Emin Pascha: Reisetagebücher aus Zentralafrika aus den 1870-80er Jahren. Eduard Schnitzer Emin Pascha
Читать онлайн книгу.Schrift ist mikroskopisch klein, als ob er einen Preis für Akkuratesse, Sparsamkeit, Zierlichkeit und Treue erzielen wollte. Tatsächlich zeichnen die meisten Deutschen meiner Bekanntschaft sich durch die Masse ihrer Übernachtungen und ihre überaus schöne Schrift aus, während englisch sprechende Reisende, die ich kannte, Notizbücher besaßen, die für sie allerdings ganz brauchbar sein mochten, sonst aber nicht gut geführt, voll von Klecksen und im Vergleich zu jenen schlecht geschrieben waren und demjenigen, welcher die Herausgabe zu besorgen hat, unendliche Schwierigkeiten machten.
Nachtstehendes wird einige der Schwierigkeiten illustrieren, mit denen er in den fünf Jahren, die er vom Hauptquartier in Khartum abgeschnitten war, zu kämpfen hatte.
Schukri Aga, der Kornmandant der Station Mswa, der mir am Abend des 19. Mai einen Besuch abstattete, erzählte, dass vor etwa Jahresfrist 190 Soldaten vom ersten Bataillon von der Station Redjaf nach Kirri, wo der Pascha residierte, aufgebrochen seien, um ihn zu verhaften und als Gefangenen bei sich zu behalten. Es war nämlich von Dr. Junker in Kairo ein Brief eingetroffen, welcher die Nachricht von der Absendung einer Expedition zu ihrer Befreiung enthielt, und dies hatte in den Gemütern der Soldaten des ersten Bataillons die verworrene Meinung hervorgerufen, dass ihr Gouverneur in jener Richtung zu fliehen und sie ihrem Schicksale zu überlassen beabsichtige. In der Überzeugung, dass ihre Sicherheit in der Anwesenheit des Zivilgouverneurs unter ihnen liege, waren sie auf den Gedanken gekommen, ihn gefangen zu nehmen und mit sich nach Redjaf zu bringen, der nördlichsten Station, wo das genannte Bataillon in Garnison stand. „Denn“, sagten sie, „wir kennen nur einen Weg, und der führt den Nil hinab über Khartum.“ (Die Korrespondenz, welche diese Leute mit Khartum unterhielten, lässt mich bezweifeln, ob dies der wahre Grund war. Man Vergleiche das Schreiben Omar Sali's an den Chalifen von Khartum.) Als der Pascha von den Offizieren des zweiten Bataillons plötzlich von diesem Plane in Kenntnis gesetzt wurde, rief er: „Gut, wenn sie mich töten wollen, ich fürchte mich nicht vor dem Tode; lasst sie nur Kommen, ich werde sie erwarten.“ Das wollten die Offiziere des zweiten Bataillons in Kirri aber nicht zugeben; sie flehten ihn an, zu fliehen, ehe die Unzufriedenen kämen, und setzten ihm auseinander, dass „die gewaltsame Gefangennahme und die Haft des Gouverneurs einer jeglichen Regierung ein Ende machen müsse und die vollständige Vernichtung jeder Disziplin sein werde“. Längere Zeit weigerte er sich fortzugehen, aber schließlich gab er ihren Bitten doch nach und floh nach Mswa. Bald nach seiner Abreise traf das Detachement des ersten Bataillons ein, umzingelte die Station und stellte die peremtorische Forderung, der Gouverneur solle herauskommen und sich ihnen ergeben. Auf die Antwort, dass der Gouverneur bereits südwärts nach Muggi und Wadelai abgereist sei, drangen die Empörer gegen die Station vor, ergriffen den Kornmandanten und die Unterbeamten, prügelten sie mit Peitschenhieben weidlich durch und nahmen die meisten als Gefangene mit, worauf sie nach Redjaf zurückkehrten.
„Sie müssen wissen“, fuhr Schukri Aga fort, „dass das erste Bataillon die nördlichen Stationen bewacht, dass jeder Soldat desselben gegen den Rückzug ist und jegliche Andeutung, den Wachtpost in Redjaf zu verlassen, nur ihren Unwillen hervorruft. Sie haben während der ganzen langen Zeit auf die Nachricht gewartet, dass ein Dampfer in Ladó eintreffen werde, und hängen noch fest an dem Glauben, dass der Pascha in Khartum sie eines Tages belassen lassen werde. Was Emin Pascha ihnen in gegenteiligem Sinne sagt, ruft nur den äußersten Unglauben hervor. Nun Sie aber auf dem entgegengesetzten Wege gekommen sind und da mehrere von uns, die wir 1875 mit Linant Bey gewesen sind, Sie in Uganda gesehen haben und noch viel mehr Sie dem Namen nach kennen, werden sie höchst wahrscheinlich die Überzeugung gewonnen haben, dass der Nil nicht die einige Straße nach Ägypten ist und dass Sie, der sie aufgefunden hat, sie auch aus dem Lande führen werden. Sie werden Ihre Offiziere, werden Ihre Sudanesen sehen ehrerbietig Ihre Botschaft anhören und mit Freuden gehorchen. Das ist meine Ansicht, obwohl nur Gott weiß, wie die Stimmung augenblicklich beim ersten Bataillon ist, da noch nicht genug Zeit verflossen ist, dass wir von ihm schon hätten hören können.“
Als ich Emin Pascha am nächsten Tage das von Schukri Aga Gehörte wiedererzählte, sagte er:
„Schukri Aga ist ein sehr intelligenter und tapferer Offizier, der zu seinem Range befördert worden ist wegen seiner ausgezeichneten Dienste gegen Keremallah, einen der Generale des Mahdi, als derselbe mit einigen tausend Leuten hierher kam, um uns aufzufordern, uns der Regierung des Mohammed Achmet zu unterwerfen.
