Die Zeit Constantins des Großen. Jacob Burckhardt

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Die Zeit Constantins des Großen - Jacob Burckhardt


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Füssen und suchten ihn zu demoralisieren; die klügsten setzten sich mit ihm in ein billiges Einvernehmen. Neben dieser Rücksicht nahm die Besorgnis vor dem unruhigen Pöbel und vor dem Rest prätorianischer Kohorten gewiss nur eine untergeordnete Stelle ein, wenigstens in dem Gemüt eines tüchtigen Regenten; für einen schwachen Fürsten aber war in Rom gerade so viel Gefahr als ausserhalb.

      Wenn nun die Kaisermacht einmal aus Rücksicht auf die Grenzverteidigung geteilt werden sollte, so konnte Rom unmöglich der Wohnsitz eines der zwei oder vier Herrscher werden. Die Erhaltung der Reichsgrenzen stand höher als die Freundschaft mit dem Senat, welche letztere ein wahrhaft römisch gesinnter Fürst sich ausserdem wohl noch zu erhalten gewusst hätte. Maximian bekam seine Residenz in Mailand, welches bei dem erneuten Vordringen der Alamannen seit Probus' Tode beinahe ein Grenzposten heissen durfte und zugleich für die Sicherung Galliens so richtig gewählt war, als ein Punkt südlich von den Alpen sein konnte; musste er doch von hier aus zugleich Italien beobachten und in Afrika intervenieren können. Den kriegführenden Caesar Constantius finden wir am häufigsten in Trier, später auch in York. Diocletian liess sich zu Nicomedia in Bithynien, am Ende eines tiefen Golfes des Mare di Marmora nieder; von dort aus hatte er die Bewegungen der Goten und anderer Pontusvölker, namentlich die bedrohte untere Donau, im Auge und war zugleich nicht allzu entfernt von den Gefilden des obern Euphrat, wo sich die Kämpfe mit den Persern zu entscheiden pflegten. In den ersten Jahren war indes keine feste Residenz möglich; beide Augusti eilen von Schlachtfeld zu Schlachtfeld, und ebenso in der Folge die Caesaren. Diocletians etwas quälerischer Baugeist hielt sich inzwischen schadlos, indem er ein Quartier von Nikomedien zu einem grossen, regelmässigen Palast umschuf, der vielleicht, wie der später zu Salona erbaute, die Form eines Feldlagers haben mochte. Man fand darin Basiliken, einen Zirkus, eine Münzstätte, ein Arsenal, besondere Wohnungen für seine Gemahlin und für seine Tochter Diese Aufzählung, De mort. pers. 7, bezieht sich ohne Zweifel ganz auf den Palast zu Nikomedien.. Natürlich wuchs diese Stadt nun an, in der Art, wie Residenzstädte zu wachsen pflegen. Nikomedien sah zu Anfang des vierten Jahrhunderts aus wie ein Quartier (regio) von Rom Ammian. Marc. XXII, 9.. In Mailand baute Maximian vielleicht das meiste von dem, was dann der Dichter des vierten Jahrhunderts Auson., Ordo nobil. urb. – Die sechzehn Säulen vor S. Lorenzo und der Grundplan nebst einigen Bestandteilen der Kirche selbst sind die wahrscheinlichen Überbleibsel des maximianischen Palastes, nach andern der Thermen. bewunderte.

      Rom musste, selbst wenn es keinen äusserlichen Verlust spürte, doch in hohem Grade empfindlich werden. Die schon erwähnte feindselige Quelle berichtet: der raubgierige Maximian habe sich an reiche Senatoren gemacht, welche fälschlich verklagt wurden, als strebten sie nach der Herrschaft, und so seien unaufhörlich die Lichter des Senats ausgelöscht, seine Augen ausgestochen worden De mort. pers. 8.. – Jeder Versuch, Recht oder Unrecht hier auf beide Seiten billig verteilen zu wollen, ist erfolglos. In dem Werke des Zosimus, dem einzigen, welches in der Darstellung und Beurteilung von Diocletians Charakter und Herrschaft der Wahrheit und Vollständigkeit irgend nahekommen mochte, gibt es hier eine Lücke von zwanzig Jahren. Vielleicht schien eifrigen Christen die letzte grosse Verfolgung allzusehr zugunsten der Verfolger dargestellt, und sie fanden es leichter, das Werk zu verstümmeln als zu widerlegen; gerade wie damals die Heiden ihrerseits Ciceros Bücher von der Natur der Götter verstümmelten Arnob., Adv. gentes l. III. – Leider fehlt auch Ammianus Marcellinus und so vieles andere., damit die Christen darin keine Waffen für ihre Polemik gegen die Vielgötterei finden möchten.

