Heute bei uns zu Haus. Ханс Фаллада

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Heute bei uns zu Haus - Ханс Фаллада


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      Melken war Weiberarbeit, und Opa hielt mit seinen Siebzig noch streng auf sein Mannestum. Die einzigen Schwierigkeiten, die ich je mit Opa hatte, kamen daher, daß er manche Arbeiten nicht tun wollte. In einer so kleinen Wirtschaft wie der meinen muß jeder eigentlich alles tun, aber Opa weigerte sich, Unkraut zu jäten, Erdbeeren zu pflücken – aber Äpfel pflücken war Männerarbeit – und zu melken.

      Schließlich gab ich seinen kleinen Eigenheiten nach. Opa war so nützlich, und wie gedieh das Vieh unter seiner kleinen gichtischen Greisenhand! Kam er nur in den Schweinestall, so grunzten die Säue. Sie schoben sich an ihn heran, um gekrault zu werden, vor Wonne röchelnd sanken sie langsam, hingebend zu Boden. Bei Opa waren die Schweine nie schmutzig, er gewöhnte ihnen ein Klosetteckchen an, weiß der Teufel, wie er es anfing, es grenzte an Zauberei. Und wie nahmen die Schweine bei ihm zu! Wahre Kolosse haben wir bei ihm geschlachtet, ohne erheblichen Futteraufwand!

      Wie bei den Schweinen, so ging es bei der Kuh. Sie gedieh, nie Krankheit, nie Futtersorgen, immer blank die Krippe, der Stall, die Kuh! Es gibt eben doch Menschen, die eine glückliche Hand haben! Eine solche glückliche Hand habe ich immer im Haus, seit ich verheiratet bin, unter ihr gedeiht alles, sogar der Mann.

      Zu solch glücklicher Hand gehört aber auch ein glückliches Temperament, und das hatte der Opa. Eigentlich redete er nie viel, aber jedesmal, wenn er in die Küche kam, gab es bei unsern jungen Mädchen Gelächter. Opa war nun einmal zu spaßig, er konnte die harmloseste Bemerkung machen, es wurde gelacht!

      Am niedlichsten aber war Opa, wenn er am Sonnabendnachmittag zum Einkaufen in die Stadt fuhr. Das Einkaufen war seine Sache, wie der Geldbesitz seine Sache war. Manchmal hatte er das ganze Haus voll Frauen: Eheweib, Tochter, Enkelkinder, allesamt weiblich. Aber von seinen Rechten gab er kein Tittelchen auf, er verdiente das Geld, also gab er es auch aus!

      Für solche Besorgungsfahrt war Opa dann ganz glatt rasiert, trug eine schöne grüne Joppe mit einem Rucksack hinten drauf, Stulpenstiefel, spiegelnd geputzt, und er saß auf einem uralten Rade mit weitgebogenem Lenker, kerzengerade. Unter der blauen Schirmmütze funkelten die hellen Greisenaugen nur so von Lebenslust und Humor, die glatten Bäckchen waren knallrot.

      Kam dann Opa Punkt sechs von seiner Besorgungsfahrt wieder in den Stall zum Füttern, war’s für die jungen Mädchen nicht ratsam, ihm zu nahe zu kommen. Einmal in der Woche leistete sich Opa ein paar Schnäpschen, die machten ihn wieder jung.

      Es war ein schlimmer Tag für mich, als Opa mir sagte, er wolle nun nicht mehr weiter bei mir arbeiten. Da war er fünfundsiebzig Jahre alt, die Frau war ihm gestorben, und seine Kinder wollten den alten Vater bei sich haben.

      »Ach, Opa!« rief ich. »Was werden wir denn ohne Sie anfangen?!«

      Aber der Opa hatte schon alles bedacht. Er hatte mir einen Nachfolger ausgesucht, mit ihm Lohn und Futtermethoden besprochen, die Launen des Chefs, die Fruchtfolge, ich hatte nur ja zu sagen. Ich sagte ja.

      Aber mit Opa ist das Glück aus unserm Stall gegangen, obwohl sein Nachfolger auch ein Opa war, freilich fünfzehn Jahre jünger als der echte. Wir sagen zu ihm auch nicht Opa, alle, auch die Kinder, nennen ihn nur »Herr Mittenzwey«. Es ist jener arme Zuckerkranke, der ein Stoßgebet zum lieben Gott empor schickte, daß die Olsch das Sauerfutter fressen möge. Er gibt sich alle Mühe, er füttert und füttert, aber die Schweine bleiben dürr und sind ewig schietig, die Karnickel krepieren Stück um Stück, die jungen Enten holen die Ratten – unser Glück hat uns verlassen.

      Und die Kühe, unsere Olschen? Der Knochensack, der uns so viele Jahre treu gewesen war, blähte sich plötzlich auf, wurde rund wie eine Trommel. Der Trokar half nicht mehr, sie mußte notgeschlachtet werden, die brave Olsch.

      Ihr folgte eine kleine, hübsche Bauernkuh, nicht das, was wir besessen hatten, aber immer noch ein nettes Kühlein: Sie stand keine vier Wochen im Stall, da kamen aus ihrem Euter statt guter Milch Klumpen und Fetzen, Blutgerinnsel. Fort mit der Bauernkuh zum Schlachter!

