Was spinn` ich und wenn Haar, wie Fiele?. Thomas Häring

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Was spinn` ich und wenn Haar, wie Fiele? - Thomas Häring


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längst Geschichte für sie sein hätte müssen. Aber so war es oft im Leben: Man vermißte meist das, was man nicht mehr hatte, obwohl es auch nicht das große Los gewesen war, das man seinerzeit gezogen gehabt hatte. "Was mir bei Frederik fehlt, ist das Animalische. Er ist immer so vernünftig und will alles mit dem Verstand ausdiskutieren. Er rastet auch nie aus, sondern debattiert lieber leidenschaftlich stundenlang, ohne dabei seine Contenance zu verlieren", beklagte sich Sophia und gähnte. Frida dachte sich ihren Teil, kam aber nicht umhin, darauf zu antworten. "Weißt Du, am besten wäre es, wenn Du eine Mischung aus Dummkopf und Hohlschuh hättest. Aber wahrscheinlich würdest Du auch an dem was auszusetzen haben." Sophia blickte pikiert auf. "Findest Du? Bin ich dermaßen anspruchsvoll und deswegen so schwer zu befriedigen? Glaubst Du etwa am Ende gar, daß es für mich gar keinen passenden Partner gibt, weil ich immer etwas finden werde, was mich an ihm stört?" Frau Altklug war nun durchaus etwas aufgebracht, weshalb ihre Freundin schnell versuchte, die Wogen zu glätten. "Nein, natürlich nicht. Aber Du liebst halt mal das Extreme und deshalb bist Du auch vom Frauenflüsterer zum Bienenzüchter gewechselt." "Ja, aber wenn ich gewußt hätte, was der Dummkopf für ein Holzkopf ist, dann hätte ich mich doch nie im Leben mit dem eingelassen." Frida schüttelte energisch den Kopf. "Von wegen! Dann erst recht! Die Womanizer sind es doch, die uns Frauen am allermeisten faszinieren. Wir wissen, daß sie untreu sind und genau das macht den Reiz aus, denn in unserer grenzenlosen Selbstüberschätzung sind wir felsenfest davon überzeugt, daß sie nur noch nicht die Richtige, nämlich uns, gefunden haben. Deswegen glauben wir, daß sie uns treu sein werden, da wir ihnen ja alles geben, was sie brauchen. Aber das ist ein fataler Irrtum! Männer, die fremdgehen, werden das ihr ganzes Leben lang tun, denn sie können und wollen nicht anders", bilanzierte Frida und stand auf. Sophia blieb wie erschlagen auf ihrem Stuhl sitzen. Das saß. "Wahrscheinlich hast Du Recht. Aber die Wahrheit will niemand gerne hören", konstatierte sie, bevor auch sie sich erhob. Danach bezahlten sie ihre Rechnung und verließen die Konditorei mit nachdenklichen Mienen.

