König Friedrich II von Preußen - Geschichte meiner Zeit. Friedrich II Preußenkönig
Читать онлайн книгу.Ein politisches Ziel schwebte Friedrich Wilhelm bei dem inneren Ausbau des Staates vor: Er wollte sich durch ein mächtiges Heer bei seinen Nachbarn in Respekt setzen. Georg Wilhelms Beispiel hatte ihn gelehrt, wie gefährlich es ist, sich nicht verteidigen zu können. Und das Beispiel Friedrichs I., dessen Truppen weniger ihm selbst als den sie bezahlenden Bundesgenossen gehörten, hatte ihn erkennen lassen, dass ein Herrscher nur in dem Maße geachtet wird, als er sich mächtig und furchtgebietend zu machen weiß. Er war der Demütigungen satt, die bald die Schweden, bald die Russen seinem Vater zugefügt hatten, indem sie ungestraft seine Staaten durchquerten. Er wollte sein Volk wirksam vor seinen unruhigen Nachbarn beschützen und sich zugleich in den Stand setzen, seine Anrechte auf die Erbfolge in Berg zu vertreten, die beim Tod des Kurfürsten von der Pfalz, des letzten Fürsten aus dem Hause Neuburg, frei werden musste. Man ist zwar allgemein in dem Vorurteil befangen, der Plan einer militärischen Regierung sei nicht vom König selbst ausgegangen, sondern ihm durch den Fürsten von Anhalt eingegeben worden, aber wir folgen dieser Meinung nicht, weil sie irrig ist. Ein so überlegener Geist wie der Friedrich Wilhelms durchdrang und erfasste die größten Fragen. Besser als irgendeiner von seinen Ministern oder Generalen kannte er die Interessen des Staates.
(Es folgt die Darstellung des Nordischen Krieges bis zum Tode Karls XII. und der Einleitung der Unterhandlungen, die 1720 zum Abschluss des Friedens von Stockholm zwischen Preußen und Schweden führten.)
Wiewohl der Friede noch nicht geschlossen wurde, war er doch so gut wie hergestellt. Der König, der die Ruhe seines Staates gesichert sah, begann nun erst wahrhaft zu regieren, das heißt, für das Glück seines Volkes zu sorgen. Er hasste die unruhigen Geister, deren ungestüme Leidenschaften soweit um sich greifen, als die Macht der Ränke reicht. Er strebte keineswegs nach dem Ruf der Eroberer, die einzig und allein den Ruhm lieben, wohl aber nach dem der Gesetzgeber, die nichts anderes vor Augen haben als das Gute und die Tugend. Der geistige Mut, der zur Abstellung von Missbräuchen und zur Einführung nützlicher Neuerungen in der Verwaltung unbedingt gehört, verdiente nach seiner Meinung den Vorzug vor der Tapferkeit aus Temperament, die den größten Gefahren trotzt, ohne Furcht zwar, doch oft auch ohne Bewusstheit. Die Spuren, die sein weises Wirken in seinem Lande hinterließ, werden dauern, solange der preußische Staat besteht.
Friedrich Wilhelm verwirklichte nun sein militärisches System und verknüpfte es so innig mit der ganzen übrigen Organisation, dass man an das Heerwesen nicht rühren konnte, ohne den Staat selbst der Gefahr des Umsturzes auszusetzen. Um die Weisheit dieses Systems beurteilen zu können, wird es vielleicht nicht unnütz sein, den Gegenstand hier ein wenig näher zu erörtern.
Seit der Regierung Friedrichs I. hatte sich eine Menge von Missbräuchen in den Abgaben eingeschlichen. Sie waren ein Gegenstand der Willkür geworden. Im ganzen Staat wurde der Ruf nach einer Reform laut. Bei der Untersuchung zeigte es sich, dass keinerlei Grundsatz für die Einschätzung der Kontribution bestand, dass für die Grundbesitzer an manchen Orten die Abgaben auf demselben Fuß belassen waren, auf dem sie vor dem Dreißigjährigen Krieg gestanden hatten, während alle Eigentümer der zahlreichen Ländereien, die seitdem angebaut waren, verschieden besteuert wurden. Um die Lasten im richtigen Verhältnis abzustufen, ließ der König alle anbaufähigen Felder genau vermessen und stellte innerhalb der verschiedenen Klassen von gutem und schlechtem Boden die Gleichheit der Kontribution wieder her. Da die Lebensmittel seit der Regierung des Großen Kurfürsten stark im Preise gestiegen waren, steigerte er auch die Abgaben, so dass sie den neuen Preisen entsprachen. Dadurch erhöhte er seine Einkünfte bedeutend.
