Der Geruch von Heimat. Mona Checinski
Читать онлайн книгу.geschwächt und musste bei der Befreiung bereits getragen werden. Nahrung konnte sie keine mehr aufnehmen. Die kleine „Mutter“ Familie floh wie viele aus Westpreußen im Treck nach Westen und landete zunächst in Schleswig Holstein. Dort kamen sie bei einem großen Bauern unter und bewohnten dann ein altes Nebenhäuschen. Sie verdingten sich als Feldarbeiter. Mein Großvater fand nicht lange darauf wieder zu seiner Familie.
Sie waren jetzt Flüchtlinge und die Ärmsten der Armen.
Deutschland verteilte diese Heimatlosen über das ganze Land und so kam es, dass meine Großeltern im Süden Baden-Württembergs landeten. Dort erhielten sie eine Wohnung zugewiesen, in der sie bis zu ihrem Ende verblieben.
Durch schwerste Lungenerkrankungen sowie diversen Kriegsverletzungen wurde mein Großvater mit seinen 40 Jahren bereits zum Kriegsinvaliden und arbeiten wurde unmöglich. Seelische Verhärtungen und Überlebenskampf prägten besonders. Meinen Großvater habe ich als Kind bei den wenigen Besuchen eigentlich nur im Wohnzimmer sitzend, Pfeife rauchend, Nachrichten schauend und eher schlecht als gut gelaunt erlebt. Nicht mir gegenüber, seiner Frau gegenüber. Keine gute Ehe, die man zu damaligen Verhältnissen eben aushielt bzw. aussaß. Meine Oma verkrümelte sich so oft es ging in ein anderes Zimmer, am besten in die Küche und war trotz alledem immer von einer Art naiven Frohnatur beseelt, die sich allerdings schnell in eine Weinerlichkeit drehen konnte. So meine Wahrnehmung. Meine Halbschwester, die späterhin wesentlich mehr Kontakt mit meiner Großmutter hatte, erzählte mir erst kürzlich, dass auch sie meine Großmutter in vielen Gesprächen über die Vergangenheit weinen sah. Sie kam nur schlecht über die Kriegswunden hinweg. Diese Weinerlichkeit ging meinem Opa offenbar immer wieder sehr auf die Nerven. Zudem konnte er sich mit dem eher schlechten Deutsch meiner kaschubischen Oma nie so Recht abfinden.
Von den vielen Erzählungen meiner Mutter weiß ich, dass mein Großvater als Vater sehr oft, sehr hart agierte. Auch meine Tante hat mir von seinen dragonischen Strafmaßnahmen erzählt, die bis in das Erwachsenenalter der jungen Frauen reichten. Meine Mutter beispielsweise wäre als junges Mädchen bei einer seiner Erziehungsmaßnahmen einmal fast erfroren, aber das ist eine andere Geschichte.
Mit einem unehelichen Kind konnte sie also nun wirklich nicht kommen. Das war für die alten Leute einfach untragbar. Hatte man sich doch endlich in der neuen Heimat eine Basis geschaffen und wenigstens etwas Ansehen wiedererlangt. Was sollten die Leute sagen zu diesem unehelichen Kind und zudem noch von einem Ausländer? Und wer sollte soviel Nerven für ein kleines Balg aufbringen?
Das und die generell schwierige Situation einer Alleinerziehenden noch in den beginnenden 70ern bewog meine Mutter dazu, schlussendlich einen Vater für mich und einen Mann an ihrer Seite zu suchen. Gefunden und geheiratet hat sie wie schon weiter oben erwähnt einen verwitweten Schwaben mit Häusle, der uns beiden wohl gesonnen war.
*lesenswert zum Thema das Buch „Die Deutschen im Osten Europas. Eroberer, Siedler, Vertriebene“ erschienen im Spiegel Buchverlag
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.