Effi Briest. Theodor Fontane

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Effi Briest - Theodor Fontane


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seine Frau. Und Kunstenthusiasmus ist noch lange nicht das Schlimmste.

      BRIEST Du hättest dazu getaugt. Überhaupt hättest du besser zu Innstetten gepasst als Effi. Schade, nun ist es zu spät.

      LUISE Überaus galant! Jetzt ist er mein Schwiegersohn, und es kann zu nichts führen, immer auf Jugendlichkeiten zurückzuweisen.

      BRIEST Ich habe dich nur in eine animierte Stimmung bringen wollen.

      LUISE Ich bin in animierter Stimmung.

      BRIEST Und auch in guter?

      LUISE Ich kann es fast sagen. Aber du darfst sie nicht verderben. Nun, was hast du noch? Ich sehe, dass du was auf dem Herzen hast.

      BRIEST Gefiel dir Effi? Sie war so sonderbar, die ganze Zeit. Weiß sie noch nicht recht, was sie an ihm hat? Oder ist es einfach, dass sie ihn nicht recht liebt? Bei all seinen Vorzügen, er ist nicht der Mann, sich diese Liebe mit leichter Manier zu gewinnen.

      Pause

      LUISE Was du da sagst, Briest, ist das Gescheiteste, was ich seit Tagen von dir gehört habe. Aber ich glaube, wir können uns beruhigen.

      BRIEST Hat sie dir ihr Herz ausgeschüttet?

      LUISE So möcht ich es nicht nennen. Es fuhr alles bloß ruckweise und plötzlich aus ihr heraus und dann war es wieder vorüber. Aber gerade weil es so ungewollt und wie von ungefähr aus ihrer Seele kam, deshalb war es mir so wichtig. Ich fragte also rundheraus, wie's stünde, und ob sie vielleicht den Vetter Briest lieber heiraten würde... Er hatte ihr in Berlin sehr stark den Hof gemacht…

      BRIEST Und?

      LUISE Ein schnippisches Lachen. Der Vetter sei doch eigentlich nur ein großer Kadett in Leutnantsuniform. Und einen Kadetten könne sie nicht einmal lieben, geschweige heiraten. Und dann sprach sie von Innstetten, der ihr mit einem Male der Träger aller männlichen Tugenden war.

      BRIEST Und wie erklärst du dir das?

      LUISE Ganz einfach. Sie redet zwar von Liebe, sogar mit Nachdruck, aber doch nur, weil sie irgendwo gelesen hat, Liebe sei nun mal das Höchste, das Schönste, das Herrlichste. Aber sie empfindet nicht viel dabei. Wohl möglich, dass es alles mal kommt, aber noch ist es nicht da.

      BRIEST Und was ist da? Was hat sie?

      LUISE Sie hat nach meinem und auch nach ihrem eigenen Zeugnis zweierlei: Vergnügungssucht und Ehrgeiz.

      BRIEST Nun, das kann passieren. Da bin ich beruhigt.

      LUISE Ich nicht. Innstetten ist – von Streber will ich nicht sprechen, das ist er auch nicht, - ein Karrieremacher, und das wird Effis Ehrgeiz befriedigen.

      BRIEST Das ist doch gut.

      LUISE Aber es ist erst die Hälfte. Ihr Ehrgeiz wird befriedigt werden, aber ob auch ihr Hang nach Spiel und Abenteuer? Er wird sie nicht in einer geistigen Öde lassen, dazu ist er zu klug und zu weltmännisch, aber er wird sie auch nicht sonderlich amüsieren. Und was das Schlimmste ist, er wird sich nicht einmal recht mit der Frage beschäftigen, wie das wohl anzufangen sei. Das wird eine Weile so gehen, ohne viel Schaden anzurichten, aber zuletzt wird sie’s merken. Und dann wird es sie beleidigen. Denn so weich und nachgiebig sie ist, sie hat auch was Rabiates – und lässt es auf alles ankommen.

      SIEBEN

      Ankunft in Kessin. Oktober.

      INNSTETTEN Unsere guten Kessiner. ruft Roswitha! Dass sie wirklich gut sind, will ich nicht gerade behaupten, aber sie sind anders als die andern. Das ist Roswitha. Sie ist für dich da, wenn du was brauchst.

      EFFI Und ganz dahinten das, was aussieht wie eine große Zigarre?

