Drei Monate in Dixie. Arthur James Lyon Fremantle

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Drei Monate in Dixie - Arthur James Lyon Fremantle


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vielen Menschen auf heftige Ablehnung stoßen, aber ich bin überzeugt, dass ein jeder aufrichtige Gentleman, ungeachtet seiner politischen Überzeugung, nicht umhin kann, den Mut, die Entschlossenheit und den Patriotismus der gesamten Bevölkerung ebenso zu bewundern wie das Geschick ihrer Anführer in diesem Kampf gegen einen übermächtigen Gegner. Auch glaube ich, dass sich die Mehrheit meiner Überzeugung anschließen wird, dass ein Volk, dessen Männer und Frauen aller gesellschaftlichen Schichten eine derartige Geschlossenheit und einen derartigen Heldenmut demonstrieren, der in der Menschheitsgeschichte unübertroffen dasteht, dazu bestimmt ist, früher oder später eine große und unabhängige Nation zu gründen.

      März und April 1863

      02. März 1863: Ich verließ England an Bord des königlichen Postdampfers Atrato und erreichte St. Thomas am Siebzehnten des Monats.

      22. März 1863: Gingen um 06.15 Uhr in Havanna vor Anker, wo ich meinen alten Freund Kapitän Hancock von Ihrer Majestät Fregatte Immortalité traf. Er besteht nicht nur darauf, mich als seinen persönlichen Gast nach Matamoros zu bringen, sondern ist auch einverstanden, einen texanischen Kaufmann sich uns anschließen zu lassen, dessen Bekanntschaft ich auf der Atrato gemacht habe. Der Name dieses Gentleman lautet McCarthy. Er ist gebürtiger Ire – ein prächtiger Bursche und ein glänzender Reisegefährte. Als er von meinem Wunsch erfuhr, den "wahren Süden" kennenzulernen, erklärte er sich freundlicherweise bereit, als mein Führer durch einen Teil der texanischen Wüsten zu fungieren. Ich bin Kapitän Hancock für seine Güte zu großem Dank verpflichtet.

      23. März 1863: Um 11.00 Uhr verließen wir Havanna an Bord der H.M.S. Immortalité. Nach Verlassen des Hafens wurden die Dampfkessel gelöscht und wir fuhren unter Segeln.

Grafik 14

      01. April 1863: Wir ankerten gegen 20.30 Uhr inmitten von etwa 70 Handelsschiffen fünf Kilometer vor der Mündung des Rio Grande (oder Rio Bravo del Norte, was meines Wissens sein korrekter Name ist).

      02. April 1863: Um 10.00 Uhr verließen der Texaner und ich die Immortalité in ihrem Kutter und überquerten die Sandbank ohne jeglichen Zwischenfall. Der Kutter wurde von Mr. Johnston, dem Segelmeister, gesteuert und da ein günstiger Wind wehte, näherten wir uns der Küste mit atemberaubender Geschwindigkeit und landeten nahe dem armseligen Dorf Bagdad am mexikanischen Ufer des Rio Grande.

      Glücklicherweise stellte die Sandbank kein Hindernis dar – sie lag etwa einen Meter unter Wasser und wies keine tückischen Aufhäufungen auf. Sie ist oft für Zeitspannen von zehn bis zwölf Tagen unpassierbar, da die Wassertiefe zwischen sechzig Zentimetern und anderthalb Metern schwankt. Aufgrund der starken Brandung und der herrschenden Unterströmung ist es eine sehr gefährliche Stelle, zumal sich hier auch etliche Haie tummeln. Boote kentern regelmäßig auf dieser Sandbank und vor etwa einem Monat verlor die Orlando hier einen Mann.

      Vor der Sandbank liegen ständig um die siebzig Schiffe vor Anker. Zwei kleine Dampfschiffe liefern ihnen von Bagdad aus mit beträchtlichen Verzögerungen ihre Baumwollladungen. Der Tiefgang dieser Dampfer beträgt lediglich einen knappen Meter und ihre Arbeit bringt ihnen einen enormen Profit ein.

      Bagdad besteht aus einem Häuflein erbärmlicher Holzhütten, die seit Kriegsbeginn aus dem Boden geschossen sind. So weit das Auge reicht, lagern hier Berge von Baumwollballen.

      Nach unserer Landung wurde McCarthy sogleich von seinen Kaufmannskollegen begrüßt. Er stellte mich einem gewissen Mr. Ituria vor, einem Mexikaner, der mir versprach, mich in seiner Kutsche nach Brownsville zu bringen, das am texanischen Ufer des Flusses gegenüber Matamoros liegt. McCarthy sollte mir am Abend nach Matamoros folgen.

      Der Rio Grande ist sehr kurvenreich und seicht; auf dem Wasserwege beträgt die Strecke nach Matamoros 105 Kilometer und der Fluss wird von Dampfschiffen befahren, die diese Entfernung gelegentlich in zwölf Stunden bewältigen, meist jedoch 24 Stunden benötigen, da sie wiederholt auf Grund laufen. Auf dem Landwege beträgt die Strecke von Bagdad nach Matamoros 55 Kilometer, auf der texanischen Seite nach Brownsville 40 Kilometer.

