Familien-Biografik. Rainer Adamaszek
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Therapeutische Entschlüsselung und
Wandlung von Schicksalsbindungen
Neuveröffentlichung
Neuveröffentlichung
Dr. Rainer Adamaszek
Über alle Rechte dieses Buches verfügt der Autor.
Korrigierte und erweiterte Neuauflage 2011
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Herstellung E-Book: www.epub-eBooks.de
1. Auflage: Carl Auer Systeme, Heidelberg 2001
2. Auflage: Carl Auer Systeme, Heidelberg 2003
978-3-8442-0692-0
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek:
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detailiierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Dank (Januar 2001)
„Weil das Wesen der Krankheit ein biographisches ist, darum kann auch die Erkenntnis der Krankheit immer nur eine biographische sein.“ Diese Worte Viktor von Weizsäckers (1967, 259) haben sich mir als Leitsatz tief eingeprägt. Weizsäcker ist - durch Vermittlung meines Doktorvaters Wolfgang Jacob - mein Lehrer geworden, ohne dass ich ihn je persönlich erlebt hätte, denn er starb bereits, als ich zur Schule ging und mich noch gar nicht entschieden hatte, Arzt zu werden. Ihm verdanke ich die Richtung meines Fragens.
Um dies Buch zu schreiben, habe ich lernen müssen, meinen eigenen Sinnen zu vertrauen, wo die gängigen Kategorien der Heilkunde sich als Worthülsen erweisen. Vielleicht ist aus so wenigen Worten schon zu verstehen, dass ich damit meinen Eltern Dank sage. Mein Dank gilt darüber hinaus all den anderen, die mich - direkt und indirekt - dazu ermutigt und darin unterstützt haben.
Meine Frau Monika hat mich mit ihren biographischen Untersuchungen über den Zusammenhang von Leiblichkeit und Bindungsgeschehen dazu veranlasst, jene Schriften Viktor von Weizsäckers erneut zu lesen, mit denen ich während des Medizinstudiums am wenigsten hatte anfangen können, und deren Reichtum überhaupt erst selbst zu entdecken. Nicht zuletzt hat sie durch ebenso entschiedene wie geduldige Kritik und eigene Ideen sowohl die jetzige Form als auch den Inhalt des Textes stark beeinflusst.
Meine PatientIinnen forderten mich heraus, indem sie sich mir anvertrauten. Die Fallbeispiele sind - das sei an dieser Stelle erwähnt - von mir so bearbeitet, dass etwaige Übereinstimmungen mit der Wirklichkeit in der Natur der dargestellten Gesetzmäßigkeiten liegen, bezüglich der Personen aber vermieden werden. KollegInnen haben mir mit Zustimmung ihrer PatientInnen im Rahmen gemeinsamer Fallsupervision Ausschnitte aus Familienbiographien überlassen und so eine weitere Überprüfung der Zuverlässigkeit des hier dargestellten Ansatzes ermöglicht.
Eveline Goodman-Thau hat mich mit ihrem unkonventionellen Denken insbesondere in den Anfängen meiner Entdeckungen persönlich begleitet, als sie 1993 im Rahmen der „Karl-Jaspers-Vorlesungen zu Fragen der Zeit“ in Oldenburg als Gastprofessorin lehrte. Sie hat mir seither Einblick in Zusammenhänge des Geistigen vermittelt, die mir zuvor verschlossen waren, und mir Mut gemacht, auf jenen unbefangenen Ernst im Umgang mit dem Religiösen zu vertrauen, der meine Art der Würdigung hat reifen lassen.
Großen Anteil hat meine Auseinandersetzung mit den Weg weisenden Beobachtungen und Gedanken Bert Hellingers, dessen hohe Sensibilität für das, was dem Frieden zwischen den Lebenden und den Toten dient, und dessen Scharfsichtigkeit in der Kritik intellektueller Holzwege die große Fruchtbarkeit des phänomenologischen Ansatzes auf dem Gebiet der Heilkunde aufzeigt - wie mir scheint: seit Viktor von Weizsäcker erstmals wieder. Als ich besonders auf Ermutigung angewiesen war, hat er sie mir in seiner unnachahmlichen Art zukommen lassen.
Zur zweiten Auflage (April 2003)
Einer weiteren Dankespflicht möchte ich anlässlich der zweiten Auflage nachkommen und nachträglich hervorheben, welche Offenbarung für mich das Denken von Emmanuel Lévinas gewesen ist. Mit seinen Schriften machte ich mich gerade rechtzeitig vertraut, als ich um die Begriffe zu ringen begann, in denen sich meine Erfahrungen als Arzt und Therapeut fassen ließen. Wenn ich ihn heute lese, wird mir klar, dass mein Buch ohne diese Schule des Denkens nicht hätte entstehen können.
