Geschichten des Nordens. Holger Krohn
Читать онлайн книгу.warden wull. De Mann sleep recht good un fast, he harr den Dag veel lopen, de Fru aver kunn goor nich inslapen, un smeet sik von een Sid to der annern de ganze Nacht un dachd man jümmers, wat se noch wol warden kunn, un kunn sik doch up niks mehr besinnen.
Mitdes wull de Sünn upgahn, un as se dat Morrnrood seen deit, richtd se sik öwer End im Bedd up un kiekt dor rin. Un as se uut dem Fenster de Sünn so herup kamen süht, dachd se: "Ha, kunn ick nich ok de Sünn un de Maand upgahn laten?" "Mann," sä se un stöd em mit dem Ellbagen in de Ribben, "waak up, gah hen tom Butt, ick will warden as de lewe Gott."
De Mann weer noch meist in'n Slaap, aver he vörschrock sik so, dat he uut dem Bedd füll. He meend, he harr sik vörhöörd, un reef sik de Ogen ut un sä: "Ach, Fru, wat seggst du?"
"Mann," sä se, "wenn ick nich de Sünn un de Maand kan upgahn laten, un mutt dat so ansehn, dat de Sünn un de Maand upgahn, ick kann dat nich uuthollen, un hebb kene geruhige Stünd mehr, dat ick se nich sülben kann upgahn laten." Dor süht se em so recht gräsig an, dat em so'n Schruder öwerleep. "Glieks gah hen, ick will warden as de lewe Gott."
"Ach, Fru," sä de Mann, un füll vör ehr up de Knee, dat kann de Butt nich. Kaiser un Paabst kann he maken, ick bidd di, go in di un blif Paabst."
Dor kem se in de Boosheit, de Hoor flögen ehr so wild üm den Kopp, dor reet se sik dat Lifken up un geef em eens mit dem Foot un schreed: "Ick holl dat nich uut, un holl dat nich länger uut, wullt du wol hengahn!"
Dor slööpd he sik de Büxen an un leep wech as unsinnig. Buten aver güng de Storm, un bruusde, dat he kuum up de Föten staan kunn. De Hüüser un de Böm weiden um, un de Baarge beewden, un de Felsenstücken rullden in de See, un de Himmel weer ganz pickswart, un dat dunnerd un blitzd, un de See güng in so hoge swarte Bülgen as Karchtöörm un as Baarge, un de harrn bawen alle eene witte Kroon von Schuum up. So schree he, un kun sin egen Woord nich hören:
"Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See,
mine Fru, de Ilsebill, will nich so, as ick wol will."
"Na, wat will se denn?" sä de Butt. "Ach," sä he, "se will warden as de lewe Gott."
"Gah man hen, se sitt all weller in'n Pißputt."
Dor sitten se noch bet up hüüt un düssen Dag.
Der Brautstein
- Überlieferung -
Vielfach trifft man in weiten ebenen Landstrecken des nördlichen Deutschlands, wo weit und breit kein Urgebirge zu erblicken, vereinzelte, oft sehr große Granitfelsenstücke an; die Gelehrten nennen dieselben erratische Blöcke. Ein solcher Block oder Stein liegt auch in der Nähe des Städtchens Lüchow auf der Kolborner Heide, er sieht über und über rotgesprenkelt aus und ragt vier Fuß hoch über den Boden.
Ein adeliges Liebespaar, dem des Schicksals Fügung Abschiednehmen gebot, denn der Ritter mußte in den Krieg ziehen, saß auf diesem Steine, der inmitten eines Birkenwäldchens lag, und gelobte sich gegenseitig ewige Treue. Ringsum am Boden blühte ein niedriges Sträuchlein voll weißer Blumen in Fülle. Der Ritter warf die Besorgnis im Gespräche hin, ob die Geliebte ihm wohl treu bleiben werde, sie aber fühlte sich durch solche Frage sehr gekränkt und schwur, daß, wenn sie treulos werde, dieser Fels sich bewegen und ihr Grabstein werden solle. Bei so heftigem Schwur gab sich der Ritter zufrieden und schied beruhigt von der lieben Braut.
Es kam aber nach einer Zeit, daß die liebe Braut gar schön ihres fernen Bräutigams vergaß, wie das so zuweilen zu geschehen pflegt, und hatte einen neuen Buhlen und ging mit ihm spazieren auf der Kolborner Heide ins Birkenwäldchen, und kamen auch von ohngefähr an den Felsblock und ließen sich darauf nieder und führten Gespräche von der Liebe des Nächsten. Da erhob sich mit einem Male der Stein riesengroß aus der Erde und zurückweichend - der Liebhaber stürzte an den Rand der dadurch entstehenden Vertiefung, die Treulose aber stürzte hinein recht wie in ein offenes Grab und ward vom Stein, der gleich über sie sich wälzte, so zerschmettert, daß ihr Blut ihn bespritzte und auch die weißen Blumen rings umher.
