur Eines einpackte, will ich ein zweites langes Kleid kaufen. Ich schlendere den ungedeckten Marktständen entlang. Mir wird überall nachgerufen - kein Wunder, so wie Mzungu aus der Masse sticht. Ich lächle in bejahende Gesichter zurück. Von Rama, bei dem ich schliesslich was Nettes kaufe, erhalte ich obenauf ein selbstverständliches Affärenangebot. Wie meinst du? Erstens bist du bestimmt über zwei Handvoll jünger als ich; zweitens, lass mir Zeit die goldigen Angebote zu durchwühlen. „Hapana, nein, warum warten“, kontert er charmant ungezwungen: „Wir sind uns auf Anhieb sympathisch, das matcht ohne mehr Umschau - ausserdem gehört sich eine Affäre einfach. “Ha, na dann... ich lehne trotzdem dankend ab. Wo käme ich hin, Jeden zu nehmen, der mir gerade ‘sympathisch’ entgegenkommt!

      Nett und doch ungewollt ist, dass ein junger Mann mir auf dem äusseren Marktareal nachrennt: „Mama, Mama, there’s a thief behind you!" Ich drehe mich um. Es stimmt, nett. Dieser Typ tat vorher, als wäre er beim Testen eines Autoreifens versehentlich an mich geraten. Wartend bleibe ich stehen, schaue ihn direkt an – er verlangsamt seinen Schritt... und senkt den Blick tief, als er an mir vorbeigeht. Einige Marktfrauen bekunden laut Beifall.

      Sehr nette Geste im vollen Daladala (Bus), wenn du stehst und ein sitzender Herr unaufgefordert forsch dir die Einkaufstüte wegnimmt. Er hütet diese auf seinem Schoss bis zum eigenen Aussteigen. Nett misst in diesem Gedränge der wohlgeformt umfangreiche, feste, weiche Hinterteil der vor dir stehenden Big-Mama - er bohrt sich in deinen Bauch. Weniger nett, dass du selbst keinen Millimeter rückwärts rücken kannst, da sonst der sitzende junge Mann hinter dir deinen Allerwertesten in seinem Gesicht spürt. Äusserst nett ist wiederum, wenn ich bei der Sabasaba Kreuzung Kiseke für die Weiterfahrt ein Pikipiki (Mototaxi) auswählen will, dabei ein Fahrer um die Ecke prescht, „Andrea!“ rufend auflädt und ein Dutzend verdutzte Mofafahrer zurücklässt.

      Tourentesten. Mit Nsajigwa besuche ich das traditionelle Museum in Bujora Richtung Kisese. Es ist befremdlich, wie Nsajigwa sich ungelenk nach den Bussen durchfragen muss. Was unternahm er bis anhin? Lohn bezieht er verhältnismässig keinen Schlechten... mmh, Marys Angelegenheit. Die Daladala-Fahrt zeigt neue Gesichter der Stone-Town, von Coke, Fanta&Co bemalte Reklamenfelsen und -hütten, neue Slums und Steinformationen. Plus die kurze Freiluftfahrt auf dem Fahrradtaxi vergnügt: Ich muss mich nicht in der brütenden Hitze abstrampeln.

      Das Bujora Cultural Center existiert seit über sechzig Jahren. Sofort verliebe ich mich in die majestätischen Telefone: mächtig brachialisch vibrierende Buschtrommeln! Das Gelände setzt einem in ein früheres Jahrhundert zurück. Zu seinen Hochzeiten erreichte es der damalige kanadische Pfarrer Davide Clement, in Bujora die missionarische Mzungu-Religion mit den traditionellen Riten zu vereinbaren. Er unterstützte, dass die Lokalbevölkerung die eigenen Traditionen, Rituale parallel zum Christentum beibehält. Zwischen den mit Phytonleder und Fetisch ausgekleideten Lehmhütten, steht ein Vorzeigebeispiel einer Kirche, überall liegen traditionelle Ahnengräber, zwischendrin westliche Grabsteine. Die Kirche, wie auch das Taufbecken oder der Altar, sind in traditionellem Sukuma-Stil stammtypisch gemustert und königlich traditionell untermalt. Die Kirchenlieder wurden 1953 in Suaheli übersetzt. Die Messen sind seit Gründungszeiten sehr gut besucht. Die Sukuma gehören zum Volksstamm in Tanzania, sie stellen dreizehn Prozent der Gesamtbevölkerung dar. Die Krieger, des Stammes Sukuma führ(t)en seit Urgedenken keine handfesten Kämpfe (sagt man); weder mit anderen Ländern, mit anderen Tribes (Stämmen) oder innerhalb der Familien. Alle Ungereimtheiten wurden und werden mittels eines Brettspieles ausgefochten. Dieses wird heute gerne überall in Afrika zum Zeitvertreib gespielt. Die Tänzer der Sukuma(-Krieger) sind über die Landesgrenze aus bekannt: Die, mit den Schlangen tanzen. Heute Abend ist die Vorführung im Isamilo. Eine ebenfalls friedliche Tradition wird uns erklärt, ich taufe sie den Housewife-Contest: Abgenutzte Mahlsteine stehen in Reih und Glied in der Wiese. Die heiratsfähigen, heiratswilligen & heiratswütigen Frauen bearbeiten das Getreide. Die angehenden Familienväter stehen davor, beobachten, wählen ihre Braut anhand ihres Handlingsgeschickes aus. Ein Auf-sie-Zukommen, ein Hand-Reichen und bei Einschlag: Besiegelte Sache!

