Entfremdung und Heimkehr. Werner Boesen
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Texte: © Copyright by Dipl.-Kfm. Werner Boesen
Umschlaggestaltung: © Copyright by Dr. Bernd Floßmann
und Dipl.-Kfm. Werner Boesen
Verlag: Dipl.-Kfm. Werner Boesen
Postfach 116
67251 Freinsheim
www.wernerboesen.de
Druck: epubli ein Service der neopubli GmbH, Berlin
ISBN 978-3-7418-4342-6 (Buch)
ISBN 978-3-7418-4341-9 (Ebook)
Printed in Germany
Vorwort zur Neuauflage
Dieses Buch wurde im Jahre 1992 erstmals veröffentlicht unter dem Titel „Zwischen Entfremdung und Heimkehr“ und nach einigen Jahren mangels weiterer Nachfrage vom Markt genommen. Inzwischen ist natürlich viel geschehen. Ich hielt mich mit den hier behandelten Thematiken kraft anderweitiger beruflicher Orientierung im Hintergrund und beobachtete die fachlichen Auseinandersetzungen in unterschiedlichen wissenschaftlichen Richtungen sowie die Rechtsentwicklungen. Zudem war meine Familie gewachsen und in 1992 wurde mein viertes Kind geboren. Beruf und Familie gaben mir die Chance, diese hier behandelten Thematiken weitestgehend zu verdrängen. Doch mir war sehr früh klar, dass diese Verdrängung nicht dauerhaft möglich sein wird.
Anfang der 2000er Jahre gab es den ersten großen Denkanstoß. Im Jahre 2004 wurde der Heimkinderverband gegründet und ich überlegte mich dort zu engagieren. Doch die berufliche und familiäre Situation ließen mir weiterhin keine Wahl zur Beschäftigung mit meiner Heimkind-Vergangenheit.
Im Jahre 2008 erreichte mich eine Pressemitteilung, dass eine Bundestagskommission gegründet wurde, die zur Aufgabe hatte, das geschehene Unrecht an Heimkindern der 1950er und 1960er Jahre politisch aufzubereiten. Innerhalb von zwei Jahren, Ende 2010, sollte die Bundestagskommission einen Abschlussbericht erstellen. Nun konnte ich keine Zurückhaltung mehr üben und stellte der Bundestagskommission meine beiden Werke zur Verfügung und ließ sie wissen, dass ich für persönliche Gespräche nicht verfügbar sein möchte. Parallel betrieb ich nun meinen Heilungsweg, denn mir war bekannt, dass das Risiko von Re-Traumatisierungen bestand. Ich fing also an, mich mit den diversen Literaturquellen ehemaliger Heimkinder zu befassen und nach Aufnahme der Arbeit der Bundestagskommission verging kaum eine Woche, in der nicht aus der Tagespresse zu entnehmen war, was es Grausames aufzubereiten gilt. Plötzlich wurden weitere Thematiken pressemäßig zum Besten gegeben wie Kindesmissbrauch in der Familie, in öffentlichen Schulen (Fall Odenwaldschule). Ich rutschte tiefer in die Materie und landete dort, wo es die psychologischen Experten bereits erahnen ließen. Ich begann den Spagat zwischen Beruf, Familie und eigener Heilung zu vollziehen. Es ist gelungen dank meiner Überzeugung, dass ich die richtigen Mitmenschen auch in der Fachwelt finde, die mir primär mit Liebe und Wertschätzung begegnen. Auch wenn ich beides brauche, Liebe und Fachwissen, ist die Liebe Voraussetzung für eine Gesundung.
Nach erfolgreich abgeschlossener Berufslaufbahn startete ich nun mit einer neuen beruflichen Orientierung und gehe meinem schriftstellerischen Talent nach. Zuvor absolvierte ich nebenberuflich eine umfangreiche Qualifizierung zum Trauerbegleiter und lernte dabei, dass mein Schicksalsschlag zwar eine Minderheit in der Gesellschaft trifft, jedoch Mitmenschen auch andere Schicksalsschläge treffen, die nicht minder gravierend sind. So lernte ich auch die sogenannten Trennungs- und Scheidungskinder kennen, das heißt Kinder deren Eltern sich zu früh scheiden lassen und den Kindern damit teilweise tiefgreifende psychische Beschwerden verursachen. Ich nehme daher diese Thematik hier mit auf.
