Edgar Wallace - Gesammelte Werke. Edgar Wallace

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Edgar Wallace - Gesammelte Werke - Edgar Wallace


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Taschenlampe auf.

      »Rühren Sie sich nicht von der Stelle!« rief eine heisere Stimme. »Wenn Sie es tun, schieße ich Sie sofort nieder, wer es auch gerade sein mag!«

      »Wer sind Sie?« fragte Andy.

      »Mein Name ist Albert Selim.«

      Schon hatte sich die Tür geöffnet und wieder geschlossen. Sie hörten, wie der Schlüssel umgedreht und gleich darauf die Haustür zugeschlagen wurde.

      Andy sprang zu dem Fenster, das nach der Straße zu lag, und riß den Vorhang beiseite. Aber durch die bunten Glasfenster hätte man auch am hellen Tag nichts erkennen können. Er riß das Fenster auf und sah hinaus. Von dem Einbrecher war nichts mehr zu sehen.

      »Das ist wieder so ein Abenteuer Ihres Freundes Scottie«, sagte Wilmot zähneknirschend.

      Andy wandte sich ihm zu.

      »Mein Freund Scottie, wie Sie ihn zu nennen belieben, hätte kaum sechstausend Pfund in Ihrem Geldschrank gelassen. Außerdem hat er nicht so gepflegte Hände wie der Mann, der das Licht ausschaltete.«

      Auf Andys schrillen Pfiff stürzte ein Polizist herbei.

      »Schicken Sie den Sergeanten zu mir und rufen Sie Ihre Station an, daß alle Leute zu einer Durchsuchung des Geländes ausgeschickt werden. Sehen Sie zu, daß Sie jede mögliche Unterstützung bekommen – aber machen Sie schnell!«

      Um diese Zeit hätte Scottie ausgegangen sein können, aber zufällig hatte er Stella geholfen, Kenneth Nelsons neues Gemälde einzupacken. Er habe das Haus den ganzen Abend nicht verlassen, erzählte Stella. Der Detektiv ging zu Wilmot zurück. Downer war inzwischen gegangen.

      »Ich will das Geld an mich nehmen«, sagte Andy und hob die Brieftasche auf. »Und nun sagen Sie mir alles, was Sie von dem Trauschein noch wissen.«

      »Glauben Sie wirklich, daß es Albert Selim war?«

      »Ich bin sicher, daß es der Mann war, der Mr. Merrivan tötete«, erwiderte Andy kurz. »Er bedrohte uns mit derselben Waffe, mit der er den Mord beging.«

      Mr. Wilmot schauderte.

      »Der Trauschein beurkundete eine Heirat zwischen einem gewissen John Severn und einem Dienstmädchen namens Hilda Masters. Die Ehe wurde vor etwa dreißig Jahren geschlossen und in der St.-Pauls-Kirche, Kensington, eingesegnet.«

      Andy notierte sich diese Einzelheiten.

      »Erschien der Name Ihres Onkels in irgendeiner Weise auf der Urkunde?«

      Wilmot schüttelte den Kopf.

      »Sie kennen John Severn nicht? Hat Ihr Onkel Ihnen gegenüber nie den Namen erwähnt?«

      »Nein. Ich möchte Ihnen aber noch etwas wegen des Geldes sagen, Macleod. Ich will nicht in Ungelegenheiten kommen, wenn es sich vermeiden läßt. Ich habe es wirklich nur genommen, um es in Sicherheit zu bringen. Wie sind Sie denn dahintergekommen?«

      »Sie kennen meine Methoden, Wilmot«, erwiderte Andy sarkastisch. »Die ganze Sache kann für Sie sehr übel werden. Ich gebe Ihnen den guten Rat, um Downer einen weiten Bogen zu machen. Der hat mit Ihnen kein Erbarmen und wird Sie ebenso verraten, wie er Albert Selim verraten würde, wenn er ihn fangen könnte.«

      Ein ähnlicher Gedanke war Wilmot auch schon gekommen.

      »Wegen der Verleumdungsklage ist auch Downer nicht ganz wohl«, meinte er. »Ich glaube, in seinem nächsten Artikel wird er zahmer sein. Außerdem wird ihm ja auch Selim genügend Stoff dafür geben.«

      Andy war derselben Ansicht. Er sprach noch einmal bei Stella vor, ehe er ins Gästehaus ging. Scottie hatte sich schon zur Ruhe gelegt, er war direkt musterhaft geworden.