Um aber mit der einen Hand wieder auszustreuen, was er mit der anderen einzog, stellte er neue Infanterieregimenter auf und vermehrte seine Kavallerie. Dadurch wuchs das Heer auf 60.000 Mann an. Die Truppen verteilte er über all seine Provinzen, so dass das Geld, das diese an den Staat bezahlten, durch die Truppen beständig zu ihnen zurückfloss. Um den Landmann nicht mit dem Unterhalt der Soldaten zu belasten, wurde das ganze Heer, Kavallerie wie Infanterie, in die Städte gelegt. Dadurch nahmen die Akzise-Einkünfte zu, die Disziplin der Truppen befestigte sich, die Preise der Waren stiegen, und unsere Wolle, die wir zuvor an das Ausland verkauften und von dort als verarbeitete Ware zurückerhielten, verließ nun das Land nicht mehr. Das ganze Heer wurde regelmäßig alle Jahre neu eingekleidet, und Berlin bevölkerte sich mit zahlreichen Arbeitern, die nur von ihrem Gewerbe leben und nur für die Truppen arbeiten. Die Manufakturen wurden gediegen eingerichtet, kamen in Blüte und versorgten einen großen Teil der nordischen Völker mit Wollstoffen. Das Heer, das schon im Jahre 1718 nahezu 60.000 Mann stark war, sollte dem Staate durch die große Zahl der Aushebungen, deren es bedurfte, nicht zur Last fallen. Daher erließ der König eine Verordnung, durch die jeder Hauptmann verpflichtet wurde, im Reich Leute anzuwerben.
Ein paar Jahre später bestanden die Regimenter nur zur einen Hälfte aus Landeskindern, zur anderen aus Ausländern.
Der König bevölkerte Ostpreußen und Litauen, wo die Pest verheerend gehaust hatte (1710), aufs Neue. Aus der Schweiz, aus Schwaben und der Pfalz ließ er Kolonisten kommen und half ihnen mit ungeheuren Kosten, sich anzusiedeln. Mit nicht geringem Aufwand an Zeit und Mühe gelang es ihm schließlich, die verwüsteten Lande mit neuen Wohnstätten und neuen Einwohnern zu versehen, nachdem sie eine Zeitlang aus der Zahl der bewohnten Länder gestrichen waren.
Der Wiederaufbau der von der Pest verheerten Provinzen Ostpreußen und Litauen
Alljährlich bereiste er jede Provinz, ermutigte in diesem periodischen Kreislauf überall den Gewerbefleiß und begründete den Wohlstand. Viele Fremde wurden ins Land gezogen. Diejenigen, die in den Städten Manufakturen errichteten oder neue Kunstfertigkeiten lehrten, wurden durch Unterstützungen, Privilegien und Belohnungen angefeuert.
Er hatte sich eine anmutige Residenz in Potsdam geschaffen, das ursprünglich nur ein Fischerdörfchen war. Daraus machte er eine schöne, große Stadt. In ihr erblühten Künste jeder Art, von den alltäglichen bis zu denen, die dem raffinierten Luxus dienen. Leute aus Lüttich, die er durch seine Freigebigkeit angezogen hatte, errichteten dort eine Waffenfabrik, die nicht allein das preußische Heer, sondern auch die Truppen einiger nordischen Mächte versorgte. Bald wurden in Potsdam auch Sammete so schön wie in Genua hergestellt. Alle Ausländer, die ein Gewerbe verstanden, wurden in Potsdam aufgenommen, angesiedelt und belohnt. Der König errichtete in der Stadt, deren Gründer er war, ein großes Militärwaisenhaus, wo alljährlich 2.500 Soldatenkinder Unterkunft finden und alle Berufsarten erlernen können, zu denen sie Anlage zeigen.
Potsdamer Infanterieregiment
Desgleichen baute er eine Anstalt für Mädchen, die dort zu Arbeiten erzogen werden, wie sie ihrem Geschlecht ziemen. Durch diese mildtätigen Einrichtungen linderte er das Elend der Soldaten, die für eine Familie zu sorgen hatten, und verschaffte den Kindern eine gute Erziehung, die sie von ihren Vätern nicht erhalten konnten. Im selben Jahr vermehrte er das Kadettenkorps, worin dreihundert junge Edelleute zum Waffendienst vorgebildet werden. Einige alte Offiziere wachen über ihre Erziehung. Lehrer bringen ihnen Kenntnisse bei und unterweisen sie in den körperlichen Übungen, mit denen Personen von Stande vertraut sein müssen.
Potsdamer Garnisonskirche
Keine Sorge ist des Gesetzgebers würdiger als die um die Erziehung der Jugend. In zartem Alter sind die jungen Pflanzen noch empfänglich für Eindrücke aller Art. Flößt man ihnen Liebe zur Tugend und zum Vaterland ein, so werden sie gute Bürger. Und die guten Bürger sind das beste Bollwerk der Staaten. Verdienen die Fürsten dafür unser Lob, dass sie ihre Untertanen mit Gerechtigkeit regieren, so gewinnen sie sich unsere Liebe,