Das Vertrauen der Erde in die Samen. Veronika Wlasaty

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Das Vertrauen der Erde in die Samen - Veronika Wlasaty


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verweisen können, blicken mitunter nicht ohne Bitterkeit auf eine Zeit zurück, in der ihnen bisweilen vermittelt wurde, nicht „zu Höherem“ berufen zu sein. All denen, die irgendwann in diesem System persönliche Herabwürdigung, Abwertung oder anderes Leid erfahren haben, würde ich gerne guten Gewissens sagen, dass ihr Bild von Schule nichts anderes mehr ist als eine Chimäre. Noch fehlt mir die Überzeugung zu dieser Botschaft. Andererseits ist die Reise noch nicht zu Ende. Die Schule als „Landschaft“, die jeder Lebensreisende durchqueren muss, ist für mich einer der größten Hoffnungsträger für ein gutes „Abschneiden“ bei der gemeinschaftlichen Gestaltung dieser Welt. Veränderungen, die hier stattfinden, wirken sich in allen Systemen aus, weshalb sich in der Schule jede, vor allem auch jede ideelle Investition lohnt. All das Gute, das wir unseren Kindern vorleben und erfahrbar machen, ist ein (ist unser) humanes Kapital, das hier äußerst lohnend anlegt ist, denn es gestaltet unsere Zukunft besser, als jede materielle Zukunftsvorsorge dies je könnte.

      Auf mich kommt es an

      Niemand braucht die Welt zu retten, wenn er bei sich selbst beginnt. V.W.

      Die allgegenwärtige, multiple, weltumspannende Krise, deren Beginn nicht genau datierbar und deren Ende nicht absehbar ist, spiegelt sich in allen Systemen und betrifft uns in allen Facetten menschlichen Seins auf eine materialistisch-existenzielle (d. h. ans „Eingemachte“ gehende) Weise. All die Missstände und Fehlentwicklungen, welche darin zum Ausdruck kommen und ihren traurigen Höhepunkt finden, sind nicht den Finanzmärkten, der Wirtschaft, der Politik oder anderen Systemen (denn woraus bestehen diese, wenn nicht aus Menschen) anzulasten. Sie sind das logische Ergebnis einer Entwicklung der gesamten Menschheit, die wir seit unseren Anfängen immer schon gemeinsam vorantreiben, in Unkenntnis der Auswirkungen (Stimmen, die zur Besinnung und Umkehr aufriefen, wurden bekanntlich zu jeder Zeit überhört oder „abgewürgt“). So wurde auch das, was wir an unserer Jugend bemängeln, nicht gegen unseren Willen von dieser, sondern von uns selbst heraufbeschworen. Es sind allerorts die Geister, die wir riefen, die uns jetzt überall hin verfolgen. Immer noch wähnen wir uns als Opfer anderer Personen und Umstände und möchten lieber Sündenböcke identifizieren, an denen wir die Schuld festmachen können, anstatt unsere eigene Verantwortung anzuerkennen. Die Verleugnung oder Verdrängung unseres Eigenanteils hilft uns, uns in Bezug auf die eigene Integrität besser zu fühlen. Bedauerlicherweise übersehen wir dabei, dass wir mit diesem Abschieben von persönlicher Verantwortung in der Opferrolle verharren und uns weiterhin zum Instrument gerade dieser Kräfte machen, die wir der Täterschaft bezichtigen und gerne bannen möchten. Lieber wählen wir die trügerische Sicherheit, die uns das (wenn auch unangenehme) Bekannte vermittelt. Das Festhalten am Opferstatus fordert jedoch seinen Preis: Verzicht auf (innere) Freiheit, Unabhängigkeit und Autonomie, auf persönliche Handlungs- und Gestaltungsfreiräume sowie auf individuelle Lebensentwürfe, die uns dem folgen lassen könnten, was uns und unseren ureigensten Sehnsüchten und Bedürfnissen entspringt.

      Gibt es einen Ausweg aus dieser „Menschheitskrise“, die alle Systeme erfasst hat? Können wir als einzelne wie auch als Kollektiv etwas lernen und bewirken, das nachhaltig zu einer Entwicklung der Menschheit beiträgt, die uns allen nützt und keinen außen vor lässt? Ich glaube ja. Und weil ich das glaube, tue ich das mir Mögliche. Und ich sehe, dass viele dasselbe tun. Darin zeigt sich, dass es neben Wut („Wutbürger“), Verzweiflung, Resignation vieler noch etwas gibt, dem die Kraft der Erneuerung innewohnt: Hoffnung und Zuversicht, gepaart mit dem Willen und der Bereitschaft zu Veränderung und Entwicklung. Das stimmt mich optimistisch und lässt mich auf eine globale Wende hoffen, die – je nachdem, worauf man seinen Blick richtet – zwar vielenorts noch nicht einmal im Ansatz sichtbar ist, aber dennoch möglich, wenn wir das wollen.

