Marken sind die DNA eines Unternehmens. Manfred Enzlmüller

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Marken sind die DNA eines Unternehmens - Manfred Enzlmüller


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erklären, warum ein so simples Konzept wie das der Rosamunde Pilcher-Geschichten in unserer kalten und leistungsorientierten Gesellschaft perfekt funktioniert und Millionen vor den Fernsehzuschauern schmachten lässt. Wenn das so ist, dann würde sich vieles, was man über die Wirkung von Marken sagt, erklären lassen. Warum?

      Marken haben das, was andere nicht haben

      Jedem Rosamunde Pilcher-Fan ist klar, dass er nicht die innovative Geschichte serviert bekommt, und doch sind die Filme und Romane längst Kult geworden. Bei Marken funktioniert es ähnlich. Warum? Marken ver­mitteln genau wie die angesprochenen Filme und Romane das, was Menschen vermissen und suchen: ein wenig „Heile Welt“ für zu Hause, einfach zum Mitnehmen.

      Marken funktionieren ähnlich. Sie zeigen Produkte und Dienstleistungen in wildromantischen Landschaften, in edlen Häusern, an ungewöhnlichen Orten. Mit unvergleichlichem Charme werden Zutaten, wie Glück, Familie und Kinder, so zusammengemixt, sodass sogar ansonsten eher nüchterne Personen zu überzeugten Käufern einer bestimmten Tee- oder Kaffeesorte werden. Genau wie in Rosamunde Pilchers Büchern und Filmen spielen bei der Markenentwicklung Begriffe wie Sehnsucht, Liebe, Treue, Freundschaft und Vertrauen tragende Rollen.

      Kein Wunder, dass Menschen Marken lieben

      Denn Marken laden ganz einfach zum Träumen ein. Beispielsweise lassen Kosmetikmarken Falten im Nu dahinschwinden und vermitteln damit das Gefühl der ewigen Jugend. Wenn es auch immer noch Leute gibt, die der Meinung sind, dass Menschen Entscheidungen in erster Linie rational und völlig sachlich treffen, beginnen so manche ernsthaft zu zweifeln, wenn der gleichaltrige Lebenspartner sich plötzlich in jemanden verliebt, der zwanzig Jahre­ jünger ist, und von der wiedergewonnenen Jugend faselt, indem er sich mit Jeans und Sportschuhen in einen unbequemen Sportwagen zwängt und lässig die Straße hinunterbraust oder sich plötzlicheiner Schönheitsoperation unterziehen will. Typisch, klischeehaft, alles nur Geschichten – ja, das stimmt, und doch ist unsere Welt voll davon. Warum? Ganz einfach, das menschliche Hirn liebt Geschichten. Warum? Weil unser Gehirn eben kein großer unpersönlicher Festplattenspeicher ist, auf dem alles Erlebte nur abgespeichert ist und von dem man mit

       einem Klick die passende Ent­scheidungshilfe abrufen kann. Nein, sondern unser Hirn sucht unbewusst über Reize nach Anknüpfungspunkten. Und Geschichten liefern eine Menge an positiven genauso wie negativen Anknüpfungspunkten. Wie funktioniert das?

      Bleiben wir bei unserem Beispiel. Nehmen wir an, es handelt sich um einen Mann mittleren Alters. Warum vollbringt er eine für viele so unverständliche Handlung und warum muss es gerade ein Mädchen sein, das eigentlich seine Tochter sein könnte. Die Geschichte beginnt damit, dass er ihr durch eine Unachtsamkeit den Kaffeebecher über den Rock gießt. Es folgen Entschuldigungen seinerseits und so weiter. Sie aber nimmt das alles ganz und gar gelassen. Das faszinierte ihn – weiter nichts. Am nächsten Tag, als er sie zufällig wieder sieht, erinnert er sich ganz plötzlich an eine längst vergessene Sache. Mit einem Mal weiß er, von woher er dieses Lächeln kennt. Es erinnert ihn an seine erste „große Liebe“ – Marianne, sie setzte genau dieses verschmitzte Lächeln auf, wenn er sich wieder einmal tollpatschig verhalten hatte. Es ist schon erstaunlich, durch welche einfachen Reize unser Gehirn die Verbindung zu einer seit Langem im episodischen Gedächtnis abgelegten Geschichte herstellen kann. Zurück zum Vergleich: Ab diesem Zeitpunkt begann bei unserem Probanden das Unbewusste von rational auf emotional umzustellen. Bilder von damals wurden wachgerufen und so weiter. Den Rest der Geschichte kennen wir schon. Marken funktionieren­ eben genauso, wie unser Gehirn es mag, sie erzählen Gesichten und sie belohnen uns.