      Das war ein schöner Besuch – twende, gehen wir zurück.

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       Nsajigwa lebt seit zwei Monaten in Mwanza? Ich bin das dritte Mal in der City. Sein Orientierungssinn fehlt wahrlich. Auf dem Rückweg bestimmt Nsajigwa den Ausstieg. Was hier? Da sind wir ewig vom Zentrum entfernt, soviel erkenne ich. Nsajigwa interveniert. Naja, wir laufen kilometerweise in der sengenden Hitze dem Zentrum entgegen, von Busstop zu Busstop, nett. Für zur Isamilo-Lodge hinauf steigen wir in einen Daladala, der Herr wird langsam müde. Dieses kurze, sehr ruckige Stück zickzackholderdipolter, da wären wir zu Fuss längstens oben!

       Im Hotel treffe ich auf John Sombi, welcher an der letzten MTTF-Sitzung mit dabei war. Ein hochgewachsener, stolzer, sehr charismatischer Mann, ich tippe auf homosexuell. Er übergibt mir eine Digicam für die folgenden Darbietungen. Als einzige Frau lasse ich mir die Riesenschlange umlegen. Wir erfuhren in Bujora, dass die Truppe je nach Schlangen, ein Gegengift mit dabei trägt. Zudem, mit annährend Beobachtungsgabe, realisiert man, dass der Tänzer dem Reptil während den Tänzen die Gurgel zuhält. Die Klänge, das Trommeln, das Trillern, die Mooves, das macht Spass! Nsajigwa sitzt wortkarg in einer Ecke zwischen Wazungus. Davon wimmelt es. Die Wazungu arbeiten neben in Schulen hauptsächlich im allgemeinen Spital Bugando (beispielsweise durch die Organisation Interteam verpflichtet von einer handvoll Wochen bis zu drei Jahren). Ich werde feststellen, dass Seinesgleichen, wie anderswo auf dem Globus, gerne unter sich bleibt. Sie besuchen öffentliche Veranstaltungen, wenn diese von Gleichfarbigen oder westlich geprägten Charakteren organisiert sind. Ebenso wenig trifft man sie am Markt an (ich jedenfalls nie), beim Eindunkeln huschen sie in ihre vier Wände. Dass alle seit Ewigkeiten - vom ältesten Doktor bis zum jüngsten Baby - wöchentliche Malariaprophylaxe schlucken und Desinfektionsmittelchen bei sich tragen, könnte unter ‘Berufskrankheit’ laufen. Apropos, ich entschloss, keine 180 Tage lang vorbeugenden Chemiepillen zu schlucken. Fühlt man sich ‘grippig’, kann man sich praktisch an jeder Strassenecke piksen lassen, um den Malariagehalt zu testen.

      Für heute: Lala Salama, gute Nacht.

      Ein weiterer Tag, eine weitere Entdeckungsreise, weitere Strecken im Bus, einmalig rockige Eindrücke. Eifrig bewegen sich in der Ferne kleine Tupfer auf den tiefgrünen Feldern. Was tragen die Menschen dort für knallfarbenes Orange? Ups, Insassen: Wir durchfahren Gefängnisareal.

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      Das Teacher-College in Butimba steht als erstes auf dem Programm. Eingang Schulcampus schreitet Nsajigwa grossspurig vor und trägt wichtigtuerisch mich mit ins Gästebuch ein. Der Portier zieht die Augenbrauen hoch. Ich smile schulterzuckend über das No-Go und frage: Ja, Fotobewilligung erstattet! Nsajigwa ist eingeschnappt. Das Geknipse ist teils schlechthin unerwünscht. Die Lehrer-Universität für die 1200 Studenten liegt satt grün eingebettet in einer Seenische. Grossartige Baumformen ragen zwischen Felsen hervor, ein einladendes (Picknick-)Plätz-chen begrüsst uns am Ufer. Still, gluckernd, präsentiert es sich - wenn da gewisse unkalkulierbare Lake-Flies-Schwärme nicht stressig werden können. Mary veranstaltete mal einen wichtigen Anlass am See mit ausladendstem Buffet, bei prächtigstem Wetter. Just, als die geladenen partyfreudigen Gäste eintrafen, grossformierten sich diese Minimückchen für Stunden. Ich erhasche heute ein Hauch davon. Diese Schwärme können so dicht auftreten, dass sie in alle unsere Luftlöcher eindringen – mancher Fischer


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