Raus aus der Krise. Geri Schnell
Читать онлайн книгу.einen solchen hat, so muss der bis um neun Uhr nachts in der Redaktion sein. Je nachdem, wie viele Zeilen in der morgigen Zeitung zu lesen sind, gibt es mehr oder weniger Geld. So einfach ist das, doch mit diesem Job hält sich Susi nur über Wasser. Insgeheim hofft sie immer noch auf ihre grosse Story und die sucht sie eben im Ausland, durch Abhören der Kurzwelle.
Sie legt eine Tonbandkassette ein und spurt sie zurück. Jetzt hört Max die Meldung, über einen Max Meier, der in Eritrea halb verhungert, dem Roten Kreuz übergeben wurde. Sie fragen in der Zentrale nach, was sie mit ihm machen sollen und bitten darum, seine Angehörigen zu informieren, er sei im Moment noch nicht ansprechbar und ausser seinem Namen, ist nur der Wohnort Olten, aber ohne genaue Adresse, bekannt. Vielleicht ist er arbeitslos, wird noch vermutet.
«Das war nun etwas für mich, ich machte mich auf den Weg zum Arbeitsamt, aber da waren alle in den Ferien. Also klapperte ich die Gammlerplätze in Olten ab und horchte mich ein wenig um, aber auch da warst du unbekannt. Doch ich gab nicht so schnell auf und endlich fand ich jemand, welcher sich an dich erinnerte.»
«Aa, der Max, das ist der, welcher einmal auf dem Arbeitsamt randaliert hat. Stock besoffen war er und hatte herumgebrüllt. Er fluchte über seine Exfrau und über seinen Exchef. Ich nahm ihn mit zum Gleisspitz, dort hat es ihm aber nicht gefallen und er ist sofort abgehauen. Ich glaube, er lebt immer an der Aare. Keiner hat je gesehen, wo er schläft, aber am Tag konnte man ihn immer mit einer Flasche Wein an der Aare beobachten. Vor ein paar Wochen hat er sich plötzlich verändert und trinkt nicht mehr, hat aber immer noch keinen festen Wohnsitz.»
«Das ist schon alles, was ich über dich herausgefunden habe. Na gut, es war noch nicht Alles. Ich erkundigte mich auch über deine Scheidung, deine Frau scheint dir nicht besonders nachzutrauern und deine zwei Buben haben schon wieder einen neuen Papa. Stimmt dich das nicht etwas traurig?»
«Wenn ich ehrlich bin, so muss ich sagen, dass ich sie praktisch aus meinem Gedächtnis gestrichen habe, wobei das reiner Selbstschutz ist, es machte mir am Anfang sehr zu schaffen, meine Buben nicht mehr zu sehen. Nun habe ich mich daran gewöhnt, es hätte auch keinen Zweck gehabt, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, ich war froh, dass sie mich als Alkoholiker nicht sahen.»
«Das verstehe ich, aber wie bist du den plötzlich vom Alkohol losgekommen?»
«Das ist eine ganz andere Geschichte, aber darüber möchte ich nun wirklich nicht reden, das ist Privatsache.»
«Ich weiss immer noch nicht, wie du in dieses Dorf am Strand gekommen bist, aber das ist vermutlich auch Privatsache? Durch tägliches Abhören der Funker Meldungen hielt ich mich auf dem Laufenden. So erfuhr ich, in welchem Flugzeug du in die Schweiz zurückreisen wirst. Ich wunderte mich selber, dass keine Zeitung etwas über den gestrandeten Schweizer berichtete. In Kloten habe ich dich leider verpasst, da du nicht durch den normalen Zoll gekommen bist. Also musste ich dich in Olten am Bahnhof abfangen lassen, wobei die Aufgabe nicht sehr einfach war, aber mein Komplize, hat es dann doch geschafft, dich zu finden und dir den Zettel zuzustecken.»
«Du bist anscheinend ganz professionell eingerichtet», stellt Max fest.
«Das ist noch nicht alles, ich habe noch einen PC und ein Handy mit unbegrenzter Datenmenge.»
In den folgenden Wochen haben die zwei Spass miteinander. Max stempelt wieder und hat durch die lange Ferienzeit, für die das Taggeld angerechnet wurde, einen schönen Zahltag nach Hause gebracht. Susi vernachlässigt ihren Job anfangs ziemlich stark und ihre Einnahmen sinken beträchtlich.
Nach ein paar Wochen beginnt Max, Susi zu helfen. Er lauscht für sie am Funkgerät, oder er begleitet sie als Fotograf mit seinem neuen Handy mit einer besonders guten Kamera, bei Anlässen und Unfällen, was ihm allerdings gegen das Prinzip geht. Doch solche Bilder werden gut bezahlt und bei ihrer Finanzlage, können sie nicht wählerisch sein. Zudem, wenn sie die Bilder nicht schiessen, dann sieht er sie anderntags, trotzdem in der Zeitung. Also fahren sie bei Unfällen, bei denen sie die Möglichkeit haben, als Erste vor Ort zu sein, hin.