      Kehren wir doch noch einmal zu unserem Mittvierziger zurück. Die Frage ist: Wie und wo wurde der rationale Bewertungsprozess unterbrochen und wann setzte für ihn der Belohnungseffekt ein? Einfach gesprochen, ohne auf die tatsächlichen Lebensumstände einzugehen – er bekam durch die neu gewonnene Liebe plötzlich wieder das Gefühl, jung und begehrt zu sein und so verhielt er sich auch. Die Frage ist: Funktioniert das nur im zwischenmenschlichen Bereich oder kann das bei Marken auch so funktionieren? Marken erzeugen in unserem Unbewussten durch die Geschichte, die sie erzählen, ein Vorstellungsbild, das, wenn es mit unseren persönlichen Werten übereinstimmt, uns zum Handeln veranlasst. Andere vermitteln Werte, die einer bestimmten Zielgruppe besonders wichtig erscheinen, und setzen diese kraftvoll in Szene. Marken schaffen damit etwas, was Menschen in Beziehungen besonders wichtig ist: Vertrauen. Warum ist das so bedeutend? Psychologen definieren den Begriff Vertrauen als eine Annahme dafür, dass eine Entwicklung einen positiven oder erwarteten ­Verlauf nehmen wird.

      Genau das ist das Ziel von Marken. Sie wollen in den Köpfen der Menschen­ positive Erwartungen erzeugen. Marken werden somit nicht von Herstellern bestimmter Produkte gemacht, sondern entstehen im Kopf des Konsumenten.­ Eine Marke vermittelt eine einzigartige Persönlichkeit, ein sogenanntes Idealbild, das unser Unbewusstes beeinflusst. Nicht umsonst werben oft Stars, wie Erol Sander, Senta Berger, Uschi Glas, Pierce Brosnan, George Clooney und viele mehr, für Produkte des täglichen Gebrauchs und machen sie damit zu etwas ganz Besonderem – zu Marken, denen man vertraut.

      Aber was nützt die beste Inszenierung, wenn das Produkt nichts taugt? ­Kehren wir noch einmal zu dem eingangs erwähnten Vergleich zurück. Es ist ähnlich wie in den Geschichten von Rosamunde Pilcher: Schmelzen nicht bei allen Charakteren die Herzen? Warum? Aus dem einfachen Grund, weil gut und weniger gut oft lange nebeneinander existieren und die inneren Werte erst langsam ans Tageslicht kommen. Genauso ist es auch bei Marken. Sie müssen daher eine gekonnte Symbiose aus Qualität und emotionalen Werten bilden, um die gewünschten Vorstellungsbilder beim Konsumenten bewusst und unbewusst auslösen zu können. Marken funktionieren­ dabei wie Menschen: „Langfristig ist nicht das Aussehen entscheidend, sondern es sind die Werte, für die der Mensch steht und denen er treu ist.“

      Markenkunden sind treu

      Was ist Treue? Ist sie ebenso ein Urbedürfnis wie Liebe? Warum lässt sich „ewige Treue“ so leicht schwören? Warum hält dieser Schwur aber nur in den wenigsten Fällen? Wahrscheinlich liegt es daran, dass „Treue“ ein Wort mit vielen Bedeutungen ist. Kommt es daher, weil Treue von Vertrauen kommt? Ist Vertrauen nicht auch eines der Grundbedürfnisse des Menschen – genau wie die Verlässlichkeit, die in diesem Zusammenhang auch gerne zitiert wird? Absolute Treue ist wahrscheinlich eines der höchsten Gefühle. Sich ein Leben lang verbunden bleiben, gemeinsam durch dick und dünn zu gehen und das aus Liebe. Genau diese unverfälschte reine Treue und Liebe ist das Rezept von Liebesromanen gleichermaßen wie von Marken. Warum?

      Genau wie jeder Mensch einen Partner möchte, dem er vertrauen kann und bei dem er sich sicher fühlt, genauso möchte jeder Konsument, wenn er sein sauer verdientes Geld für ein Produkt ausgibt, sicher sein, dass er das richtige gekauft hat. Was aber, wenn Versprechen nicht oder nur teilweise eingehalten werden? Dann neigen Menschen bei Beziehungen jeder Art dazu, über den Zaun zu schielen und sich nach einer Alternative umzusehen.

      Je länger eine gute Beziehung dauert, umso rascher entsteht jedoch im Hinter­kopf die Frage: Zahlt es sich wirklich aus, deswegen alles aufs Spiel zu setzen? Bei Marken ist es ähnlich. Marken schöpfen ihre Anziehungskraft aus den guten Erfahrungen, die Konsumenten mit ihnen gemacht haben. Genau wie Menschen nicht willenlos sind, nur weil eine oder einer kommt, der schöner, klüger und einfühlsamer zu sein scheint, und deshalb nicht alles hinwerfen, genauso ist es auch bei Marken. Nur weil ein neues Produkt derselben Kategorie auf den Markt kommt, wandern die Kunden nicht gleich scharenweise ab. Nein, sowohl Liebende als auch Markenverwender haben die Möglichkeit, den Verstand einzuschalten, indem sie sich an die positiven Erfahrungen erinnern, die sie miteinander gemacht haben. Auf Basis dieser Erlebnisse fällt es dann leichter, das Risiko, das man mit einem neuen Produkt eingehen würde abzulehnen. Dabei ist für Marken die Geschichte, die den Markenkern symbolisiert, von eminenter Bedeutung, denn für den Aufbau einer Markentreue ist daher entscheidend, dass die gute Erfahrung der Verwender immer wieder bestätigt wird.

      Das einfache Rezept der Rosamunde Pilcher – gefallen, vertrauen, begehren,­ lieben und festhalten – funktioniert bei Marken fast immer, denn Marken erzählen Geschichten, die Werte repräsentieren, die mit Erlebnissen,


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