Verräter an Bord. Johannes Anders
Читать онлайн книгу.bis im Licht ihres Helmscheinwerfers der Eingang zur Kantine auftauchte.
„Da hinten sind Vorratsschränke!“ Cooper deutete links in den Raum. „Aber die sind aufgebrochen!“, stellte sie beim Näherkommen fest.
„Vielleicht war schon ein Bergungsteam hier“, überlegte Anne.
„Vor oder nach dem Angriff der Aliens?“
„Keine Ahnung. Mich interessiert mehr, ob sie was gefunden und mitgenommen haben.“
„Lass uns noch die Kabinen der Besatzung inspizieren. Oft haben die was zu naschen in ihren Schränken.“
*
Einige Tage später hatten sie alle Schiffe vollständig durchsucht, alle bis auf eins. Sie versuchten, durch eine verschlossene Luftschleuse einzudringen und stellten überrascht fest, dass sie sie erst entlüften mussten.
„Die hydroponische Anlage scheint noch zu arbeiten“, vermutete Queen Anne.
„Wenn es Überlebende gibt, dann finden wir sie mit Sicherheit hier.“
„Und ihre Lebensmittel auch!“
„Die Frage ist nur, ob sie bereit sind zu teilen.“
„Also schleichen wir uns an!“
Sie regelten ihre Helmleuchten herunter, so dass sie gerade noch den Weg erkennen konnten. Langsam schlichen sie von Gang zu Gang.
Plötzlich nahmen sie in der Ferne einen flackernden Lichtschein wahr. Auf Zehenspitzen schlichen sie näher. Hinter einer Säule verborgen beobachteten sie drei Menschen an einem Lagerfeuer, wahrscheinlich ein Bergungsteam. Einer war offensichtlich drogensüchtig im Endstadium. Die beiden anderen unterhielten sich.
„Wir warten so lange, bis Mari Ried uns abholt. Sie wird kommen. Ich bin ganz sicher“, sagte eine Frau.
Queen Anne griff sich an den Kopf. Das war der Beweis, dass es sich um ein Bergungsteam handeln musste, denn so naiv konnte sonst niemand sein. Zugleich ärgerte sie sich über ihre Vorurteile. Hatte sie sich nicht dem Widerstand angeschlossen, um die Bergungsteams an Wohlstand und Bildung teilhaben zu lassen? Aber daraus wurde nichts mehr. Das Schicksal war ein Zyniker: Sowohl die Ausbeuter als auch der Widerstand waren weg. Nur noch das Bergungsteam war übrig.
Jedenfalls drohte keine Gefahr. Queen Anne trat hinter der Säule hervor. „Hallo, Leute“, sagte sie.
„Habt ihr Lebensmittel gefunden? Ist noch was übrig?“
Der Drogensüchtige reagierte nicht. Der Mann und die Frau sahen sich an.
„Nur noch eine Ratte“, sagte der Mann mit großen Augen, die vor Gier fast aus den Höhlen quollen.
*
Sie hatten das Wrack noch einmal akribisch genau durchsucht, aber nichts gefunden. Das tagelange Hungern zehrte an ihnen. Chazz, Cooper und Queen Anne lagen apathisch am Boden. Sticks hatte aufgehört zu zappeln. Lebte er noch?
Ira fieberte. Sie wusste nicht, was sie so krank gemacht hatte. Ihr Körper war vom Hunger so geschwächt, dass es alles Mögliche sein konnte. Aber sie hatte ihre Ratte verteidigt. „Wenn ich sterbe, könnt ihr Cosmo nehmen“, hatte sie gesagt. „Und mich auch. Aber vorher nicht!“
Außerdem hatte sie darauf bestanden, im Hangar zu übernachten, damit sie Mari Ried nicht verpasste. Jemand musste das Tor öffnen, wenn sie mit der REVENGE kam.
Mitten in der Nacht war sie aufgewacht. Ihr Körper fröstelte und zitterte. Unsicheren Schrittes ging sie zur Außenwand und schaute durch eine Scheibe.
Die Sterne funkelten.
Ein großer Diskus näherte sich langsam dem Wrack und hielt vor dem Schott, direkt vor Iras Augen.
Auf der Hülle stand der Name REVENGE.
Aus einer Luke winkte Mari Ried ihr zu.
