Emin Pascha: Reisetagebücher aus Zentralafrika aus den 1870-80er Jahren. Eduard Schnitzer Emin Pascha
Читать онлайн книгу.nicht ohne ein Wort der Erklärung absenden. Ein ungewöhnlich regenreiches Jahr am Äquator hat den Babr el-Djebel so geschwellt, dass all unsere Stationen von Mrúll bis Schambé schwer gelitten haben. Außerdem führte das Hochwasser ganze Inseln schwimmender Vegetation herab, und so hat sich denn etwa zwei Stunden unterhalb der oberen Abzweigung des Bahr Zeráf vom Bahr el-Djebl eine Pflanzenbarre gebildet, die den Fluss völlig sperrt und uns von Khartum abschneidet. Ich habe, die Eröffnung der Barre nur von Norden her möglich, vorläufig einen Postdienst von Ladó nach Bór (Dampfer) und von Bór aus zu Lande nach dem Ssobat und Faschoda organisiert und sende auf dieser neuen Straße — zwölf Tagemärsche von Bór nach Ssobat — meinen Brief. Hoffentlich lassen die Khartumer uns nicht zu lange warten?!
Natürlich ist mir so die Sendung der Ihnen versprochenen Raritäten für den Moment unmöglich, sobald jedoch die Schifffahrt frei, folgen selbe umgehend nach Marquet. Ich will inzwischen so viel als möglich kornplettieren.
Ich habe mir inzwischen viel Mühe gegeben, einige zoologische Objekte zu sammeln, und bin mit meiner Ausbeute ganz zufrieden.
Sie würden sich wundern, sähen Sie meine kleine Menagerie und meine Raritäten.
Ein besonderer Liebling ist mir eine von hier bestimmt neue Schlangenechse ohne Augen und Ohren — Vielleicht Typhlina Wiegm. —, die lebend seit einem Monat bei mir ist. Auch eine sonderbare kurzfüßige Art des Haushuhnes aus lllyrich habe ich erhalten, und täglich mehren sich meine Schätze. Könnten Sie nur hier sein!
Ich habe an Hausal geschrieben und ihn gebeten, mir einen Dengolaul zu senden, der des Abbalgen von Vögeln und Säugetieren versteht. Sie erhalten dann das Generaldepot der ägyptischen Äquatorialprovinzen.
Dank für ihre Sendungen.
Mit herzlichem Gruße
Ihr aufrichtig ergebener
gez. Dr. Emin Effendi.)
Seit vorgestern ist das Wasser bedeutend gefallen, auch hat der starke (jedenfalls nur lokale) Regenguss keinen Einfluss mehr gehabt; ich fürchte, dass die Effluvien des durchfeuchteten Landes später viel Fieber hervorrufen werden. Dampfer „SCHIBBIN“ ist heute um ¾ 8 Uhr vormittags nach Khartum abgereist: Ich habe an Petermann die letzte Hälfte meiner Notizen über Unyoro und Tagebuch Reise Kabréa gesandt. Auch Tahami-Bey, einst Günstling Gordon's, dann in Ketten hierher gesandt und nun begnadigt, ist wieder abgereist.
Heute haben wir Datteln gepflanzt von der großen Dóngola-Sorte.
Hurra! die Orangen blühen zum ersten Mal im Äquatorialafrikagebiet!
6. September, Freitag. Wasser, wenn auch wenig, doch stetig zurückgehend: Meine Carica-Pflanzen (vier) sind aufgegangen. Heute ziemlich frischer Nordwestwind!
7. September, Sonnabend. Die Tage vergehen in grenzenloser Einförmigkeit: meine Kochthermometer sind völlig unbrauchbar geworden, also auch hiermit ist keine Arbeit möglich. Ich habe ägyptischen Weizen ausgesät, ebenso amerikanischen gelben Mais. Seit einigen Tagen ist es sehr bewölkt, gegen Mittag sonnenklar, später wieder bewölkt, aber kein Regen.
Neuerdings ist von Makraka Post angekommen; die Leute sind rein toll! Statt nach dem Bahr Ghazal abzugehen, verschwenden sie die Zeit mit Schreibereien. (Es handelt sich offenbar um die Mannschaften, die als Verstärkungen zur Expedition Gassi's nach dem Bahr-Ghaza gehen sollten.)
Heute habe ich wieder zwei Exemplare von Alecedo cristata (ich glaube A. dieruleocephala ist nicht spezifisch verschieden davon) und ein leider zerbrochenes Ei von runder Form ziemlich groß, rötlich durchscheinend, erhalten.
8. September, Sonntag. Frühmorgens starker Regen mit Südwestwind für etwa eine halbe Stunde. Wie ich vermutet, fangen schon jetzt die Fieber an sich zu zeigen, meist schwere deliröse Formen. Post nach Mákraka mit erneutem Befehl, abzureisen, nach Rohl gesandt.
9. September, Montag. Früh wie gewöhnlich trübe. Ankunft Post von Süden. Ali-Aga: Er hat sich große Vergehen zuschulden kommen lassen, ist dabei aber überzeugt, dass er unentbehrlich sei. Ein wahrer Neger ist immer noch besser als diese Muvallidin, (Muvallidin (muollidin)?) d. h. in Khartum geborene Mischlinge oder reine Neger.