      Um 11.00 Uhr überquerte ich mit Mr. Ituria bei Bagdad den Fluss und da ich keinen Pass besaß, brachte man mich vor ein halbes Dutzend konföderierter Offiziere, die um ein Feuer herumsaßen und deren ganzes Interesse einer Pfanne mit Kartoffeln galt. Diese Offiziere waren Angehörige von Duffs Kavallerie (Duff war der Geschäftspartner meines texanischen Begleiters). Ihre Kleidung bestand lediglich aus Flanellhemden, sehr alten Hosen, Reitstiefeln mit enormen Sporen und schwarzen Filzhüten, an denen der Texasstern prangte. Ihr Aussehen war wild und schmutzig, aber sie behandelten mich sehr zuvorkommend.

      Der Captain schien mir ein Angeber zu sein und bemerkte unablässig: "Wir haben sie auf dem Mississippi verdroschen, wir haben sie auf dem Sabine (ausgesprochen 'Sabien') verdroschen und wir haben sie an unzähligen anderen Orten verdroschen!" Er erklärte mir, dass er den Fluss nicht überqueren könne, um McCarthy zu besuchen, da er drei Wochen zuvor mit einigen seiner Männer die Grenze verletzt hatte, um einige Renegadoes einzufangen, von denen sie einen namens Montgomery auf der Straße nach Brownsville "zurückließen". Am Grinsen der übrigen Offiziere konnte ich unschwer ablesen, dass diesem Montgomery wohl etwas ausgesprochen Unangenehmes zugestoßen sein musste. Er stellte mich einem Kapitän vor, der gerade mit seinem baumwollbeladenen Schooner aus Galveston eingelaufen und ob des geglückten Unternehmens sehr erleichtert war. Die Baumwolle hatte in Galveston sechs Cents das Pfund gekostet und ist hier 36 Cents wert.

      Mr. Ituria und ich brachen zur Mittagszeit nach Brownsville auf. Seine Kutsche ist ein leichter Gig auf vier großen Rädern. Die Straße ist ein natürlich ausgefahrener Weg. Die Landschaft ist recht eben und dicht mit Mesquitebäumen bewachsen, deren Aussehen sehr dem Pfefferbaum ähnelt. Jeder Mensch, den wir trafen, führte einen Sechsschüsser mit sich, obwohl dessen Gebrauch hier nur äußerst selten notwendig ist.

      Nachdem wir knapp 15 Kilometer zurückgelegt hatten, trafen wir auf General Bee, der die Truppen bei Brownsville befehligt. Er befand sich auf dem Weg nach Boca del Rio und reiste zusammen mit seinem Generalquartiermeister Major Russell in einem Ambulanzwagen (ein Ambulanzwagen ist ein leichter Wagen und verfügt für gewöhnlich über zwei Federn an der Hinterachse und eine querliegende Feder an der Vorderachse. Die Sitze können dergestalt arrangiert werden, dass zwei oder gar drei Personen ausgestreckt im Wagen liegen können). Ich überreichte ihm mein an General Magruder gerichtetes Einführungsschreiben und stellte mich vor.

      Hierauf stieg er von seinem Ambulanzwagen herab und verwöhnte mich mit einer Mahlzeit aus Rindfleisch und Bier unter freiem Himmel. Er ist der Bruder jenes General Bee, der bei Manassas getötet wurde. Wir unterhielten uns über Politik und tauschten über eine Stunde lang sehr freundschaftlich unsere Gedanken aus. Er gestand mir, dass er die Sache mit Montgomery nicht gutheißen könne und sie bedauere. Davis, ein anderer Renegado wäre ebenfalls getötet worden, hätte seine Gattin nicht Fürbitte für ihn eingelegt. General Bee hatte Davis schließlich den Mexikanern aushändigen lassen.

      Wir verabschiedeten uns von General Bee und eine halbe Stunde später erreichten wir die Stelle, an der Montgomery "zurückgelassen" worden war. Tatsächlich fanden wir ihn etwa 200 Meter links der Straße. Man hatte ihn oberflächlich verscharrt, aber sein Kopf und seine Arme lagen frei. Die Arme waren gefesselt und um seinen Hals hing noch der Strick, dessen anderes Ende von einem kleinen Mesquitebaum baumelte. Wahrscheinlich hatten Hunde oder Wölfe die Erde vom Leichnam gescharrt und es befand sich kein Fleisch mehr an seinen Knochen. Somit machte ich binnen drei Stunden nach meiner Ankunft in Amerika meine erste Erfahrung mit der hiesigen Lynchjustiz. Soweit ich es beurteilen kann, war dieser Montgomery ein Mann von ausgesprochen schlechtem Charakter und hatte im Vertrauen auf die Sicherheit des neutralen mexikanischen Bodens wiederholt vom Ufer bei Bagdad aus über den Fluss hinweg allerlei Beleidigungen wider die Konföderierten ausgestoßen. Zudem hatte eine Gruppe seiner Renegadoes den Fluss überquert und einige unbewaffnete Wagenführer eines Baumwolltransportes getötet, was den Zorn der Konföderierten erregte.

      Nach


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