Endlich!
3 Die unfruchtbare Sonne
Nach und nach hatte sich die Crew zurückgezogen. Als Letzte übergab Eden Sturm ihren Posten an ALLISTER. So lange sie über die Einstein-Rosen-Brücke flogen, würde sowieso nicht viel passieren.
Eden fragte sich, was sie erwartete, während sie durch den Abschusskanal zur Phönix ging.
„Komm rein!“, lud Swo sie ein. Eden kletterte die Leiter zur Phönix hoch und er warf hinter ihr die Luke zu. Alle anderen waren schon da. Alle außer Sicherheitsoffizier Blum natürlich.
„Kann uns ALLISTER hier sehen?“, erkundigte sich Neno.
„Die Phönix ist ausgeschaltet“, erklärte Swo. „Hier kann niemand spionieren.“
„Ein paar Geräte sind noch auf Standby!“
„Das macht nichts. Und zur Sicherheit habe ich die Kameras abgeklebt.“ Swo deutete auf einige Kameras mit Panzertape vor der Linse. „Das hat schon einmal funktioniert. Mehr kann man nicht tun.“
„Also gut, du bist der Technikfreak. Warum hast du uns hierher gerufen?“
„Wir müssen etwas tun! Ich sage, dass der SSD-Mann nicht echt ist. Ich zweifle seine Autorisierung an. Die JAGELLOVSK mit dem richtigen Sicherheitsoffizier wurde sabotiert, um uns diesen falschen unterzuschieben. Er konnte es ja gar nicht abwarten, das Kommando an sich zu reißen und das Schiff zu entführen!“
„Dafür hast du keine Beweise!“, wandte Zaya ein.
„Wozu beweise?“, ereiferte sich Swo. „Es ist doch höchst wahrscheinlich, dass es so ist! Das sagt uns der gesunde Menschenverstand!“
„Leider können wir ALLISTER nicht bitten, die Wahrscheinlichkeit auszurechnen.“
„Sie wäre nicht sehr hoch“, meldete sich Coach Sturm. „Aber durchaus vorhanden.“
„Da hört ihr es!“, spann Swo seinen Faden weiter. „Es gibt eine respektable Wahrscheinlichkeit dafür, dass wir gerade entführt werden!“
„Sagen wir, es ist nicht völlig unmöglich“, milderte der Coach ab.
„Verdammt, jetzt reicht es mir aber, Coach! Dann sag uns die genaue Prozentzahl. ALLISTER hätte uns schon längst eine Prozentzahl genannt!“
„Ich bin nicht ALLISTER und die Datenlage ist viel zu dünn, um Prozentzahlen auszurechnen und eine Strategie darauf zu bauen.“
„Kommt, hört auf zu streiten“, beruhigte Zaya die Gemüter. „Wir wissen, dass hier etwas gewaltig aus dem Ruder läuft, aber wir wissen nicht genau, was. Deshalb tut gefälligst alle eure Pflicht, bis wir mehr herausgefunden haben oder Beweise für die Anschuldigungen finden. Und jetzt zurück an die Arbeit, marsch, marsch!“
*
Die MCLANE hatte ihren Überlichtflug beendet und trieb bereits einige Stunden im Leerraum. Die Stimmung an Bord war gereizt und wurde mit zunehmender Wartezeit noch gereizter. Die Untätigkeit machte der Besatzung zu schaffen und brachte manche auf seltsame Gedanken.
„Sicherheitsoffizier!“, ging Swo Blum an. „Worauf warten wir hier? Warten wir auf Ihre Kumpane, die bald kommen, um die MCLANE zu plündern?“
Blum grinste. „Sie haben eine überbordende Fantasie“, bescheinigte er dem Bordingenieur.
„Dann sagen Sie uns doch einfach, was wir hier machen!“, verlangte Zaya.
In diesem Moment verließ eine Sonde die Einstein-Rosen-Brücke und wurde auf der Astroscheibe angezeigt.
„Wir warten auf weitere Instruktionen“, antwortete Blum. „Und da sind sie auch schon.“
„Die Sonde trägt keine Hoheitszeichen“, gab Neno zu bedenken.
„Natürlich nicht“, erklärte Blum. „Die Instruktionen sind ja auch streng geheim. Auf Empfang schalten.“
„Halt!