Das in 1992 veröffentlichte Buch hat in seinen wesentlichen Inhalten nichts an Aktualität eingebüßt. Ich habe sie daher weitestgehend übernehmen können und ergänze sie mit meinen zusätzlich gewonnenen Einsichten und Erkenntnissen. Den Titel habe ich neu gefaßt, denn auf die Entfremdung von Liebe zum Familienclan folgt nach vielen Jahren die Heimkehr zur Eigen- und Nächstenliebe. Es sollte daher letztendlich kein dazwischen mehr geben, denn dies entspricht einer seelischen Gleichgewichtsstörung. Ziel ist meine seelische Balance in Liebe und Freiheit zur Natur und zum Kosmos, für die Gläubigen zu Gott.
Geleitworte
„Dieses Buch ist der größten Kraft gewidmet, über die Sie verfügen, Ihrer Fähigkeit zu lieben, sowie all denen, die Ihnen helfen, die magische Wirkung dieser Kraft zu entfalten“
(Robbins 1992 S. 7).
„Jeder braucht dauerhaft liebevolle Bindungen zu anderen Menschen. Ohne solche Bindungen ist jeder Erfolg, jede Leistung hohl und leer“
(Robbins 1992 S. 38).
Jeremias Gotthelf sagte: „Die dummen Leute glauben immer, die Liebe sei nur eine Tugend, während sie die Kraft ist, welche einzig zur Ausübung der Tugend befähigt.“
„Das Böse entsteht immer da, wo die Liebe nicht ausreicht.“ „Den Sinn erhält das Leben einzig durch die Liebe. Das heißt: je mehr wir zu lieben und uns hinzugeben fähig sind, desto sinnvoller wird unser Leben. Phantasie und Einfühlungsvermögen sind nichts anderes als Formen der Liebe.“
(Hermann Hesse 1999 S. 258-259).
Was ist nun von Menschen zu halten, die meinen:
„Liebe allein genügt nicht!“?
Sie sind sich nicht mehr der Kraft der Liebe bewusst, denn sie ist die Basis allen Lebens.
Vielleicht sagen sie dies auch im Zustande geistiger Verwirrung oder Irritation. Mit dieser Aussage haben sie sich selbst disqualifiziert. Ihr Glaube an die Liebe ist zu schwach.
Heute tun mir diese Mitmenschen manchmal leid, dann verärgern sie mich doch beträchtlich, denn es ist Unsinn zu sagen „Liebe allein genügt nicht“. Erst die Liebe lässt uns wachsen.
Die Liebe genügt und braucht Reifung!
Liebe ist etwas individuelles, das wir geben. Es ist nichts Bürokratisches. Dies sollte jeder Kindesvermittler einer Behörde versuchen zu verstehen. Liebe ist nichts Statisches und unterliegt einem Reifungsprozess. Nicht nur für ehemalige Heimkinder ist daher die Aussage „Liebe allein genügt nicht“ eine Persiflage (lt. Duden, Das Fremdwörterbuch 2011 „feine, geistreiche Verspottung durch übertreibende od. ironisierende Darstellung bzw. Nachahmung“).
Eltern, die fremde Kinder zu sich nehmen, vollbringen eine Leistung für die Gesellschaft. Im Falle der Annahme behinderter Kinder ist diese Leistung immens. Kinder zu erziehen, bedeutet die Auseinandersetzung mit kindlichen und elterlichen Problemstellungen, die aus der Individualität des einzelnen resultieren.
„Die einzigen Menschen, die keine Probleme haben, liegen auf den Friedhöfen“
(Robbins 1992 s. 45).
Versuchen wir deshalb gemeinsam, uns der Herausforderung zu stellen, unschuldigen Kindern zur Familie zu verhelfen und sie nicht hinter kalte Mauern (Kinderheime) abzuschieben. Auch behinderte Kinder haben ein Recht auf eine Familie. Es gibt keine familienunfähigen Kinder, wie manch ein Bürokrat artikuliert.
Gebt Kinder nur dann in fremde Hände, wenn beide Elternteile verstorben sind oder sich die leiblichen Eltern nicht um ihre Kinder kümmern wollen oder sie gar misshandeln. Kinder bereichern die Gemeinschaft. Was wäre eine Welt ohne Kinder?
1. Wie eine Wiedergeburt …
So könnte man meinen, nachdem wir unsere Mutter nach vielen Jahren der Trennung wiedergesehen hatten.