Feuer im Schloss. Edgar Wallace

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Feuer im Schloss - Edgar Wallace


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Leute kannten die Mayfords. Sie sind doch der Schwager von Lord Arranways?«

      Fünf Minuten später gingen die zwei auf dem Rasen draußen auf und ab und tauschten Erinnerungen an Ottawa aus, obwohl keiner von beiden noch viel darüber wußte.

      Mr. Lorney beobachtete sie von der Gaststube aus lächelnd, was bei ihm eine Seltenheit war.

      Mary kannte Miss Jeans nicht und interessierte sich auch kaum für das junge Mädchen, als Dick ihr von seiner Begegnung erzählte.

      »So, ist sie wirklich so charmant? Na ja, kanadische Mädchen sind meistens nett. – Was macht sie denn hier?«

      Dick erzählte seiner Schwester, was er von Anna wußte, und zwar in einem so begeisterten Ton, daß Mary ihn von der Seite ansah.

      »Aber Dick, du schwärmst ja! Das ist man bei dir wirklich nicht gewohnt. – Solltest du dich in sie verliebt haben?« meinte sie leichthin.

      Sie war an dem Tag in bester Laune, denn die französische Polizei hatte ihr verlorenes Brillantarmband bei einem Juwelier in Nizza gefunden. Sie erzählte beim Abendessen davon.

      »Es wird dreihundert Pfund kosten, es wieder einzulösen«, äußerte der Lord. Er sah Keith an und fuhr dann fort: »Ich möchte Ihnen einen Rat geben, junger Mann«, sagte er wohlwollend.

      Kellers Gesicht glich einer Maske.

      »Sicher ist es ein guter Rat, wenn Sie ihn mir geben.«

      »Lassen Sie das Wetten bei den Rennen. Ihr Vater mag so reich sein, wie er will, die Buchmacher werden Ihnen den letzten Groschen aus der Tasche ziehen. Lassen Sie sich nicht durch das Glück von Mr. Lorney verleiten. Der hat zwar eine Menge gewonnen, aber, wer weiß, mit wie vielen Buchmachern er unter einer Decke steckt.«

      »Was hältst du denn plötzlich für Moralpredigten?« fragte Mary.

      »Ich traf Mr. Dane von der Berliner Gesandtschaft. Der sagte mir, daß er Mr. Keller dort auf einem Rennen getroffen hätte. – Wie ein betrunkener Matrose soll er gewettet haben. Verzeihen Sie den starken Ausdruck, aber ich zitiere nur, was Mr. Dane sagte.«

      Keith Keller lächelte.

      »Na ja, ich werde mit den Jahren schon vernünftiger werden. Zur Zeit hat mein Vater noch Geld genug.«

      Dick sah den schnellen Blick, den Mary dem jungen Mann zuwarf, und fühlte eine gewisse Nervosität in sich aufsteigen.

      4

      Anna Jeans konnte glänzend Tennis und Golf spielen und war außerdem eine elegante Reiterin. Dick verbrachte die nächsten Tage fast ausschließlich in ihrer Gesellschaft: Morgens begleitete er sie auf Spazierritten in die schöne Umgebung von ›Arranways Hall‹, und nachmittags trafen sich die beiden im kleinen Salon des Gasthauses, wo ein Flügel stand, auf dem Anna nun ihrerseits die Begleitung zu. Dicks Liedern übernahm.

      Keith Keller und Mary gingen zum Gasthaus, tranken dort Tee und lernten dabei die junge Dame kennen. Mary fand sie wirklich entzückend, aber Keith ließ sich zu keinem Lob hinreißen; er erklärte, solche Art Mädchen wären nicht sein Typ.

      »Welchen Typ liebst du denn eigentlich?« fragte Mary, als sie durch den Wald zurückgingen.

      Er griff nach ihrer Hand, aber sie wollte davon nichts wissen. »Eddie ist in der Nähe«, sagte sie schnell.

      Sie hatte recht, denn nach einer Weile trafen sie ihn. Mary machte ein äußerst gelangweiltes Gesicht, und Keith fing sofort ein Gespräch mit dem Lord an. Er hatte vor einigen Tagen die ganze Bibliothek seines Gastgebers durchwühlt und alles gelesen, was dort der Lord je geschrieben hatte. Da er sich eben an einem Werk über die Reform der indischen Verwaltung versuchte und fast den ganzen Tag nicht zu sehen war, konnte man einigermaßen mit ihm auskommen, und wenn man ihn mal traf, hatte man immer einen Gesprächsstoff, besonders, wenn man so geschickt war wie Keith Keller.