Seine Reportertätigkeit spricht sich schnell bis zum Arbeitsamt um, so dass er nicht mehr als arbeitslos gilt.
Der Fall Anita
In Gedanken versunken schlendert Max der Aare entlang. Susi ist heute Nachmittag in der Redaktion beschäftigt. Sie und Max sind ein gutes Team geworden. Noch immer wohnt er bei ihr und unterstützt sie bei ihrer Arbeit. Er fotografiert, macht die Buchhaltung auf dem PC, sammelt Daten, überwacht das Funkgerät und Telefon, wenn sie weg ist, oder einer ihrer Berichte schreibt. Der Bericht über seine Flucht konnte gut verkauft werden.
Es ist nicht der schöne Sommernachmittag der ihn zum Besuch seiner alten Gegend verleitet hat, den alten Zeiten trauert er nicht nach. Es geht ihm um den Mordfall Anita. Das vierzehnjährige Mädchen wurde vor einer Woche ermordet im Rechen des Kraftwerks angeschwemmt, nachdem es vorher eine Woche lang gesucht wurde. Susi und Max haben im Polizeifunk alles mitgehört und waren die ersten Reporter an der Fundstelle.
Jetzt hofft er, dank seinen Ortskenntnissen zum Mordfall Anita eine Spur zu finden. Er stöbert in den Ufergebüschen herum und betrachtet jeden Gegenstand, der von den Leuten liegengelassen wurde. Bis jetzt hat er nichts Verdächtiges entdeckt, was auch ein Wunder gewesen wäre, denn die Polizei hat die ganze Gegend, genauestens durchgekämmt. Trotzdem hat er das Gefühl, dass er auf etwas Wichtiges stossen könnte, immerhin ist der Tatort bis jetzt noch nicht bekannt. Genauso exakt wie er die Umgebung beobachtet, mustert er die Leute, welche den lauen Nachmittag geniessen.
Plötzlich glaubt er, das Mädchen, welches soeben vom Aareweg abbiegt, könnte Rebekka sein. Seine Gedanken kehren zurück an jene Stelle, wo er sie das erste Mal getroffen hat. Was wäre aus ihm geworden, wenn er sie nicht getroffen hätte? Sofort beschleunigt er seine Schritte, er will sie fragen wie es ihr geht.
Nur, ist es wirklich Rebi?
Obwohl er sehr schnell geht, kann er das Mädchen nicht mehr erreichen, es hat vermutlich den kleinen Park durchquert und bleibt verschwunden. Er eilt durch den Park und schaut die Strasse entlang. Weit kann sie doch noch nicht sein, sie muss in einem der Reihenhäuser verschwunden sein.
Max schlendert den Häuser entlang und schaut sich die Namen an den Briefkästen an. Es hilft ihm nicht weiter, denn er kennt ihren Nachnamen nicht. Er weiss nur, dass sie Rebi heisst. Also, in einem dieser Häuser wohnt sie vermutlich.
Die nächsten Tage richtet es Max so ein, dass er öfters an dieser Strasse vorbei kommt. Er will sich unbedingt bei Rebi bedanken, das ist er ihr schuldig. Jedes schwarzhaarige Mädchen, das er von weitem sieht, versucht er einzuholen, aber entweder erreicht er es nicht mehr, oder es handelt sich nicht um Rebi. So langsam hat er einen richtigen Tick und läuft jedem schwarzhaarigen Mädchen nach. Da in der Strasse auch Asylbewerber untergebracht sind, gibt es viele schwarzhaarige Frauen in dieser Strasse, welche er immer kurz verfolgt.
So geht es nun schon seit zwei Wochen.
Endlich, - diesmal ist sich Max sicher, das Mädchen, welches hundert Meter weiter vorne an der Aare spaziert, dieses Mädchen muss Rebi sein. Es ist ein Mittwochnachmittag, es ist leicht bedeckt und noch nicht so heiss wie an den letzten Tagen. Es sind nicht viele Leute an der Aare unterwegs. Max kommt schnell näher. Als er Rebi bis auf zehn Meter eingeholt hat, verlangsamt er seine Schritte und beobachtet sie noch kurz. Er weiss plötzlich nicht mehr, wie er sie ansprechen soll. Er hat sie zwei Monate nicht mehr gesehen, es ist gar nicht so einfach. Erinnert sie sich überhaupt noch an ihn?
Max nimmt allen Mut zusammen und geht jetzt direkt auf Rebi zu: «Hallo Rebi! - Sieht man dich auch wieder einmal? - Wie geht es dir?»
«Ach sie sind es, - mir geht es gut», stottert Rebi etwas verwirrt. Die Begegnung mit Max hat sie total überrascht. Erstens hat sie ihn nicht sofort erkannt und zweitens fällt ihr sein Name überhaupt nicht mehr ein.
«Bist du auf dem Weg zu unserm Platz?», fragt Max.
«Eigentlich nicht, ich hole eine Freundin ab, dann gehen wir schwimmen», antwortet Rebi und es fällt ihr immer noch nicht ein, wie er heisst.
«Darf