Auch den Leserinnen und Lesern danke ich, die durch ihre Empfehlungen die Verbreitung des Buches ermöglicht haben und mir bestätigen, dass der Ansatz der biografischen Methode auch in der sehr gestrafft vorliegenden Darstellungsform bereits nachvollziehbar und fruchtbar ist. Das finde ich umso bemerkenswerter, als die zum gründlicheren Verständnis unverzichtbaren Ausführungen über die transpersonale Dynamik von Ohnmachtserfahrungen erheblich hatten gestutzt werden müssen. Ich arbeite an den notwendigen Ergänzungen, die einen gesonderten Rahmen fordern.
Vorwort zur Neuveröffentlichung
Für diese „dritte Auflage“ habe ich mein im April 2001 erschienenes Buch nur geringfügig überarbeitet. Damals eröffnete es einen neuartigen Blick auf Probleme, die in der Heilkunde bislang keine gründliche Würdigung erfahren, obwohl sich deren Missachtung in unbefriedigenden Heilungsversuchen zum Ausdruck bringt. Dieselbe Aufgabe erfüllt es heute noch immer.
Meine Arbeitsweise und meine Einsichten haben sich seit dem ersten Erscheinen des Buches weiter entwickelt. Auch die lediglich redaktionell korrigierte Gestalt von 2003 gibt meinen damaligen Wissensstand noch nicht wieder, präzisiert aber vollgültig meinen methodischen Ausgangspunkt. Seither habe ich keine Veranlassung gehabt, dauerhaft an der Richtigkeit des Grundkonzepts zu zweifeln. Wo immer Unsicherheiten auftraten und Zweifel sich anmeldeten, waren sie mir als Bewährungsproben willkommen. Hätten sie sich bestätigt, wäre mir die Mühe einer Neuveröffentlichung erspart geblieben. Stattdessen sind andere Publikationen in Vorbereitung, um meine weiterführenden Erfahrungen darzulegen.
Die jetzige Überarbeitung beschränkt sich im Wesentlichen auf eine graphische Aufbereitung sämtlicher Illustrationen. Allerdings habe ich ein Nachwort hinzugefügt, um den Standort der Biografik im gegenwärtigen Forschungsbetrieb herauszuarbeiten. Darin erläutere ich insbesondere die Brisanz der wissenschaftshistorischen Beziehung, die durch die Entwicklung der biographischen Methode zwischen Viktor von Weizsäcker und Bert Hellinger offenbar wird.
Mein tiefer Dank gilt noch einmal, wie in den beiden ersten Auflagen, meiner Frau Monika, die mir geduldig und geistesgegenwärtig geholfen hat, die zur Neuauflage führende Initiative zu ergreifen; darüber hinaus all denjenigen Freunden und Freundinnen, die nicht nachgelassen haben, mir die Notwendigkeit vor Augen zu halten, dass die gute alte „Familien-Biografik“ ungeachtet der notwendigen Folgeprojekte als „Grundlagenwerk“ verfügbar zu halten ist. Hervorheben möchte ich zwei davon: Helga Mack-Hamprecht, die begeisterte Leserin der ersten Stunde, die seither mit dafür gesorgt hat, das Buch bekannt zu machen, und außerdem unermüdlich Seminare über dessen Themen organisiert. Und Stephan Grätzel, denn auch ihm verdanke ich weit mehr als Ermutigung, vielmehr eine besondere freundschaftliche Begleitung, die räumliche Ferne zu überbrücken sowie den Widerspruch zwischen kritischer Distanz und vertrauter Nähe zu versöhnen und mit äußerst fruchtbaren Hinweisen zu verbinden versteht.
Im April 2011
Teil I
1 Spuren des Leibhaftigen
„Wenn demnach die Einteilung der Krankheiten ein zwar unvermeidliches, aber nicht besonders wichtiges Geschäft ist, so gibt es doch eine Art des Einteilens, welche der Krankheitsidee, die wir vertreten, entspricht. Das ist die, welche sich aus der Lebensordnung eines Menschen in seinem Zusammenleben mit anderen Menschen (vor, mit oder nach ihm lebend) ergibt.“ (Viktor von Weizsäcker)
1.1 Kindliche Liebe, leibliche