      Eine Bäckerskuh hielt ihren Einzug, hochtragend wurde sie gekauft. Aber beim Transport erkältete sie sich, sie verkalbte, und statt der versprochenen dreißig Liter Milch gab sie nur zehn! Hat man nur eine Kuh im Stall, kann man sich eine schlechte Melkerin nicht leisten. Fort mit der Verkalberin, eine neue her!

      Diesmal wollten wir ganz sichergehen, wir wendeten viel Geld an und kauften auf einer Zuchtviehversteigerung eine prämierte Kuh mit Stammbaum und garantierter Milchleistung. Auch diese Kuh war hochtragend, sie reiste in einem Waggon von Rostock bis zu uns. Auf der einen Seite war sie angebunden, Otter Ia hieß sie, auf der andern Seite war ein Jungbulle festgemacht, den ein Rittergut in der Nähe sich ersteigert hatte.

      Ach, es ist Krieg, die Rinderstricke taugen nichts mehr, der Bulle hat sich losgemacht und hat während der langen Bahnfahrt meine Hochtragende mißbraucht. Als wir die Waggontür aufmachen, dampfen die beiden Tiere, sie sind wie aus dem Wasser gezogen! Und wieder kalbt meine Kuh zu früh, wieder melken wir statt dreißig Liter kaum zehn!

      Noch nicht genug des Unheils? Noch immer nicht genug Geld ausgegeben?! Sogar die geduldige Suse sagt: »Willst du wirklich noch eine Kuh kaufen?! Hast du noch nicht genug Pech gehabt?! Mach eine Pause, Junge, man kann das Glück nicht zwingen!«

      Das wollen wir doch einmal sehen! Ich soll nachgeben? Nie! Und wenn ich mein ganzes Geld in den Kuhstall stecke, ich will eine Milchkuh im Stall haben, kein Trockengestell!

      Nach langem Wählen und Prüfen kaufe ich die Kleine-Leute-Kuh. Vor anderthalb Jahren hätte ich solch Kühlein noch nicht angesehen, aber ich bin ja so bescheiden geworden, jetzt erscheint sie mir mit ihren zwanzig Litern schon phantastisch! Aber nun muß sie mir mit diesem Sauerfutter einen Streich spielen. Heute habe ich nur drei Liter in die Molkerei geschickt! Wenn sie sich nur gibt, wenn sie nur nachgibt!

      Brüllt sie jetzt, während ich dies schreibe? Nein, sie brüllt nicht, es ist still auf dem Hof, so still, daß ich den Puter bis in mein Zimmer kollern höre. Und der Tauwind stößt gegen mein Fenster. Das Eis des Sees, auf das ich schaue, ist grauschwarz geworden – vielleicht bekommen wir selbst nach diesem endlosen Winter jetzt einen Frühling!

      Das Kollern des Puters, jetzt das Krähen eines Hahnes, und immer der Tauwind, das sind die Geräusche, die ich höre – kein Kuhgebrüll. Seit die Hungerkuh ihren Einzug hielt, die ich mir borgte, sind wieder achtzehn Stunden vergangen – wir haben es geschafft! Die Kuh frißt das Sauerfutter, unsere Olsch hat sich zu modernen Fütterungsmethoden bekannt. Die Wandlung setzte mit dem Augenblick ein, als die geliehene Hungerkuh unsern Stall betrat. Das ist nun schon wieder zwei Tage her, heute schreiben wir den 3. April. Aber ich wollte es nicht eher verraten, ich wollte ganz sichergehen …

      Jetzt bin ich ganz sicher.

      Neue Kuh und alte Kuh sahen einander an. Dieser unerwartete Besuch im einsamen Stall verschlug unserer Olsch erst einmal das Hungergebrüll. Sie glotzten, beide standen sie vorm leeren Trog. Ach, unsere Kuh, so sehr sie auch nach sechs Tagen Hungerns und Dürstens zusammengefallen war, sah noch fettleibig aus gegen dies arme Geschöpf, das wohl nie in seinem Leben ordentlich satt geworden war. Vorne spitz und hinten gar nichts, Knochen und Löcher, ein Leib wie ausgedörrt und ein Euterchen wie bei einer Sterke!

      Aber der Kopf mit dem kleinen Horn war schön, und schön war vor allem das lebhafte Auge, dieses blaue Auge, das immer etwas verwundert und etwas traurig schaut. Sie hatte Anlagen mit auf die Welt gebracht, diese Hungerkuh, man sah es an Kopf und Auge. Sie war nicht von schlechten Eltern, aber sie hatte nie im Leben eine Chance gehabt. So taugte sie nicht einmal was für den Fleischer. Fünf Liter Milch sollte das Prachttier am Tage geben, und es war ziemlich frischmelkend.

      Nachdem die beiden miteinander Bekanntschaft geschlossen hatten, fing unsere Olsch wieder mit ihrem Hungergebrüll an, zage und schüchtern mischte die Neue ihre Stimme darein, es klang, als mähte ein Schaf. Ich ließ sie brüllen bis sechs Uhr, bis zur richtigen Futterzeit. Dann nahm ich das Gemisch aus Stroh und Heu und Sauerfutter auf die Gabel und warf es ihnen vor. Ich gestehe, mein Herz klopfte, es war ein spannender Moment: würden sie nun beide streiken und einander in ihrer verhängnisvollen Abneigung bestärken?

      Es war einfach lächerlich anzusehen: die Hungerkuh


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