Das alte Jagdschloss und das neue Haus Band 2. Felix Sobotta

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Das alte Jagdschloss und das neue Haus Band 2 - Felix Sobotta


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auch vollkommen unerwünscht gestorben, sondern auch begraben worden und sind die eigentlichen Stiefgeschwister von Gereon, der nicht wissen wollte, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Und wir, die vier toten Stiefgeschwister von vier verschiedenen Müttern aber vom gleichen Vater wie auch er, Gereon. „Gereon“, so sagten sie, „wär der Jüngste aus diesem Quintett, der heute hier nicht mit uns bei euch auftauchen wollte, denn er war heute schon sehr lange bei euch und jetzt ist er bei seinem Sohn Frieder, der seinem Leben heute ein blutiges Ende setzte. Ich wollte sie gleich weiter fragen, ob sie denn wüssten, ob ihr Vater denn noch lebt und wenn, wo er denn heute und wie er denn heute da lebt. Doch da kam Jürgen wieder in die gute Stube und auch er musste sehen, wie das Geisterquartett sich in Nichts, schweigend aufgelöst hat, ohne unsere letzte Frage zu beantworten. Schade, dass ich oder doch besser, dass Wilma nicht erfahren konnte, was mit ihm, dem charmanten Liebhaber einiger Frauen geschehen ist und das alte Leiden nicht wieder aus ihr, ihrem Innern hervorgebrochen ist, so einem Hallodrian zum blinden Opfer gefallen zu sein, der ihr ehrliches Vertrauen so missbraucht hat und dann, wie gekommen wieder verschwunden ist und auch Wilma mit den Folgen nach dem Motto allein zurückließ: „Sieh zu, wie du nun mit den Folgen deiner missbrauchten Liebe zurechtkommst!“Aber mehr noch hat Wilma gekränkt, die sich doch damals immer für sehr schlau hielt, dass sie hier vor diesem Ganoven vollkommen versagt hat. Nachdem die vier heutigen Geister wieder verschwunden waren und keine anderen auftauchten, sind auch wir bald in unsern Betten verschwunden und versuchten die Nacht eine gute und ruhige Nacht sein zu lassen, die möglichst keine bösen Überraschungen für uns bereit hält.

      Heute Nacht war wieder alles ruhig bei uns und wir auch bald in unsern Betten das fanden, was wir den nächtlichen Frieden im tiefen Schlaf nennen, denn keiner von uns wurde auch nur von etwaigen gespenstischen Kleinigkeiten geweckt oder auch nur ein bisschen auf unerklärliche Art wachgehalten. Außer unserer großen Standuhr hat niemand etwas von sich in gewissen Abständen hören lassen. Im nächtlichen Traum ist mir Frieder erschienen, der mir, gegenüber meinem neuen Lieblingsplatz im Garten, als ich da im Traum auf der Fundamentmauer, des von Heintje bezeichneten Sakralbaus gesessen hab und meinen Gedanken wieder freien Lauf ließ. Auch Gereon schwebte in meinem Traumgesicht recht traurig mir gegenüber über Frieder, der nicht so richtig den Mut hatte zu mir oder mich anzuschauen. Es sah gerade so aus, als ob Frieder darauf gewartet hätte, dass ich ihn als erster ansprechen würde, was ich beim besten Willen auch nicht konnte, obwohl ich es sicher gewollt habe, denn etwas Unerklärliches hat mich am Sprechen wollen gehindert, obwohl ich es im Traum wiederholt versucht und auch bestimmt gewollt habe. Ich habe ihn sehr fragend und er mich recht traurig angeschaut und es sah gerade so aus, als ob jeder von uns darauf gewartet hat, dass der andere zuerst den traurigen Schweigebann durchbricht und an den andern die Frage nach dem Warum das alles so gekommen sein mag stellt, aber keiner von uns beiden es tun konnte oder auch möglicherweise den Mut dazu nicht hatte. Sicher war Frieder sich seiner Schuld, die bestimmt nicht gering war, auch bewusst, denn ich habe, während er hier bei uns war doch wiederholt ihn zum Durchhalten versucht zu bewegen. Es hat eigentlich recht lange gedauert, so meinte ich, bis dieses eigenartige Traumgesicht sich wieder in Nichts aufgelöst hat und dabei meinte ich, dass Frieder mich auf die einhundert Euro ansprechen wollte, die seine Mutter seinerzeit aus dem Brief an Jürgen entwendet hat und dann ihm hat zukommen lassen, die er sich sicher nie und nimmer durch seine Faulheit verdient hat. Nach einer kurzen Weile tauchte aus der Versenkung ein anderes Gesicht auf, ein total entstelltes und verlebtes Gesicht mit doch sehr wenigen, menschlichen Zügen, das Gesicht eines schon ziemlich alten, fast verkommenen oder verlebten Mannes, das auf mich sehr abstoßend gewirkt hat, das ich bestimmt nie im Leben hätte küssen können und ich bestimmt so ein verlebtes Gesicht garantiert nicht liebkosen oder verlieben hätte können. Vergebens habe ich in diesem verlebten Gesicht irgendwelche, menschliche oder bekannte Züge gesucht, denn in seinem Gesicht habe ich sehr wenige, kaum menschliche Züge oder etwas menschlich Liebes feststellen können, in das man sich, wie auch immer verlieben hätte können sei es auch aus Dankbarkeit. Im ersten Moment kam mir im Traum der Gedanke, das war doch nicht etwa der letzte Besitzer des alten Jagdschlosses, der seinen Lebensabend im hohen Norden dann verlebt hat, der seinen hiesigen Besitz als Dank einem Bruderpflegeverein vermachen wollte und es dann letzten Endes nicht gemacht hat, sicher, um nicht in falschen Verdacht zu geraten. Doch da glaubte ich auf seinem entstellten Haupt das Wort „Ichsucht“ lesen zu können mit dem ich immer noch nichts anfangen konnte. Und ich meinte da eine Stimme zu hören, die mir im Traum gesagt hat, das ist der Vater dieser fünf Kinder, die du schon, vier als Geister und Gereon als Mensch hast sicher kennenlernen dürfen und keiner mehr von ihnen unter den Lebenden weilt und alle Fünf drüben schon auf ihn warten, um ihm auf ihre Art zu danken, dass er sie auch auf seine Ichsuchtart gezeugt hat. Was das im Traum wieder gesehene bloß wieder bedeuten kann, kann ich mir noch nicht weiter erklären! Danach bin ich durch irgendwelche undefinierbare Geräusche aufgeweckt worden. Und meine ersten Gedanken waren, wie hat denn dieser Mann damals nur ausgeschaut, der den jungen Frauen reihenweise die Köpfe verdreht hat und sie dann alle hat reihum, wenn es so weit war und die Folgen seines Soseins sichtbar wurden, hat sitzen lassen, wenn er dann genug von ihnen hatte oder als sich die Folgen seines fast tierischen Soseins offenbarten oder für alle sichtbar zeigten. Ob die vier andern auch so verführten Frauen wie Wilma noch geheiratet haben? Ich habe danach auch in der Diele nach den undefinierbaren Geräuschen gesucht, die, wie ich geglaubt habe mich geweckt zu haben. Scheinbar waren es wieder unsichtbare Geister, die bestimmt auch heute Nacht für uns unsichtbar, ohne einen bestimmten Auftrag durch das Haus geisterten, denn unser Hades lag lang ausgestreckt und gut sichtbar mucksmäuschenstill mit aufgestellten Haaren auf seiner Wirbelsäule, wahrscheinlich, um alle die für uns immer noch unsichtbaren Geister schon mal auf seiner weichen Unterlage zu warnen. Es hat sehr lange gedauert, bis ich nach diesen im Traum geschauten Bildern und den mich weckenden Geräuschen wieder habe einschlafen können, denn das, noch nicht ganz geklärte Schicksal der vier geschauten Geister ist mir doch ein bisschen viel, der derartige Erfahrungen mit andern Frauen bisher nicht gemacht hat, unter die Haut gefahren. Oder sollte sich der damalige Casanova in einem fruchtbaren Ableger auch in unserer Zeit wieder folgenbeladen bemerkbar gemacht haben, ohne auch nur für die angerichteten Nachwuchsfolgen auch geradestehen zu müssen oder die Folgekosten zu tragen, die seine Liebesabenteuer verursacht haben?