Wieder nach einer Zeit kehrte der Ritter heim, und sein Weg führte ihn durch jenes Wäldchen, und da er an den Stein kam, sah er, daß er mit rötlichen Flekken und Adern überlaufen war und die Blumen rot waren, die zuvor weiß gewesen. Da ahnete ihm nichts Gutes, und er zog sein Schwert und führte einen Streich auf den Stein, da sprang ein Blutstrahl heraus, und ein Klageschrei tönte aus der Tiefe. Da pflückte der Ritter einen Strauß von den Blumen, bestieg sein Roß und zog wieder in den Krieg, aus dem er nimmer heimkehrte. Die Blume, welche zuvor weiß und hernach rot blühte, das ist die Heide. Und den Stein hat man hernach den Brautstein genannt und die Heide Brauttreue. Selten findet man hie und da noch einen Heidestengel mit weißen Blüten.
Quelle Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch Meersburg und Leipzig 1930, S. 221
Der Fliegende Holländer
- Überlieferung -
Im Lande Limburg liegt ein altes Schloß, das ist Falkenberg genannt, darin es spukt und umgeht. Eine Stimme ruft gegen die vier Wände den Klageruf: Mörder! Mörder! - Zwei kleine Flämmchen flackern vor der Stimme her, aber den Rufer sieht keiner. Und das ist also seit sechshundert Jahren. Damals, vor so langer Zeit, stand das Schloß noch in seinem Glanze, zwei Brüder von Falkenberg wohnten darin, die hießen Waleram und Reginald und liebten beide die schöne Tochter eines Grafen von Cleve, Alix. Waleram war der Glückliche, den die Jungfrau erkor, und feierte mit ihr glänzende Hochzeit. Dem verschmähten Reginald aber wandte der Rachegeist das Herz im Busen, und er ging und ermordete die Liebenden in ihrem Brautbette.
Im Todeskampfe griff Waleram in des Bruders Mordwaffe, schlug ihm die blutende Hand ins Gesicht und sank dann tot zurück. Der Mörder schnitt vom Haupt der von ihm erdolchten Braut eine Locke und entwich, war auch nimmer zu finden, als man die Toten fand und bejammerte und den Mörder ahnete. Es lebte dazumal nicht allzuweit vom Schlosse Falkenberg ein frommer Einsiedel, dessen Klause neben einer kleinen Kapelle stand. Bei dem klopfte es an um Mitternacht und begehrte Einlaß im Namen des Himmels. Reginald war's, den die Reue marterte, und auf dessen Gesicht die Spur einer blutigen Hand unaustilgbar sichtbar war, ein Wahrzeichen, was kein Wasser abwusch. Reginald beichtete dem Einsiedel seine schwere Schuld, und der hieß ihn mit ihm gehen, und führte ihn in die Kapelle, und kniete mit ihm am Altare, und betete mit ihm die ganze Nacht.
Am andern Morgen gebot der Einsiedel dem Grafen Reginald von Falkenberg: Wandelt als büßender Pilger gen Norden und immer gen Norden, bis Ihr keine Erde mehr unter den Füßen habt, dann wird Gott Euch durch ein Zeichen offenbaren, was Ihr weiter beginnen sollt. Da sprach Reginald kein anderes Wort als Amen und verbrannte an der ewigen Ampel des Altars Alixens Locke und ging von dannen, gen Norden und immer gen Norden, und büßte und betete. Und da sind zwei Gestalten mit ihm gegangen, eine weiße zu seiner Rechten und eine schwarze zu seiner Linken; die zur Rechten bestärkte ihn im Büßen und Beten, die zur Linken aber flüsterte ihm zu, davon abzulassen und den Freuden der Welt zu leben, und so kämpften sie um seine Seele, und dieser Kampf, den er im Herzen fühlte und mitkämpfte, war seine Buße.
So ging er Tage lang, und Wochen lang, und Monden lang, bis er am Meere stand und kein Erdreich mehr vor sich sah, darauf er seinen Fuß hätte setzen können. Aber da fuhr ein Nachen heran, da saß einer drin, der winkte Reginald und sprach: Exspectamus te! Und das war das Zeichen, und Reginald stieg in den Kahn, und die zwei Gestalten mit ihm. Und der Mann im Nachen stieß ab und fuhr nach einem großen Schiffe hin, das im Meere lag und alle Segel aufgespannt hatte und alle Flaggen aufgezogen. Da stiegen die drei an Bord, und der Mann samt dem Nachen verschwand, und das Schiff segelte durch das Meer. Reginald aber ging unter das Verdeck des Schiffes, das ganz menschenleer war und ohne alle Bemannung; da stand eine Tafel und Stühle, und die drei setzten sich, und die schwarze Gestalt legte drei beinerne Würfel auf den Tisch und sprach: Jetzt wollen wir um deine Seele würfeln bis zum Jüngsten Tag.
Und das tun sie noch heute, ohne Ruder und ohne Steuer fährt das Schiff durch