Wild Bill Hickok. Michael Franzen

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Wild Bill Hickok - Michael Franzen


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offenen Bürgerkrieg in dem Land führen sollte.

      Grenzkonflikte

      Die blutigen Auseinandersetzungen im Kansas-Territorium waren letztendlich das Ergebnis eines bereits über die Jahrzehnte hinweg schwelenden Konfliktes in Bezug auf die Sklavenfrage, in wirtschaftlicher als auch moralischer Hinsicht. Einerseits gab es den wirtschaftsstarken Norden der USA, wo statt der Handarbeit verstärkt Maschinen eingesetzt wurden, die mit den kommenden Jahren und Jahrzehnten den industriellen Fertigungsablauf verändern sollten. Im Süden der USA, wo eine Plantagenwirtschaft vorherrschte, wobei die Baumwolle der gewinnträchtigste Exportartikel darstellte, setzte man auch weiterhin auf die Handarbeit von Menschen, sprich Sklaven, die zudem billiger als Maschinen waren. Im Laufe der Jahrzehnte war die junge Nation gewachsen, wobei die verschiedenen Einzelstaaten mit und ohne Sklavenhaltung abwechselnd in die Union aufgenommen worden waren, um ein wirtschaftliches und politisches Gleichgewicht im US-Kongress zu schaffen. Die Frage: Pro- oder Contra-Sklaverei, als moralischer Stein des Anstoßes, wurde dabei durch eine Reihe von politischen Kompromissen vor sich her geschoben, kochte wie in einem Dampfkessel bedrohlich vor sich hin und entlud sich am Ende in dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865), in dem eine wegen der Sklavenfrage zutiefst zerstrittene Nation zu den Waffen griff, um ihre aufgestauten Differenzen auf dem „Feld der Ehre“ zu bereinigen.

      Zuvor, im Jahre 1854, wurde der Kansas-Nebraska-Act vom Kongress verabschiedet, dessen geistiger Ziehvater der aus Illinois stammende US-Senator Stephen Arnold Douglas (1813-61) gewesen war. Durch dieses Gesetz wurden die beiden Territorien Kansas und Nebraska aus dem Taufbecken gehoben, in denen sich die kommende Generation Siedler selber für oder gegen die Sklaverei entscheiden konnte. Bei Nebraska lag der Fall dabei relativ einfach, denn dieses neue Territorium wurde in der Hauptsache von Iowa und Wisconsin aus besiedelt, die beide Nordstaaten waren. Somit sorgten die hinzu gewanderten Siedler dann auch dafür, dass Nebraska am Ende sklavenfrei blieb. Im Gegensatz dazu stand Kansas, das mit seiner östlichen Grenze an Missouri stieß, in dem viele Pro-Sklaverei-Anhänger lebten. Nach Errichtung des Territoriums stand diese Grenze nun weit offen und Anhänger als auch Gegner der Sklaverei rüsteten sich zum Einmarsch in das Gebiet, um es entweder für den Süden oder dem Norden in Beschlag zu nehmen. Erste Freischärler-Banden begannen sich zu organisieren. Im Falle der Sklaverei-Anhänger waren das die sogenannten Border Ruffians oder auch „Grenzlandrüpel“, denen auf Seiten der Sklaverei-Gegner die Abolitionisten oder Jayhawkers „schräge Vögel“ gegenüberstanden. Erstere gründeten Mitte 1854 die Städte Atchinson, Kickapoo und Leavenworth, derweil die Abolitionisten Lawrence und Topeka aus dem Boden stampften. Der erste Gouverneur von Kansas, Andrew Horatio Reeder (1807-64), trat im Oktober 1854 sein Amt an und er setzte die erste Wahl, wo sich die Siedler für oder gegen die Sklaverei entscheiden konnten, auf dem 30. März 1855 fest. Von Missouri her rückten daraufhin bewaffnete Border Ruffians nach Kansas vor und setzten dort die Richter und Wähler mit Waffengewalt unter Druck, beim anstehenden Urnengang das „Kreuz an die richtige Stelle zu setzen.“ Wie zu erwarten gewannen die Sklaverei-Anhänger diese Wahl und wenig später beschloss die Legislative, die Verfassung Missouris eins zu eins auf das Kansas-Territorium zu übertragen, derweil Gouverneur Reeder wegen seiner Haltung, aus Kansas keinen Sklavenstaat machen zu wollen, von US-Präsident Franklin Pierce (1804-1869) aus seinem Amt gefeuert wurde. Damit blieb er jedoch kein Einzelfall, denn von 1854 bis 1860 hatte Kansas nicht weniger als sechs Gouverneure aufzuweisen gehabt.