      Im Grunde war ich keineswegs nach diesen geschauten Bilder ein bisschen schlauer als ich es vorher auch schon war, denn das waren doch Traumbilder, die ich da habe sehen dürfen und niemanden der geschauten Personen persönlich kenne oder eine von ihnen hätte mir mehr von ihnen oder über sie mitgeteilt. Mehr würde mich schon bestimmt interessieren, ob er überhaupt noch lebt und wenn ja, wo er und wie er jetzt lebt, nicht um ihn zu treffen oder aufzusuchen und zur Rede zu stellen, um mich dann vielleicht von ihm fragen zu lassen, ob ich denn etwa neidisch bin, dass nicht ich, sondern er das alles mit den Frauen, die sicher alle nicht die hässlichsten waren, erleben konnte, die sicher alle keine hässlichen Gestalten waren, mit denen er sich immer wieder zu seiner Freude hat vergnügen können? Schon eher, um zu erfahren, was aus ihm dem Casanova geworden ist, ob ihn seine Taten ihn auch und entsprechend wie belohnt haben? Und wie bestreitet er jetzt auf die alten Tage seinen Lebensunterhalt? Vor lauter Casanovaspielen hatte er bestimmt keine Zeit einer geregelten Arbeit nachzugehen, von deren Rente er heute auch einigermaßen hat leben können. Sicher wird er nicht da in der Nähe eines, seiner so schandlos ausgenutzten Opfer leben. Ob er an einer Millionärin als ein reicher Habenichts oder Playboy hängengeblieben ist oder ob er auch bei einer wie er gewieften hereingefallen ist und darunter bis heute auch zu leiden hat, die ihn mit einer tödlichen oder an einer langsamdahinsiechenden und für ihn sehr schmerzhaften Krankheit zur Belohnung angesteckt hat und jetzt im Endstadion angekommen oder auf die Hilfe anderer Mitmenschen angewiesen ist, die vielleicht gar auch von ihm Ausgenutzter angewiesen ist? Über mein nächtliches Traumgesicht habe ich, weder bei uns noch irgendwo außerhalb zu niemandem etwas gesagt, sondern es als mein großes Geheimnis gehütet, denn es könnte ja vielleicht auch der Anfang von einer großen Aufklärungskampagne sein. Vielleicht erfahr ich noch in einem weiteren Traumgesicht ob er noch lebt und dann auch wo er noch lebt und was er jetzt treibt; ob es ihn gar weit ins Ausland an das andere Ende der Welt verschlagen hat und er da sein karges und frauenloses Dasein, fern seiner ehemaligen Vergnügungsorte fristet und jetzt nicht den Mut und die Mittel hat an die fragwürdigen Orte seiner vielen Schandtaten seiner Jungmännerzeit zurückzukehren? Und wenn, wovon mag er nur heute leben,


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