„Was er Ihnen erzählt hat, ist vollständig wahr, nur hat er zu erwähnen vergessen, dass bei den 190 Soldaten des ersten Bataillons sich auch 900 bewaffnete Neger befanden. Später habe ich erfahren, dass sie mich nach Gondokoro zu bringen und dort gefangen zu halten beabsichtigten, bis die Garnisonen der südlichen Stationen, Wadelai, Tunguru und Mswa, sich gesammelt hätten, um dann gemeinsam am rechten Flussufer Bach Khartum zu marschieren. Beim Eintreffen in der Nähe von Khartum wollten sie, auf die Nachricht, dass die Stadt wirklich gefallen sei, sich jeder in seine Heimat zerstreuen und den Leuten aus Kairo und mir es überlassen, weiter für uns zu sorgen.“ (Da der Pascha dies wusste, scheint er mir doch sehr unklug gehandelt zu haben, als er sich unter diese Rebellen wagte, ohne sich vorher darüber zu vergewissern, welche Wirkung seine Gegenwart auf sie ausüben würde.)
Nachstehend einige naturhistorische und ethnographische Tatsachen, die er mir erzählt hat.
Der Wald Von Msongua wird von einer großen Art von Schimpansen unsicher gemacht, die im Sommer oft zur Nachtzeit die Pflanzungen der Station Mswa Besuchen, um Früchte zu stehlen.
Er bemerkte, dass man an den Ufern des Albert-Sees erstmals Papageien sehe. In Unjoro trifft man sie bis 2° nördl. Br., dagegen scheinen die Seeanwohner nicht zu verstehen, was gemeint ist, wenn man von Papageien spricht.
Unsere Leute fingen ein Paar sehr junge Zebra-Ichneumons und brachten sie dem Pascha. Derselbe nahm sie an und befahl sie mit Milch zu füttern. Er erklärte, das Ichneumon sei, obwohl es sehr zahm werde und äußerst drollig sei, doch schädlich.
Das neugierige kleine Tier zerbricht die Instrumente, spritzt die Tinte umher und beschmutzt und beschmiert Papiere und Bücher. An Eiern lässt es besonders seine Zerstörungswut aus; findet es ein Ei mit ungewöhnlich harter Schale, so neigt es dasselbe mit den Vorderfüßen und lässt es so lange fallen, bis es zerbrochen ist.
Dinka
Der Pascha weiß viel von den Dinka zu erzählen. Die Herdenbesitzer bei den Dinka haben 300-1.500 Stück Vieh, schlachten dasselbe aber Selten des Fleisches wegen, sondern halten es einzig und allein wegen der Milch und des Blutes. Letzteres wird mit Sesamöl vermischt und als Delikatesse verzehrt. Beim Tode eines Herdenbesitzers lädt der nächste Verwandte seine Freunde ein und schlachtet vielleicht zwei Rinder für das Festmahl bei der Bestattung, sonst hört man kaum, dass ein Dinka das Vieh des Fleisches wegen geschlachtet hätte. Stirbt ein Stück Vieh eines natürlichen Todes, so verlangt der Appetit nach Fleisch, dass es verzehrt wird, ein Beweis, dass nicht das Gewissen den Dinka verhindert, seinen Magen mit Fleisch zu füllen, sondern, da die Rinder seinen Reichtum bilden, nur seine übertriebene Sparsamkeit.
Die Dinka bezeugen den Tigerschlangen und allen übrigen Arten von Schlangen große Ehrfurcht. Als einer der sudanesischen Offiziere eine Schlange getötet hatte, musste er zur Strafe vier schöne Ziegen hergeben. Sie betrachten die Schlangen sogar als Haustiere und halten sie in ihren Hütten, wobei den Tieren aber alle Freiheit gelassen wird, sodass sie hinauskriechen und auf Beute gehen können, worauf sie zurückkehren, um zu ruhen und zu schlafen. Sie waschen die Tigerschlangen mit Milch und reiben sie mit Butter ein. Man hört in fast jeder Hütte in dem Dachwerk kleinere Schlangen rascheln, die dort der Jagd auf Ratten, Mäuse usw. nachgehen.
Auf der Ostseite des Nils fand er einen Stamm, welcher eine