      »Alle Leute in Beverley sind über den Artikel sehr aufgebracht und haben mir ihre Anteilnahme ausgedrückt«, sagte Stella. »Ich habe noch nie soviel Besuch gehabt wie heute. Sheppards waren hier, Masons, sogar die Gibbs, die doch so ruhige Leute sind. Alle sind sehr ungehalten über Artur Wilmot. Was wird die Zeitung wohl morgen bringen?«

      »Sehr wenig. Downer wird über den Einbruch in Wilmots Wohnung berichten und den Besuch dieses geheimnisvollen Albert Selim mit allen Einzelheiten schildern. Er wird auch die Gelegenheit wahrnehmen, sich zu verteidigen. Man droht in ähnlichen Fällen den Zeitungen häufig mit Verleumdungsklagen. Downer wußte, daß er den Bogen überspannt hatte. Ich habe schon gemerkt, daß er etwas nervös war, als ich heute seinen Brief erhielt. Es gehört schon viel dazu, ihn nervös zu machen, aber wahrscheinlich waren ihm schon selbst Zweifel an der Glaubwürdigkeit Wilmots gekommen.«

      Die Schleier, die über dem geheimnisvollen Mord von Beverley Green lagen, wurden immer dichter und undurchdringlicher. Auch Albert Selims Erscheinen brachte Andy der Lösung keinen Schritt näher. Warum hatte der Mann sich einer so großen Gefahr ausgesetzt, nur um einen offensichtlich wertlosen Trauschein in seinen Besitz zu bringen? Wer war dieser John Severn, und wer war das Dienstmädchen Hilda Masters?

      Ins Gästehaus zurückgekommen, erhielt er von Zeit zu Zeit telefonische Berichte von den Polizeibeamten, die die Gegend nach dem Fremden absuchten. Die Polizei der Nachbarorte unterstützte sie. Die Hauptstraßen wurden abpatrouilliert und die Nebenwege überwacht. Mit der kleinen Mannschaft konnte man allerdings das offene Land nicht absperren, damit mußte bis zum Tagesanbruch gewartet werden.

      Um ein Uhr nachts trat er kurz vor die Tür, um ein wenig frische Luft zu schöpfen. Das Zimmer bedrückte ihn, und er hatte Kopfschmerzen bekommen.

      In Beverley Green war um diese Zeit jedes Haus dunkel, auch aus Stellas Zimmer drang kein Lichtschein.

      Inspektor Dane kam eben mit dem Rad an, um ihm den letzten Bericht persönlich zu überbringen.

      »Wir haben jedes Auto zwischen hier und Cranford Corner angehalten. Glauben Sie, daß es ratsam wäre, eine Durchsuchung sämtlicher Häuser von Beverley Green vorzunehmen?«

      »Ich wüßte nicht, warum. Sollte Selim tatsächlich ein Bewohner des Ortes sein, so könnten wir das durch eine Haussuchung auch nicht feststellen. Außerdem wäre es gesetzwidrig, wenn wir nicht die nötigen Befehle aus London haben. Vielleicht ...«

      Andy wurde plötzlich unterbrochen, denn durch die Stille der Nacht tönte ein Schuß. Gleich darauf fielen ein zweiter, ein dritter und nach kurzer Zeit noch ein vierter. Sie kamen aus der Richtung der Hügel jenseits des Ortes.

      »Wilddiebe können es nicht gut sein«, meinte Inspektor Dane.

      »Wilddiebe benützen gewöhnlich keine Pistolen.«

      Das Telefon im Gästehaus klingelte stürmisch. Die Haustür war offen geblieben, und sie hörten es schon, bevor Johnston herausgestürzt kam, um Andy zu rufen.

      »Mr. Salter ist am Apparat. Er möchte Sie dringend sprechen!« Andy lief hinein und nahm den Hörer auf.

      »Sind Sie es, Mr. Macleod? Haben Sie die Schüsse gehört?«

      »Jawohl.«

      »Ich habe geschossen. Es ist ein Raubüberfall auf Beverley Hall gemacht worden. Jemand versuchte einzubrechen. Er ist in Richtung Spring Covert entflohen. Können Sie herkommen?«

      Andy holte seinen Wagen aus der Garage und fuhr mit Inspektor Dane in schnellstem Tempo die Hauptstraße entlang.

      Mr. Salter sah blaß und angegriffen aus. Er trug einen Schlafrock über dem Pyjama und erwartete die Beamten in seiner Bibliothek.

      »Es tut mir leid, daß ich Sie stören mußte, Macleod«, begann er.

      »Haben Sie den Mann zu Gesicht bekommen?« fragte Andy schnell.

      »Ich konnte ihn nur von hinten sehen. Er muß mindestens schon eine halbe Stunde im Haus gewesen sein, bevor ich ihn hörte. Ich hätte ihn wahrscheinlich gar nicht bemerkt, wenn er nicht die Frechheit besessen hätte, in mein Schlafzimmer zu kommen.«

      Salter zeigte ihnen das Fenster, das aufgebrochen worden war. Es gehörte zu dem


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