Wild Bill Hickok. Michael Franzen
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Michael Franzen
Wild Bill Hickok
Spieler und Revolverheld
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
„Wann immer du in eine Schießerei verwickelt wirst, dann Pass auf, dass du nicht zu schnell schießt. Nimm dir Zeit. Ich habe manchen gekannt, der seinen letzten Fehler gemacht hatte, weil er zu hastig geschossen hatte.“
James Butler „Wild Bill“ Hickok, 1865
„(...) als Wild Bill die Frontseite des Alamo erreicht hatte, traf er dort auf Phil Coe, der sagte, dass er auf einen streunenden Hund geschossen hätte. Rasch zog der Marshal zwei Revolver und beide Männer schossen fast gleichzeitig aufeinander (...) als der Polizist Mike Williams um die Ecke des Alamo geeilt kam und so zwei der Kugeln einfing, die für Coe bestimmt waren. Zunächst bemerkte Hickok nicht, dass Williams tot war (...) Coe wurde in den Unterleib getroffen, wobei die Kugel hinten am Rücken wieder ausgetreten war. Sein Todeskampf zog sich bis Sonntagabend hin (...)“
Zeitungsbericht des „Abilene Chronicle“ vom 12. Oktober 1871
Wild Bill Hickok!
Kartenspieler aus Passion und einer der berühmtesten Revolvermänner des Wilden Westens, der (nach eigenem Bekunden) über 100 Männer - Indianer und Konföderierte nicht mitgezählt - erschossen haben will. Eine stattliche Erscheinung. Vornehm gekleidet in einem dunklen Prinz-Albert-Rock und bestückt mit zwei Revolvern, deren Kolben stets nach vorne gerichtet waren. Ein gutaussehender Dandy, mit einer langen, wallenden Haarpracht, dem die Damenwelt zu Füßen lag und der als todsicherer Meisterschütze die rauesten Boomtowns des Wilden Westens von Viehdieben und gedungenen Mördern „säuberte.“ Oder doch nur, wie seine Gegner behaupteten, ein eiskalter Killer und Lügner? Ein gewissenloser Lump und eine gescheiterte Existenz? Ein liederlicher Wüstling, Rowdy, Alkoholiker und Zuhälter, der ohne zu zögern von seinen beiden Revolvern Gebrauch machte, wann immer es ihm ratsam erschien?
Die Meinungen darüber weichen bis in die heutige Zeit hinein erheblich voneinander ab. Hickoks damalige „Fangemeinde“ im Westen als auch im zivilisierten Osten der USA, die von seinen angeblich vollbrachten „Heldentaten“ in den Zeitungen las oder seine über ihn frei erfundenen Abenteuergeschichten in den billigen Groschenromanen nachlesen konnte, war voller Bewunderung für seine Person, während auf der anderen Seite seine Gegnerschaft ihn verachtete, fürchtete und ihn als einen langhaarigen Schuft und Mörder (teilweise zu Recht) sowie als Lügner (zu Recht) brandmarkte, der stets nur gegen solche Gegner zu Felde zog, die ihm mit der Waffe in der Hand von vornherein unterlegen waren, so sie denn überhaupt bewaffnet gewesen waren.
Bereits zu Hickoks Lebzeiten also ranken sich die wildesten Legenden um seine Person. Ein scheinbar undurchdringlicher Wust aus Wahrheiten, Halbwahrheiten und Lügen, die ihn neben ebenso berühmten Männern seiner Zeit, wie z. B. Buffalo Bill Cody oder George A. Custer, zu einer der schillerndsten Westernheroen der amerikanischen Pioniergeschichte machten, gleich einer Popikone unseres Jahrhunderts.
Doch wer war dieser „Wild Bill“ Hickok denn am Ende nun wirklich gewesen? Wer steckt hinter der Fassade, des neben Wyatt Earp, Doc Holliday, Jesse James oder auch Billy the Kid möglicherweise bekanntesten Gunfighters des Wilden Westens, der seinen Gegnern stets eine faire Chance im Zweikampf gegen ihn gegeben haben soll?
Diese Frage näher zu ergründen und den Lebensweg Hickoks nachzuverfolgen und zu erforschen, hat sich der Autor in diesem Buch zum Ziel gesetzt. Eine spannende, wenn auch am Ende etwas ernüchternde Aufgabe, denn mit jeder Seite blätterte der „Legendenlack“ um dessen Person ein wenig mehr ab, bis zum Schluss der „wahre“ James Butler Hickok zum Vorschein kam. Ein Mann, dessen schillerndes Leben in jedem Falle ein spannendes Stück Pioniergeschichte darstellt, mit der Legende Hickok - an der Wild Bill freilich selber kräftig mit gebastelt hatte - jedoch nur wenig zu tun hat.
Doch will ich der Geschichte nicht vorgreifen und stattdessen mit Ihnen, den Lesern und Leserinnen dieser Zeilen, eine Reise zurück in die Vergangenheit machen, um den längst verwehten Spuren Hickoks zu folgen, die in dem kleinen Örtchen Troy Grove in Illinois ihren Anfang nahmen und die Jahrzehnte später in der Goldgräberstadt Deadwood in Dakota jäh endeten.
Neumünster, im April 2017,
- der Autor -
Kindheit und Jugend
Der Stammbaum der Hickoks (auch: Hitchcock, Hiccox oder Hiccock geschrieben) reicht weit in die Vergangenheit zurück, wobei es geteilte Meinungen darüber gibt, ob deren Ahnen dereinst in Irland ihre Wurzeln gehabt haben sollen, oder nicht? Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass die nachfolgenden Generationen amerikanischer Hickoks ursprünglich in Stratford-upon-Avon in Warwickkshire, England beheimatet gewesen waren, gleichwohl der Name Hickok mit all seinen verschiedenen Schreibvarianten zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert recht häufig im genannten Stratford anzutreffen gewesen war. Die eigentliche Begründung der amerikanischen Hickoks erfolgte letztendlich am 15. Mai 1635, als sich ein gewisser William Hitchcock zusammen mit seiner Familie auf dem Segelschiff Plaine Joan nach Nordamerika hin einschiffte, wo sie sich nach der