      Eine Spannung zwischen dem Senat und den Imperatoren war schon dadurch gegeben, dass Diocletian ohne alles Zutun des erstern Kaiser geworden war und seine Mitregenten ernannt hatte. Dem Senat blieb nur übrig, sie anzuerkennen und ihnen der Form halber zeitweise das Konsulat zu übertragen, mit welchem Diocletian bei einem spätern Anlass so wenig Umstände machte, dass er ein paar Tage vor dessen feierlichem Antritt von Rom abreiste De mort. pers. 17. – Im Jahr 303, vgl. unten.. – Bei der schon erwähnten Zusammenkunft in Mailand (291) fand sich auch eine Deputation des römischen Senates ein, wahrscheinlich nur zur Bezeugung der Ergebenheit. Der Lobredner Mamertinus ruft in Maximians Gegenwart Panegyr. III (Geneth. Max.), c. 12. aus: »Der Senat hat der Stadt Mailand ein Abbild seiner Hoheit geliehen, damit es das Ansehen habe, als sei der Sitz des Reiches an der Stätte, wo sich die beiden Imperatoren zusammengefunden.« Diese Äusserung war vermutlich eine unliebsame, und wir wissen nicht, wie sie aufgenommen wurde; doch sollte man daraus schliessen, dass wenigstens in dem betreffenden Jahre das Verhältnis der Kaiser zum Senat noch kein offenkundig unfreundliches gewesen. Wann und wie es sich verschlimmert, bleibt uns ein Rätsel. Maximian war von Hause aus grausam und tückisch, und Diocletian mied vielleicht nicht immer ein nützliches Verbrechen; die Römer mit ihrer »wenn nicht frechen, doch freien De mort. pers. 16, und besonders Ammian. Marc. XVI, 10. Redeweise« waren ihnen höchlich zuwider; auch jene verabredeten, im Takt und in vielfacher Wiederholung vorgetragenen Zurufe, womit die Senatoren in ihrem Lokal und das Volk im Zirkus den Kaisern Mahnungen sowohl als Huldigungen pflegten zukommen zu lassen, konnten unmöglich nach dem Geschmacke der neuen Herrscher sein; allein die Häupter des Senates opferten sie gewiss nicht ohne triftigen Grund, wenn es wirklich dazu kam, und wenn nicht jener Autor nach seiner Art aus einer Kleinigkeit eine Untat gemacht hat.

      Gegen die Einwohnerschaft Jenen vulgus urbis Romae, welchem einst Carin die Güter des Senats versprochen, als wäre er der populus Romanus. Vgl. Hist. Aug., Carin. 1. von Rom (um nicht den entweihten Namen des römischen Volkes zu brauchen) erwiesen sich aber Diocletian und sein Mitkaiser später in einer ganz absichtlichen Weise gefällig; als wären zu Rom noch nicht Vergnügungsanstalten genug, bauten sie auf dem Viminal jene ungeheuersten aller römischen Thermen (299). Unter den etwa zehn Thermenbauten früherer Kaiser und Privatleute befanden sich die riesigen Hallen Caracallas, mit deren rätselhaft weiten Wölbungen die ermüdete Kunst nicht mehr wetteifern konnte; da wurde wenigstens die Ausdehnung überboten, bis man ein Ganzes von 1200 Schritt Umfang, mit 3000 Gemächern, geschaffen hatte, dessen erstaunlicher Mittelbau mit jenen Granitsäulen von 15 Fuss Umfang jetzt den Hauptraum der Karthäuserkirche bildet, während man die übrigen Reste weit ringsum in Klöstern, Weingärten und einsamen Strassen zusammensuchen muss [Nachtrag:] Hier ist versäumt worden zu berichtigen, dass die Umgebung der Diocletiansthermen in neuerer Zeit zu den belebtern Quartieren Roms gehört.. – Im gleichen Jahre Euseb., Chronicon. begann Maximian einen Thermenbau zu Karthago, möglicherweise in einer ähnlichen, begütigenden Absicht. Karthago war bisher ein Hauptschauplatz für das erste Auftreten von Usurpatoren gewesen. Von andern Bauten dieser Regierung in Rom werden namentlich erwähnt S. Mommsens Ausg. des Chronographen v. J. 354, S. 648.: die Herstellung des unter Carinus verbrannten Senatslokales, des Forum Caesaris, der Basilica Iulia und des Pompeiustheaters; sodann als Neubauten ausser den Thermen die beiden Portiken mit den Beinamen Iovia und Herculea, drei Nympheen, ein Isis- und ein Serapistempel und ein Triumphbogen. Vielleicht hatte auch die auffallende Masse von Prachtgebäuden, womit Diocletian das tadelsüchtige und gefährliche Antiochien versah Malalas l. XII, ed. Bonn. p. 306., keinen andern Zweck, als die Ablenkung von politischen Gedanken. Es werden Tempel des olympischen Zeus, der Hekate, der Nemesis und des Apoll, ein Palast in der Stadt und einer in Daphne, mehrere Thermen, Speicher, ein Stadium und anderes mehr genannt, meist als Neubauten, weniger als Reparaturen.

      Für Rom waren überdies die öffentlichen Spenden Aur. Vict., Caes. und Schauspiele nie unterbrochen worden; erst nach der Abdankung des Jahres 305 wagte Galerius jede Rücksicht gegen die alte Weltherrscherin beiseite zu setzen. Aber schon Diocletian hatte noch in einer andern, bereits angedeuteten Beziehung Rom beleidigt. Zunächst hinter seinen Thermen, von drei Seiten durch die Stadtmauer Aurelians umgrenzt, liegt eine grosse Vigne, später den Jesuiten gehörend, an der Mauer ringsum halbzerstörte gewölbte Zellen. Es ist das ehemalige prätorianische Lager, dessen Bewohner so oft den Kaiserpurpur auf der Spitze ihrer Schwerter hatten in die Luft flattern lassen, öfter hatte man sie aufzulösen, zu ersetzen gesucht; im Laufe des dritten Jahrhunderts aber scheint sich das alte Verhältnis wieder festgesetzt zu haben, dass nämlich in der Umgegend Roms und in den nähern Teilen Italiens die vielleicht wenigen tausend Mann ausgehoben wurden, die wir schon kaum mehr als kaiserliche Garde, sondern eher als Garnison der Hauptstadt zu bezeichnen haben. Jetzt verminderte sie Diocletian sehr beträchtlich Aur. Vict., Caes. – S. auch De mort. pers. 26, wo die Massregel mit Unrecht erst dem Galerius zugeschrieben wird. – Gegenwärtig ist die Örtlichkeit wieder


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