      Die Stunde der Klarheit

      "Ich bin ein menschliches Wesen und ich habe Gefühle. Ich will so nicht mehr weiterleben. Das kann es doch noch nicht gewesen sein. Jeden Tag diese Demütigung! Was nützt es mir, wenn ich sämtliche Studentinnen aus einem Matrikel ins Bett bekomme, aber die einzige Frau, die mir wirklich das Wasser reichen kann, mit dem asexuellen Dekan rummacht, der noch an das Märchen von den Bienchen und den Blümchen glaubt", sinnierte ich. Selbstverständlich war ich mir im Klaren darüber, wie das Ganze immer wieder aufs Neue so automatisch funktionierte, daß man fast schon von einer physikalischen Gesetzmäßigkeit sprechen konnte. "Ich bin Merwin Dummkopf", stellte ich mich jedesmal zu Beginn eines neuen Semesters meiner Studentenschar vor und die lachte sich darüber erst mal ausgiebig kaputt. Aber schon recht schnell erntete ich dann immer die ersten bewundernden Blicke der Studentinnen, sobald jene nämlich festgestellt hatten, daß ich in der Tat mehr wie’n Dummkopf war. Es folgte also auf das befreiende Gelächter die angenehme Überraschung und so führte eines zum Anderen. Das Leben auf dem Campus langweilte mich schon seit geraumer Zeit. Alle Jahre wieder hielt ich dieselben Vorlesungen und die Fragen der Studenten wurden von Jahr zu Jahr dümmer. "Das Niveau singt, allerdings keine wirklich schöne Melodie", pflegte ich in der Mensa des Öfteren zu betonen und meine Professorenkollegen nickten dann jedesmal zustimmend. Klar, irgendwie war es schon auch eine geschützte, heile Welt, in der ich mich auf dem Universitätsgelände befand, aber andererseits machte mir genau das auch ziemlich zu schaffen. Ich, Merwin, hatte einen sicheren Job, verdiente gut und war ziemlich selbständig, mein Chef ließ mich weitestgehend in Ruhe, und dennoch gab es da viele Dinge, die mich unzufrieden stimmten. In meinem Leben gab es schon längst keine Überraschungen mehr. Die Studentinnen langweilten mich meistens im Bett, denn sie überließen mir die ganze Arbeit und da ich schon lange nicht mehr sonderlich kreativ war, gab ich mir auch bereits seit geraumer Zeit keine große Mühe mehr. Es schien mir vielmehr so, als wäre der Beischlaf mit meiner Wenigkeit mittlerweile zu einer Trophäe geworden, die jede Studentin ergattern wollte, um sich damit schmücken zu können. Die Meisten von ihnen schwärmten ohnehin nur von meinem riesigen Schlafzimmer, alles Andere war aus ihrer Sicht sowieso kaum der Rede wert. Und dann mußte ich auch noch jeden Tag Sophia über den Weg laufen, was mich zusätzlich zermürbte. Vielleicht sollte ich mich lieber versetzen lassen, aber welche andere Hochschule würde mich schon nehmen? Ich war kein besonders guter Professor, zwar auch keine Fehlbesetzung, aber eher so Mittelmaß. Von daher verwunderte es wenig, daß sich andere Universitäten nicht gerade um mich rissen. Ziemlich erledigt saß ich vor meinem extragroßen Fernseher und zog mir die Nachrichten rein. Überall nur Krieg und Terror, Zugunglücke, Naturkatastrophen, es war fast nicht mehr zum Aushalten. Dazu noch jene Flüchtlingswelle ungeahnten Ausmaßes, die überhaupt kein Ende mehr zu nehmen schien. Es waren unruhige Zeiten, in denen ich lebte, der DAX fiel im Stundentakt und meine Laune verschlechterte sich immer mehr, als es plötzlich an der Tür klingelte. Wer mochte das nur sein? Ich erhob mich aus meinem Chefsessel und trottete gedankenverloren zur Tür. Nachdem ich jene geöffnet hatte, bekam ich einen Schreck, denn vor mir stand eine meiner Studentinnen mit hochrotem Gesicht und einem kleinen Schreihals im Handgepäck. "Dumm fickt gut, aber Professor Dummkopf fickt natürlich besser. Wann erkennst Du endlich die Vaterschaft von Nicolai an und zahlst die Alimente, die mir zustehen?" wollte sie verärgert wissen. "Meine liebe Felizitas, ich habe es Ihnen schon einige Male erklärt und ich sage es Ihnen gerne noch mal: Das hier ist nicht mein Sohn, denn ich habe verhütet und demzufolge haben Sie von mir auch nichts ausgebrütet", machte ich deutlich und versuchte, die Tür wieder zu schließen. "Nein, so einfach kommst Du mir nicht davon, Professor Blödarsch. Ich bin von Dir schwanger geworden und das werde ich auch beweisen. Und zwar mit einem Vaterschaftstest", drohte sie mir. Ich lächelte vergnügt in mich hinein. "Dagegen habe ich überhaupt nichts einzuwenden, liebe Felizitas, denn es ist ja überall bekannt, daß Sie Ihre Verkehrspartner gerne und häufig wechseln", erläuterte ich. Sie schaute mich haßerfüllt an. "Das gilt für Dich aber ganz genauso, Professor Doofkopp." Ich erblaßte. Dieser Unitratsch war wirklich fürchterlich. "Ich kann es ja durchaus nachvollziehen, daß Sie nach dem finanziell am besten Betuchten als möglichen Vater Ausschau halten, um Ihrem kleinen Fratz eine sichere Zukunft garantieren zu können. Aber das ändert nichts daran, daß ich nicht der Vater Ihres Schreihalses bin. Und jetzt möchte ich bitte gerne wieder in Ruhe gelassen werden", ließ ich verlauten. Sie spuckte verächtlich aus, bevor sie mich warnte: "Das wird noch ein Nachspiel haben, Professor Arschgeige." "Ach, haben Sie das auch gelesen? Da hat doch tatsächlich so ein zerstreuter Professor seine 100000 Euro teure Bratsche in einer S-Bahn vergessen. Es ist wirklich unglaublich, was heutzutage alles passiert!" rief ich mit gespieltem Entsetzen. "Und wenn schon? Das wird noch ein Nachspiel haben", drohte mir Felizitas erneut, woraufhin sogar das kleine Baby wütend seine Faust reckte. "Na ja, das Vorspiel haben wir ja eh schon hinter uns gebracht", fiel mir dazu nur ein. Danach schloß ich die Tür und zog mich wieder in meine riesigen Räume ohne Nebenwirkungen zurück. "Frauen. Alles, was die wollen ist ein Baby. Was soll man da erwarten?" überlegte ich mir und griff danach mal wieder zur Flasche. Daraufhin ging es mir gleich viel besser.

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