      Die Abolitionisten wollten diesen herbeigeführten Wahlbetrug so keinesfalls auf sich sitzen lassen und so begann James Henry „The Grim Chieftain of Kansas“ Lane, die Gruppen kampfeswilliger Abolitionisten unter seine Fittiche zu nehmen, während die politischen Köpfe im Oktober 1855 die sogenannte Topeka-Verfassung verabschiedeten, deren vorrangiges Ziel es war, die Sklaverei in dem Land wieder abzuschaffen. Am 02. Dezember 1855 standen an die 1.500 bis an die Zähne bewaffnete Border Ruffians vor Lawrence, doch bevor es zu einem offenen Angriff auf die Stadt kam, handelten beide Seiten einen Waffenstillstand aus. Knapp ein halbes Jahr später, am 21. Mai 1856, wurde Lawrence dann tatsächlich angegriffen und geplündert, woraufhin sich der fanatische und wahrscheinlich geisteskranke John Brown genötigt sah, mit drei seiner Söhne und drei weiteren Helfern, fünf unschuldige Siedler am Pottawatomie Creek zu ermorden. Diese wahnsinnige Bluttat wurde von der Presse des Nordens als gerechte Sache gefeiert und John Brown als Held glorifiziert („John Browns Body“), doch verglichen mit der ohne Blutvergießen abgegangenen Plünderung von Lawrence, wirkte Browns Massaker als Fanal und Aufruf zu weiteren Gewalttaten, die das Territorium den Sommer 1856 über in Atem hielten und in dessen Bürgerkriegswirren - ich komme über diesen kleinen geschichtlichen Umweg wieder zum eigentlichen Thema dieses Buches zurück - auch der nunmehr 19-jährige James Butler Hickok hineingezogen wurde.

      Im Juni 1856 verließ James Butler endgültig seine Familie daheim in Illinois und wandte sich zusammen mit seinem Bruder Lorenzo hinüber nach St. Louis, wo die beiden einen Raddampfer besteigen wollten, der sie hinüber ins Kansas-Territorium bringen sollte. Im Postbüro der Stadt holten sie als Erstes eine Reihe von Briefen ab, die von der Familie aus Troy Grove abgeschickt worden waren. In einem der Schriftstücke stand dabei zu lesen, dass ihre Mutter erkrankt war und in Sorge um ihren Gesundheitszustand, beschloss Lorenzo schließlich, wieder nach Hause zurückzukehren und beide Brüder trennten sich in St. Louis.

      James Butler bestieg wie geplant einen Flussdampfer, der ihn auf dem Missouri River westwärts bis nach Leavenworth brachte, das zu dieser Zeit von Pro-Sklaverei-Milizen kontrolliert wurde, die den Passagieren die Ausschiffung an Land verweigerten. Hickok, der nur ein wenig Handgepäck bei sich führte, schlüpfte jedoch unbemerkt durch die Absperrung und hatte damit seine ersten Fußabdrücke auf dem Boden des Kansas-Territoriums hinterlassen.

      Außer seiner bescheidenen Barschaft, besaß er nur das, was er am Leibe trug und die Suche nach einer geregelten Arbeit erwies sich als wahre Geduldsprobe in einem Land, in dem immer mehr Grundbesitzer mit Misstrauen und einer geladenen Schrotflinte in der Armbeuge auf Fremde reagierten, die ihr Anwesen betraten, um nach einer Arbeit oder etwas zu Essen nachzufragen. Hickok blieb jedoch hartnäckig und arbeitete den Sommer über u. a. als Pflüger für mehrere Farmer, darunter auch ein Richard Budd, der westlich von Leavenworth einen Hof bewirtschaftete. Am 28. September 1856 schrieb er seiner Schwester Lydia und seiner Mutter einen Brief nach Hause, um ein erstes Lebenszeichen von sich zu geben, wobei er u. a. auch die gewalttätigen Zustände in dem Territorium anprangerte. Ein weiterer Brief, gerichtet an seinem Bruder Horace, folgte am 24. November und beschrieb ebenfalls die desolaten Zustände in dem Land, sowie seine bisherigen Erlebnisse als aktiver Kämpfer in der Free-State-Miliz, der er sich mittlerweile angeschlossen hatte, da sich die Situation im „Bleedy-Kansas“ weiter zugespitzt hatte. Er diente dabei zunächst als Kundschafter unter dem Kommando von Colonel James A. Harvey, der eine kleine Schar Freiwilliger aus Hickoks Heimatstaat Illinois anführte. In dieser Funktion nahm er u. a. an dem Überfall auf die Siedlung Hickory Point unweit von Lawrence teil, der jedoch von regulären Regierungstruppen vereitelt wurde. Einige der Freischärler gerieten dabei in Gefangenschaft, anderen - unter ihnen auch Hickok - gelang jedoch die Flucht.

      Irgendwann um diese Zeit herum, zwischen dem Sommer 1856 und dem darauffolgenden Jahr, machte er auch die Bekanntschaft eines gewissen John M. Owen, der nahe dem Mill Creek ein kleines Stück Land bewirtschaftete. Hickok, inzwischen so gut wie mittellos, lebte einige Zeit auf Owens Anwesen, bevor sich beide Männer James H. Lane anschlossen, der auch weiterhin für die Abschaffung der Sklaverei in Kansas zu Felde zog. Die beiden dienten alles in allem ein Jahr lang unter seinem Kommando und zeitgenössische Berichte wissen zu berichten, dass sie ihm ständig als eine Art persönliche Leibgarde zur Seite gestanden hatten, so auch 1857 in Highland, wo Hickok im übrigen auch erstmalig mit seinem späteren Freund und Weggefährten William Frederick „Buffalo Bill“ Cody (1846-1917) zusammentraf, mit dem wir uns im späteren Verlaufe dieses Buches auch noch näher beschäftigen werden.

      Im Herbst 1857 versuchte sich Hickok ebenfalls als Farmer und erwarb ein kleines Stückchen Land in Johnson County, wo er eine kleine Hütte errichtete, ansonsten aber in einem Hotelzimmer in dem Örtchen Montichello lebte, das von einem John M. Reed geleitet wurde. Am 22. März 1858 wurde


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