10. September, Dienstag. Übernachtet. Von 9 Uhr an bis um Mittag starker Regen, nicht Gewitter. Nach dem Regen zeigen sich zu acht bis zehn Schwalben (H. albigularis), die vermutlich auf dem Striche sind, da sie ermüdet scheinen und selbst bei Annäherung nur zögernd entfliegen. Ganze Unterseite weiß. Viele lassen ihre eigentümlich sanft klagende Stimme hören. Ei von Perlhuhn (N. poecilorhyncha?) erhalten durch Dragomane. Nicht einmal dies Ei kannten die Araber, die doch Perlhühner halten. Pyconozus Arsinoë und häufiger P. xanthopyquis kommen hier häufig vor, sind nicht üble Sänger, drosselartig. Sträuben die Kopffedern auf.
11. September, Mittwoch. Immer noch kein Dampfer von Khartum, wo wohl die „große Wassernot“ herrschen mag. Viele Kranke hier. Der so geringe Unterschied zwischen Tag- und Nachttemperaturen (zwischen 20 — 30° C schwankend) lässt kein Aufatmen zu. Heute Leute von Bor hier (zu Lande gekommen) Eingetroffen, um sich über den dortigen Mudĩr zu beschweren. In Magazinrechnungen viel Unerwünschtes gefunden.
12. September, Donnerstag. Durch das Hochwasser sind eine große Menge kleine, meist ungiftige Schlangen in die Seriba gekommen, wo deren jetzt täglich getötet werden. Leider sind die Exemplare meist schwer beschädigt; fünf Arten habe ich bis jetzt erhalten können. Auch Skorpione finden sich jetzt familienweise, gewöhnlich zwei alte und mehrere junge, nahe Steinen, es ist die hiesige breitrückige, schwärzlich braune Art, deren Stich Schwellung und Rötung, sonst aber keine üblen Folgen hervorruft — außer bei Kindern. Julus-Arten sind jetzt Seltener. Seit einigen Tagen lässt sich paarweise Schizorhis zonura bellend hören. Große Krähen. Im Fluss heute ein Ambadj-Stamm (Herminiera elaphroxylon) von etwa 2 m Länge und 74 ein Umfang am unteren Ende. Da ich mich nicht erinnere, von hier bis Dufilé Ambadj gesehen zu haben — weiter oben kommt er vor —, so stammt dies Exemplar wohl von oberhalb und hat ungefährdet die Stromschnellen von Afúddo passiert!
13. September, Freitag. Ein Onbaschi, (Onbaschi, Gefreiter) an augenblicklicher Geistesabwesenheit leidend, hatte sich von Nur-Bey‘s Expedition entfernt und war völlig nackt, ohne Waffen, nur mit einer Lanze, vier Tage fortgeblieben. Die Neger haben ihn nicht getötet, und am fünften Tage kehrte er zurück, völlig gesund und geistesrichtig. Es ist dies einer der vielen Fälle von Geisteskrankheit, die mir hier vorgekommen; die Neger leiden sehr häufig daran, und viele ihrer Handlungen lassen sich absolut nicht anders erklären.
Eine heute Nacht eingefangene Schlange hat mich mit sieben langspitzigen Eiern beschenkt. Sie selbst scheint ungiftig und hält die Eier inmitten ihrer Windungen. Einige sehr hellgrau.
Skandalöse Nachrichten von Hammam-Aga usw. in Kiri.
14. September, Sonnabend. Obgleich es gestern nur gegen Mittag leicht geregnet, machte sich doch gegen Abend ein bedeutendes Schwellen des Flusses bemerklich, und um 11 Uhr nachmittags fing das Wasser so stark an in die Seriba zu fließen, dass nur den fleißigsten und eifrigsten Anstrengungen der wirklich braven Leute, die ich in das Nacht zusammentrommelte, es gelang, die Magazine zu schützen. Ein Damm wurde improvisiert und so dem ersten Anprall des Wassers einigermaßen Schranken gezogen; noch jetzt aber steigt das Wasser, und das nordöstliche Viertel der Station hat von allen Bewohnern geräumt werden müssen. Natürlich glänzten auch diese Nacht die beiden ägyptischen Offiziere durch ihr Zuspätkommen zum Apell; es ist eine schauerliche Sorte (mit wenigen Ausnahmen), diese echt arabischen Tagediebe. Zu alledem drohende Regenwolken; wenn ich nur erst meine Magazine geräumt hätte! Bis zum Mittag ließ sich ein leichtes Steigen des Wassers bemerken, dann trat für einige Stunden ein Festbleiben im Niveau ein, und endlich begann das Sinken bis um 10 Uhr nachmittags, wo ich den Wasserstand gegen früh um etwa 7 ein verringert fand. Meine Leute haben brav gearbeitet. Abends NNW-Wind.
15. September, Sonntag. Seit früh ½ 5 Uhr Regen ohne Gewitter; Fluss im Sinken, hoffentlich definitiv. Meine Sammlungen mehren sich: eine hübsche, früher schon in Mȗrli gefundene Schlange in einem Webervogelnest, eine Menge Eier, unter denen die von Alcedo cistata leider stark bebrütet, die von Hypothlastes (Amadina) fascichta (der rote Kehlstreif des brütenden