Professor Hicks erklärt das Higgs-Teilchen. John Ullmann

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Professor Hicks erklärt das Higgs-Teilchen - John Ullmann


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ha.“

      „Wie Recht Sie haben. Jetzt wird’s Zeit, dass ich gehe. Auf Widersehen, Herr Sparlinek“, entgegnete Professor Hicks leicht verwundert über die stupende Art des Auftretens des Studenten Sparlinek und dessen unermüdliche Eloquenz.

      „Hoffentlich nicht so bald wieder“, dachte sich Professor Hicks, nahm seinen Panamahut, welchen schon sein Vater trug, und den dieser auf dem Flohmarkt in Paris erstanden hatte, vom Haken und ging.

       Hausmeister Karels Leerauftrag und Einsteins Ende im Chaos

      In seinem Institut für interdisziplinäre Forschung hatte Professor Hicks die bis jetzt von Hand geschriebenen Manuskriptseiten seines neuen Buches seiner Sekretärin, Frau Schwiering, zum Schreiben gegeben.

      „Also endlich haben Sie auch einmal an mich gedacht, die isch das Ganze schreiben muss. Endlich mal ganz normale Buchstaben und nicht bloß die verschlungenen Formeln mit den seltsamen Sonderzeichen, Herr Professor.

      Aber die Sache, dass die Gestalt der Welt durch die Krümmung des Raums bestimmt wird, das ist doch ein bissel zu wenig, Herr Professor.“

      Dr, Fitzroy, der neben seinem Chef bereit stand, meinte mit seiner spitzen Zunge zu dem polnischen Hausmeister, der gerade die Papierkörbe des Sekretariats leerte: „Für den Karel reicht`s aber allemal, nicht wahr Karel.“

      „Wenn von Papier spreche, dann reicht wirklich. Is jeden Tag voll davon alle Milleimer in Institutt.“

      „Sie haben eben einen Leerauftrag“, gab Dr. Firtzroy zum Besten.

      „Also Herr Dr. Fitzroy, ich bitte Sie. Sind Sie nicht so wüscht zu dem armen Mann, der tut genauso seine Arbeit wie Sie und isch auch“, entrüstete sich Frau Schwiering.

      Professor Hicks versuchte diesen für ihn peinlichen Zwischenfall zu verdrängen, indem er direkt auf Frau Schwierings fachlichen Einwand einging: „Sehen Sie Frau Schwiering, auch Ihr Pullover wurde einmal aus einem Knäul Wolle hergestellt. Er unterscheidet sich also lediglich in der räumlichen Krümmung der Wollfäden des ehemaligen Wollknäuels, aus dem er hervorging. Das, was Sie vorher ein Wollknäul nannten, bezeichnen Sie jetzt als Pullover. Und dieser entstand durch die räumliche Krümmung der Wollfäden mittels der Stricknadeln. So einfach ist das.“

      „Ja, wenn Sie das so sagen, dann leuchtet mir das jetzt ein. Doch dafür brauch isch nur ein Strickmuster und keine Formle, ha, ha.“

      Dann ergriff sie den roten Schnellhefter, der auf ihrem Schreibtisch lag.

      „S`wird Zeit meine Herrn. Da sind noch die ganze Unnerlage für Ihre weitere Vorlesung dabei, die isch geschrieben habe!“, wandte sie sich besorgt an Professor Hicks.

      Professor Hicks verstaute die Unterlagen in seiner Aktentasche und machte sich mit Dr. Fitzroy auf den Weg zur Universität. Als sie ins Freie traten, schickte Hausmeister Karel beim Leeren der Papierkörbe in die Abfallcontainer noch einen Fluch auf Polnisch, einer Verbindung zwischen der geschlechtlichen Vulgärsprache mit dem polnischen Marienkult, an die Adresse Dr. Fitzroys.

      Die beiden Akademiker verschwanden nach draußen. Dr. Fitzroy zwängte wieder einmal mit missmutigen und verächtlichen Bemerkungen seine lange Gestalt in den ganz nach hinten gestellten Beifahrersitz mit dem abgeschossenen und durchlöcherten Bezug. Dann startete Professor Hicks seinen Polo nach längeren Gehakel mit der Gangschaltung.

      „Da ist wohl nicht mehr genügend Kupplungsspiel vorhanden. Außerdem scheint ihr Auspuff völlig am Arsch zu sein, wie der klingt. Der ist wohl schon total wurmstichig. Da schrecken ja die Rentnerinnen bei ihrem Kaffeklatsch in den Straßencafés zusammen. Den müssen Sie demnächst auswechseln lassen, Herr Hicks!“

      „Der Karel hat sich auf dem Schrottplatz beim Türken schon umgesehen, aber noch keinen passenden gefunden.“

      „Ach, der Karel, beim Türken, auf dem Schrottplatz. Einen Auspuff bekommen Sie doch selbst bei ATU für diese alte Karre schon für eine Hand voll Euros.

