Der Frosch mit der Maske. Edgar Wallace

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Der Frosch mit der Maske - Edgar Wallace


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      »Georgia«, war die Antwort, und diesmal machte der Hausierer keinen Versuch mehr, seine Sprache zu verstellen.

      Elk streckte die Hand aus. »Zeigen Sie mal Ihre Lizenz!«

      Ohne Zögern wies der Mann den geschriebenen Polizeierlaubnisschein vor, der ihn zum Straßenverkäufer ermächtigte. Er lautete auf den Namen »Joshua Broad« und war in Ordnung.

      »Sie sind nicht aus Georgia –«, sagte Elk, »aber das macht nichts. Sie sind aus Hampshire oder Massachusetts.«

      »Connecticut, um ganz genau zu sein«, sagte der andere kühl. »Aber ich habe in Georgia gewohnt. Brauchen Sie keinen Schlüsselring?« In seinen Augen zeigte sich ein belustigtes Zwinkern.

      »Nein, ich habe nie einen Schlüssel besessen, habe nie etwas Einschließenswertes gehabt«, sagte Elk und befingerte die Sachen auf dem Brett. »Das ist aber kein guter Platz hier.«

      »Nein«, sagte der Hausierer, »viel zu nahe bei Scotland Yard, Herr Elk.«

      »Woher kennen Sie mich?«

      »Das tun doch die meisten! Nicht?« fragte der Mann unschuldig.

      Elk musterte den Hausierer von den Sohlen seiner starken Schuhe bis zu dem durchweichten Hut und ging mit einem Nicken weiter. Der Händler sah dem Detektiv nach, bis dieser außer Sicht war, dann befestigte er das Wachstuch wieder über seinem Tragbrett, schnallte es fest zu und ging in der Richtung, die Elk eingeschlagen hatte, weiter.

      Als Ray Bennett aus Maitlands Haus trat, um zum Mittagessen zu gehen, sah er einen schäbigen und schwermütig aussehenden Mann an der Ecke des Gehsteiges stehen, der ihm aber nur einen flüchtig schweifenden Blick schenkte. Er kannte Elk nicht und ihm fiel auch nicht auf, daß er von jenem in das kleine Wirtshaus verfolgt wurde, wo Philo Johnson und er ihr bescheidenes Essen einzunehmen pflegten. Der Beobachter würde Ray sicherlich sonst unter keinen Umständen entgangen sein, aber in seiner heutigen Gemütsverfassung hatte er keinen anderen Gedanken als den an sich selbst und an das beleidigende Gehaben des alten, rübezahlbärtigen Maitland.

      »Dieser alte Teufel ...!« sagte er, als er neben Johnson einherging. »Einen zehnprozentigen Gehaltsabzug zu machen und damit gerade bei mir anzufangen! Und die Morgenzeitungen schreiben heute, daß er für das ›Nord-Spital‹ fünftausend Pfund gespendet hat.«

      »Er ist ein wohltätiger Bursche, aber was den Abzug anbetrifft, so wollte er Sie einfach loswerden«, sagte Johnson fröhlich. »Was nützt das Schelten? Der Handel liegt darnieder, und die Börse ist toter als Ptolemäus. Der Alte wollte Sie abbauen. Er meinte, Sie wären irgendwie überflüssig. Aber wenn Sie doch darüber die idealere Seite des Lebens nicht vergessen wollten, Ray?«

      »Idealere Seite!« schnaubte der junge Mann, und sein Gesicht wurde rot wie Mohn. »Ich habe das Gehalt eines kleinen Jungen, und ich brauche entsetzlich viel Geld, Philo.«

      »Wenn ich so denken würde wie Sie, so müßte ich verrückt werden, oder zumindest ein großer Verbrecher. Ich verdiene kaum fünfzig Prozent mehr als Sie, und doch vertraut mir der alte Herr Hunderttausende an. Die Kunst, glücklich zu sein«, sagte er, »besteht darin, keine Bedürfnisse zu haben. Dann erhält man immer mehr, als man nötig hat... Wie geht es Ihrer Schwester?«

      »Danke gut«, sagte Ray gleichgültig. »Ella hat dieselbe Veranlagung wie Sie. Es ist leicht, die Sorgen anderer Leute als Philosoph zu betrachten ... Wer ist denn dieser merkwürdige Mensch?« fügte er hinzu, als ein Mann an dem Tisch, der dem ihrigen gegenüberlag, Platz nahm. Philo, der ein wenig kurzsichtig war, setzte sein Glas auf.

      »Das ist Elk, einer von Scotland Yard«, sagte er und lachte dem Neuankömmling zu. Ein Wiedererkennen, das zu Rays Ärger und Unbehagen den kümmerlichen Mann an ihren Tisch heranbrachte.