      INNSTETTEN Das ist ein junges Krokodil. Doch nun zu Bett, es war ein langer Tag. Das Frühstück dann bei dir, den Tee regelmäßig bei mir. Dann kommt jeder zu seinem Recht, und ich bin gespannt, wo mir’s am besten gefallen wird.

      EFFI Das ist eine Morgen- und Abendfrage.

      INNSTETTEN Gewiss, aber wie sie sich stellt, oder richtiger, wie wir uns dazu stellen, das ist es eben.

      ACHT

      Kessin. Oktober.

      EFFI Geert!... Geert!...

      INNSTETTEN Schon? Roswitha, sag Kruse, in zehn Minuten bin ich soweit.

      EFFI Schon, sagst du. Natürlich um mich zu verspotten.

      INNSTETTEN Effi, du bist ein entzückendes, liebes Geschöpf. Du weißt gar nicht, wie sehr ich's finde und wie gern ich dir in jedem Augenblick zeigen möchte, dass ich's finde.

      EFFI Nun, dazu ist ja noch vollauf Zeit, ich bin ja erst siebzehn und habe noch nicht vor zu sterben.

      INNSTETTEN Wenigstens nicht vor mir. Freilich, wenn ich dann stürbe, nähme ich dich am liebsten mit. Ich will dich keinem anderen lassen hier.

      EFFI Ich spreche nicht gern von Tod, ich bin für Leben. Und nun sage mir, wie leben wir hier? Dass in Kessin alles anders ist als in Hohen-Cremmen , das sehe ich wohl, aber wir müssen doch auch so etwas wie Umgang und Gesellschaft haben.

      INNSTETTEN In der Nähe haben wir ein paar Adlige, die du kennenlernen wirst, aber hier in der Stadt ist gar nichts.

      EFFI Ihr seid doch bis zu dreitausend Menschen, und unter dreitausend Menschen muss es doch auch noch eine Elite geben, Honoratioren oder dergleichen.

      INNSTETTEN Ja, natürlich haben wir einen Prediger und einen Amtsrichter und einen Rektor, und von solchen Leuten findet sich schließlich wohl ein ganzes Dutzend zusammen, aber die meisten davon: gute Menschen und schlechte Musikanten.

      EFFI Du bist in einer spöttischen Laune, Geert, und magst auch wohl recht haben. Aber ich muss dir gestehen, dass ich dies alles entzückend finde. Gleich gestern Abend das merkwürdige Schiff draußen im Flur. Dahinter der Haifisch und das Krokodil. Alles so orientalisch, alles wie bei einem indischen Fürsten ...

      INNSTETTEN Meinetwegen. Ich gratuliere, Fürstin... Er will los.

      EFFI Und dann oben der Saal mit seinen langen Gardinen, die über die Diele hinfegen.

      INNSTETTEN Was weißt du denn von dem Saal, Effi?

      EFFI Nichts, als was ich dir eben gesagt habe. In der Nacht war mir, als ob ich Schuhe auf der Erde schleifen hörte. Und als würde getanzt und fast auch wie Musik. Aber alles ganz leise. Das hab ich dann Roswitha erzählt. Und da sagte sie mir, das sei von den langen Gardinen oben im Saal. Ich denke, wir machen kurzen Prozess damit und schneiden die Gardinen etwas ab oder schließen wenigstens die Fenster. Es wird ohnehin bald stürmisch genug werden. Mitte November ist ja die Zeit.

      INNSTETTEN Du hast ganz recht, Effi, wir wollen die Gardinen kürzer machen. Aber es eilt nicht damit, umso weniger, als es nicht sicher ist, ob es hilft. Es kann auch was anderes sein, im Rauchfang oder der Wurm im Holz oder ein Iltis. Wir haben hier nämlich Iltisse...

      EFFI Iltisse...

      INNSTETTEN Ja, Iltisse. Eh wir Änderungen vornehmen, musst du dich in unserem Hauswesen erst umsehen. Und dann machst du Toilette, nur ein ganz klein wenig, denn eigentlich bist du so am reizendsten – Toilette für unseren Freund Gieshübler. Er ist unsere beste Nummer hier, Schöngeist und Original und vor allem Seele von Mensch. Das mit dem Saal oben wollen wir noch überlegen. Es wird aber wohl am besten sein, wir lassen


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