      Machen wir einmal ein Gedankenexperiment: Stellen wir uns die Welt vor, wie sie wäre als gerechter, für alle Menschen lebenswerter Ort. Was macht diese Vorstellung mit uns, wie fühlt sie sich an? Ist da etwas spürbar, wo wir verweilen möchten, ein Gefühl, in das wir tiefer eintauchen möchten? Etwas, das die Sehnsucht nach einer heilen Welt in uns zum Klingen bringt, ein stillgelegtes Ideal, das, unserer Jugend „vorbehalten“, nicht mit uns erwachsen werden durfte? So sind wir in vielerlei Hinsicht ärmer geworden und unser Nachlass ist nicht begehrenswert für die, die nach uns kommen. Aber… – was wäre, wenn diese lebenswerte Welt, oft abgetan als naive Phantasie weltentrückter Träumer und schwärmerischer Idealisten, real existent sein könnte? Was hindert uns, diese beste Welt aller uns möglichen Vorstellungen, das „World-best-practice-Modell“ sozusagen, aus dem virtuellen Bereich unserer Gedankenwelt in die Realität zu transferieren, in dem Wissen, dass es, zumindest was den Realitätstransfer betrifft, jede Menge (freilich nicht immer nachahmenswerter) Präzedenzfälle gibt? Wie würden wir beispielsweise heute den Atlantik überqueren, hätte es nicht Menschen gegeben, die die Vision vom Fliegen in die Wirklichkeit „geträumt“ hätten. Vieles von dem, was heute als selbstverständlich und alltäglich gehandelt wird, verdanken wir den einst als utopisch betrachteten Visionen unbeirrbarer Anders- und Querdenker (dass jeder Fortschritt auch eine weniger erbauliche Kehrseite hat, ist leider ebenso wahr).

      So wie ein Wunsch erst durch ein konkretes Ziel erreichbar wird, muss sich das, was als Traum beginnt, kraft innerer Bilder zur Vision verwandeln, um die Grenze zwischen virtuellem Raum und Realität überwinden zu können. Genau hierin liegt die Möglichkeit und Macht des einzelnen, die sich im Kollektiv noch einmal kraftvoller bündelt. Wir sind allein nicht machtlos – es sei denn, wir glauben daran und verzichten damit auf unseren Anspruch, diese Welt mitzugestalten.

      Kein Fortschritt ohne Visionen

      

      „Nichts auf der Welt ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Victor Hugo

      Visionen…

       ...sehen und denken noch nicht Sichtbares

       ...sind Ausdruck innerer Freiheit und Unabhängigkeit

       ...transformieren alte und manifestieren neue Realitäten

       ...inspirieren und beflügeln

       ...lassen Menschen über sich hinauswachsen

       ...öffnen Türen, wo wir keine vermuten

       ...eröffnen Potentiale, die jenseits unserer Vorstellungskraft liegen

       ...schließen Vernunft und Verstand nicht aus, erheben sich jedoch weit über diese hinaus.

       ...weisen einen möglichen Weg in eine lebenswertere Zukunft

      Gute Visionen dienen dem Individuum und dem Gemeinwohl. Ich plädiere dafür, dass wir einander konkurrenzfrei, über Parteiinteressen und andere Begrenzungen hinaus bei der Entwicklung solcher Visionen unterstützen. Konkurrenzfreiheit, Verzicht auf Vergleich und dadurch auf Bewertung widerspricht dem gegenwärtigen, neoliberalen Zeitgeist, der auch unser Schulsystem prägt. Lernen und Leistung, die sich ausschließlich dem Wettbewerb und der Profitmaximierung verschreiben, kommen weitgehend ohne Vision aus und züchten „menschliche Bonsais“ heran – eine Metapher für das Beschneiden und Zurechtstutzen persönlicher Eigen-Art und des jedem Individuum innewohnenden, einzigartigen Potentials, das naturgemäß zur Entfaltung drängt, wo man es zulässt. Eine sozialisierende Institution wie Schule, die den Anspruch hat, auf das Leben vorzubereiten, sollte diese Entfaltung fördern. Noch fehlt mir in unserem Schulsystem allzu oft dieser Blick auf die Einzigartigkeit seiner Mitglieder, noch wird allzu vielen allzu oft vermittelt, nicht zu genügen. Eine Erwartung an die Schule ist, dass sie eine spätere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermögliche. Die Auffassung, dass diese Teilhabe nur über eine gelingende Eingliederung in den leistungs- und wettbewerbsorientierten Arbeitsprozess erreichbar ist, bedarf meines Erachtens einer kritischen Betrachtung. Konkurrenz bedeutet immer


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