      »Mein Freund, Herr Bennett ... Inspektor Elk.«

      »Sergeant«, verbesserte Elk fest. »Das Schicksal war in Angelegenheiten der Beförderung immer grausam gegen mich. Warum ein Mann die Diebe leichter erwischen soll, wenn er weiß, wann Washington geboren wurde oder wann Napoleon Bonaparte gestorben ist, habe ich nie begriffen ... Essen Sie jeden Tag hier, Herr Bennett?«

      Ray nickte.

      »Ich glaube, Ihren Herrn Vater zu kennen – John Bennett.«

      Ray stand in Verzweiflung auf, entschuldigte sich mit Zeitmangel ließ die beiden allein.

      »Ein hübscher Junge«, nickte Elk und sah Ray Bennett lange nach.

      5

      Elk begleitete Johnson in sein Büro zurück, und als sie sich dem Bankpalast der Vereinigten Maitlands näherten, brach Herr Johnson mitten in der interessanten Darlegung seiner Philosophie ab und beschleunigte den Schritt. Elk sah auf dem Gehsteig vor ihnen Ray Bennett und neben ihm die schmale Gestalt eines Mädchens. Sie wendete den beiden Männern den Rücken zu, aber Elk erriet sogleich, daß es Ella Bennett war. Er hatte sie zweimal vorher gesehen und besaß ein wunderbares Gedächtnis für Rückenlinien. Als Johnson auf sie zustrebte, grüßte Ella ihn mit einem freundlichen Nicken.

      »Das ist ein unerwartetes Vergnügen, Fräulein Bennett.« Johnsons gemütliches Gesicht erglühte rosig, und Elk stellte fest, daß sein Handschlag noch wärmer und herzlicher war als sonst.

      »Ich wollte heute gar nicht in die Stadt kommen, aber Vater ist wieder auf einem seiner Ausflüge fort«, sagte sie. »Und ganz komisch – wenn ich nicht genau wüßte, daß sein Zug schon vor zwei Stunden abgefahren ist, so würde ich schwören, ihn soeben auf einem Autobus gesehen zu haben.«

      »Mein Freund, Herr Elk«, stellte Johnson ein wenig ungeschickt vor.

      »Es freut mich, Sie kennenzulernen, Fräulein Bennett«, sagte Elk.

      Ray verabschiedete sich, und Ella sprach zu ihrem Bruder noch ein leises Wort. Elk sah, wie der Junge die Stirn runzelte.

      »Nein, nein, ich werde nicht mehr so spät kommen«, sagte er so laut, daß der Detektiv es hörte. Er zog den Hut und war schon im Tor verschwunden. Ella sah ihm mit einem kleinen schmerzlichen Mundzucken nach, dann nahm sie sich zusammen, reichte Johnson die Hand, grüßte Elk mit einem leisen Neigen ihres Hauptes und ging.

      »Haben Sie Fräulein Bennett schon gekannt?«

      »Oberflächlich«, antwortete Elk mürrisch. »Oberflächlich kenne ich fast jeden. Gute und schlechte Leute. Je besser sie sind, desto weniger kenne ich sie. Auf Wiedersehen!«

      Als Johnson die Treppe zu Maitlands Haus hinaufstieg, schlenderte Elk ziellos fort. Er überquerte die Straße und blieb stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden. Es war vier Uhr, und ein Taxi hielt vor der Tür der Vereinigten Maitlands und wartete. Elk sah wenige Minuten später den alten Maitland herauskommen, hastig, weder rechts noch links blickend. Elk betrachtete ihn mit mehr als dem gewöhnlichen Interesse. Er kannte den Finanzier vom Sehen her und hatte zwei oder drei Besuche im Büro gemacht, die mit ein paar kleinen, von Aufwartefrauen begangenen Diebstählen in Verbindung standen. So war er auch mit Philo Johnson bekannt geworden, denn der alte Mann hatte die Unterredung seinem Angestellten überlassen. Elk schätzte Maitland auf fast siebzig Jahre, und zum ersten Male überkam ihn die Neugier, wo er wohnen mochte. Es kam ihm als eine merkwürdige Tatsache zum Bewusstsein, daß er nicht das geringste über den Finanzier wußte und daß Maitland die einzige der Stadtgrößen war, über die die Zeitungen nichts schrieben.

      Als das Auto davonfuhr, konnte Elk dem Anreiz nicht widerstehen und winkte einen zweiten Wagen heran.

      »Verfolgen Sie das Auto!« sagte er. Und der Fahrer nickte ohne Frage, denn es gab keinen Chauffeur in den Straßen von London, der den melancholischen Polizeimann nicht gekannt hätte. Der erste Wagen fuhr schnell in der Richtung nach London-Nord und hielt bei einem belebten Straßenknotenpunkt in Finsbury-Park. Maitland stieg aus und eilte um die Ecke, eine belebtere Straße entlang, und Elk folgte ihm auf den Fersen. Der Alte ging eine kleine Strecke, dann stieg er in einen Straßenbahnwagen. Elk sprang hinter ihm auf, als der Wagen sich eben in Bewegung setzte. Der Alte fand einen


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