      Also das nächste Mal fahren wir wohl wieder besser mit meinem Wagen, bis ihre abgefuckte Ratter- und Knatterkiste wieder in Schuss ist.“

      Wortlos und mit leichter Verstimmung setzten beide die Fahrt bis zur Universität fort.

      Professor Hicks parkte seinen geliebten Polo, den er mit furchterregendem Krach und Getöse durch die zartwarme Maienluft zur Universität chauffiert hatte, in einer Nische auf dem Gehweg des Collegium Academicums hinter der Neuen Universität.

      Nach seinen handschriftlichen Berechnungen war die Summe aus den zu erwartenden gebührenpflichtigen Verwarnungen der Stadt geringer, als die anfallenden Parkgebühren in den umliegenden Parkhäusern, zumal beide Gebühren in Heidelberg besonders hoch sind.

      Als sie ausgestiegen waren, nahm zuerst Dr. Fitzroy wieder den Disput auf: „Der reinste Panzer. Klein aber Schwein. Da ist der Auspuff schon durchlöchert an Ihrem alten Umweltschänder.“

      „Sehen Sie, das ist der große Irrtum. In Deutschland wird ein Auto im Schnitt nur acht Jahre lange gefahren, dann wird es verschrottet und wird ein neues gekauft. So habe ich es zumindest in der ADAC-Zeitschrift beim Zahnarzt gelesen. Ich befolge beim Auto das Nachhaltigkeitsprinzip. Sie dagegen kaufen sich ja sogar fast jedes Jahr ein neues.“

      „Das ich aber dann an einen anderen weiterverkaufe, Herr Hicks.“

      „Wenn Sie`s nicht vorher zu Schrott gefahren haben, mein Lieber.“

      „Das war doch nur letztes Mal. Ein Mal. Und da hatte ich keine Promille.“

      „Ach, ja, welch ein Zufall!

      Aber wenn Sie also die ehrliche Umweltbilanz aufmachen, in der Sie den Material- und Energieverbrauch bei der Erzeugung der Autos berücksichtigen, dann bin ich mit meinem 38 Jahre alten Polo einer der umweltschonendsten Autofahrer der Nation. Dieser Polo ist mein erstes und einziges Auto bisher. Mein Vater hatte einen Borgward Isabella, wenn Ihnen das etwas sagt, bis zum Ende seines Lebens gefahren. Das war vor neun Jahren.“

      „Borgward, die haben doch längst Pleite gemacht. Doch Borgward hin und Polo her. Nur mein Kreuz schont er nicht, ihr alter Polo. Da wäre wohl sogar der Borgward bequemer gewesen. Wenn Sie eine ehrliche Sozialbilanz aufmachen, in der Sie die Kosten für die Behandlung der Haltungsschäden Ihrer Mitfahrer berücksichtigen, dann ist dieser 38 Jahre alte Polo die sozialschädlichste Kiste der Nation.“

      „Sie sind eben zu groß und zu steif, Herr Fitzroy. Sie sind nicht genug anpassungsfähig. Sie müssen etwas gelenkiger und flexibler werden.“

      „Das sagt der Richtige, der konservative Sportmuffel.“

      *

      Nach weiteren gegenseitigen Frotzeleien waren sie endlich in der Uni angekommen und Professor Hicks begann mit seiner Vorlesung.

      „Letztes Mal hatte ich Ihnen Einsteins Idee des gekrümmten Raums vorgestellt. Aus ihr folgt zum Beispiel die Existenz der schwarzen Löcher, die auch tatsächlich nachgewiesen werden konnten. Manche Physiker behaupten sogar, dass es solch skurrile Gebilde wie Wurmlöcher gäbe und sprechen auch von Zwillingswelten und andere Merkwürdigkeiten. Sie werden nun fragen, wie diese Physiker ernsthaft auf solche Theorien kommen. Nun, sie leiten es aus den berühmten Einsteinschen Feldgleichungen ab. Das klingt allerdings nach höherer Mathematik. Und da werden viele von Ihnen gleich das Genick einziehen.

      „Mathe ist Scheiße und Physik sein Bruder“, so las ich es bei einem Jugendlichen auf seinem T-Shirt auf Gran Canaria. Ich finde diesen Sponti-Spruch nicht nur originell, sondern auch bemerkenswert. Er sollte uns Naturwissenschaftler und Mathematiker auch zum Nachdenken darüber veranlassen, was man gegen diese „Scheiße“, wenn ich das einmal so zitieren darf, tun kann.“

      „Nicht reintreten!“ bemerkte der Student Sparlinek und erntete abermals einen allgemeinen Lacherfolg, selbst bei Professor Hicks, obwohl er sich schon durch den zänkischen Disput mit Dr. Fitzroy über seinen Polo genervt fühlte, von dem er normalerweise diese albernen und infantilen Sprüche zu hören bekam. Doch getreu seines Mottos:


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