      Der ›Alte‹ stand im Schatten des Waldes und wartete, bis die letzten Lichter in Schloß ›Arranways‹ erloschen. Er beobachtete Dick, der um elf aus dem Gasthaus zurückkehrte, und sah, wie nach einer Weile auch in dessen Zimmer das Licht ausging. Dann schlich er sich näher an das Schloß heran, wobei er jeden Strauch und jeden Schatten zur Deckung benützte. Nach einiger Zeit war er auf der Rückseite des Gebäudes angelangt.

      Die Wolken, die den Mond verdeckten, waren vorübergezogen, und es war fast taghell, als er den Rasen vor dem Haus überqueren mußte.

      Mit äußerster Geschicklichkeit kletterte er an den dicken Efeustämmen hinauf, während er mit den Zähnen eine Tasche festhielt. Gleich darauf stand er oben auf dem kleinen Balkon, wenige Schritte von einer hohen Glastür entfernt, in deren Fenster vier farbige Wappen eingelegt waren. Er holte einen kleinen Meißel aus der Tasche, mit dem er geräuschlos arbeitete. Schon einmal war er auf diese Weise ins Schloß eingedrungen, denn dies war die einzige Tür, die nicht durch eine elektrische Alarmanlage gesichert war.

      Plötzlich hielt er inne, drückte auf die Türklinke und öffnete die Tür. Im nächsten Augenblick stand er im Innern. Er hielt an, schloß die Glastür vorsichtig und lauschte. Als er ein Geräusch hörte, trat er in eine Nische, die durch einen Vorhang verdeckt war.

      Eine Tür im Korridor ging auf, und ein Herr im Pyjama blickte suchend den dunklen Gang entlang. Keith Keller entdeckte den ›Alten‹ nicht. Dann trat er wieder in sein Zimmer zurück und schloß die Tür geräuschlos hinter sich. Der ›Alte‹ wartete einen Augenblick.

      Da – beinahe hätte er durch die Zähne gepfiffen –, gerade als er sein Versteck verlassen wollte, hörte er leichte Schritte auf dem Gang. Eine Frau. Jetzt ging sie an einem Fenster vorüber, und im Mondlicht erkannte er Lady Arranways. Über ihrem Nachthemd trug sie einen seidenen Morgenrock, und in der Hand hatte sie eine brennende Zigarette.

      Einen Augenblick blieb sie stehen und sah den Weg zurück, den sie gekommen war. Dann ging sie zu Kellers Tür und klopfte leise. Sofort wurde geöffnet. Der ›Alte‹ hörte, daß sich der Schlüssel im Schloß drehte.

      Dann kam er hinter dem Vorhang hervor und ging den Korridor in dem totenstillen Haus entlang.

      5

      Tom Arkright, ein Arbeiter von der ›Waggin Farm‹, sagte später, er hätte den ersten Alarm geschlagen, aber Mr. Lorneys Wagen hielt bereits zehn Minuten vor Ankunft des Dorfpolizeibeamten vor dem Tor des brennenden Schlosses. Selbst in der mondhellen Nacht konnte man die züngelnden Flammen auf weite Entfernung sehen. Rauch drang aus den Fenstern des ersten Stocks, als Mr. Lorney den kurzen Weg zur Auffahrt zurücklegte. Er sprang aus dem Wagen und hämmerte gegen die Haustür.

      Dick Mayford hatte einen leichten Schlaf. Er hörte das Hämmern, und es schien ihm auch, als ob er Brandgeruch spürte. Er stand auf und eilte aus seinem Zimmer.

      »Ich glaube, ich weiß, in welchem Zimmer es brennt«, rief ihm Lorney zu, der gerade die Treppe in großen Sätzen hinaufrannte. »Es ist das sechste Fenster von der Ecke.«

      Als sie um die Ecke bogen, stand Lord Arranways schon auf dem Gang.

      »Hier schläft doch Keller!« sagte Arranways. »Dick, wecke Mary und bring sie nach unten. Sie soll sich nicht aufregen, es ist nicht gefährlich.«

      Lorney wickelte sich sein Taschentuch um die Hand und versuchte die Tür zu Kellers Zimmer aufzumachen, aber er mußte sich mit aller Gewalt dagegenstemmen, bis das Holz splitterte und die Füllung brach. Dichter Rauch wirbelte Lorney entgegen. Er tastete durch das Loch und drehte den Schlüssel um.

      »Warten Sie hier vorn und schließen Sie die Tür, wenn ich hineingegangen bin.«

      Drinnen wurde er sofort von gelblichgrauen Wolken eingehüllt. Links von ihm flackerten Flammen auf, und er sah einen Mann auf dem Boden liegen. Rasch bückte er sich und richtete ihn auf.

      Keller war nicht ganz bewußtlos. Er flüsterte Lorney ein paar bittende Worte zu, als dieser ihn zur Tür zog,


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