Von der Bürgerbeteiligung zur kommunalen Nachhaltigkeit. Wolfgang Ahlf

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Von der Bürgerbeteiligung zur kommunalen Nachhaltigkeit - Wolfgang Ahlf


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      Von der Bürgerbeteiligung zur kommunalen Nachhaltigkeit

      Möglichkeiten zur Gestaltung der Zukunft

      Wolfgang Ahlf

      In dieser Publikation wird keine durchgängig geschlechtergerechte Sprache verwendet. Mit „Bürger“, „Teilnehmer“ usw. sind immer Männer und Frauen gemeint.

      Impressum

      Texte: © Copyright by Wolfgang Ahlf

       Umschlag: © Copyright by Wolfgang Ahlf

       Verlag: Wolfgang Ahlf

       21075 Hamburg

       [email protected]

      Druck: epubli ein Service der neopubli GmbH, Berlin

      ISBN 978-3-****-***-*

      Printed in Germany

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      1 Allgemeines

      Joseph Beuys nahm die Einsicht vorweg, dass im politischen Leitkonzept einer nachhaltigen Entwicklung soziale, ökonomische und ökologische Problemlagen als Wirkungsgeflecht vorliegen.

      Abb. 1 Joseph Beuys bei seinem Vortrag "Jeder Mensch ein Künstler - Auf dem Weg zur Freiheitsgestalt des sozialen Organismus" fotografiert von Rainer Rappmann in Achberg / Germany 1978

      1.1 Ausgangslage

      Drei Viertel der deutschen Bevölkerung halten Politiker für weltfremd wie eine repräsentative Umfrage von Emnid im Auftrag des Fernsehsenders N24 ergab (Wiedemann & Vitzhum, 2016). Sie werfen den etablierten Parteien vor, sich von der Lebensrealität der Bevölkerung entfernt zu haben. Die gesellschaftlichen Verhältnisse werden als ungerecht empfunden, insbesondere werden die Vermögensverteilung und die Abgabenlast als unfair benannt.

      Damit entsteht das Bild einer unattraktiven, von der Gesellschaft losgelösten Parallelgesellschaft und gegen deren Entscheidungen man machtlos ist. Es muss daher darum gehen, eine Bereitschaft zum Engagement in Bereichen zu aktivieren bei denen man konkret betroffen ist und Veränderungen erreichen möchte.

      Das Konzept einer nachhaltigen Gesellschaftsentwicklung erhielt einen Aufschwung durch die Diskussion über den Klimawandel, in der deutlich wurde, dass globale Probleme nur durch gemeinsame Aktivitäten von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu lösen sind. Zunächst musste das Wissen verschiedener Disziplinen verbunden werden, um überhaupt das Problem zu erkennen. Komplexe Zusammenhänge wurden studiert und die kausalen Verbindungen wurden veranschaulicht. Das ist die Grundlage, um eine gesellschaftliche Problemlage allgemein verständlich und transparent zu vermitteln. Daraus sollen gesellschaftliche Herausforderungen abgeleitet werden. Das Ziel ist es, ein interaktives System aufzubauen, das in einem fortlaufenden Prozess Forschung, Gesellschaft und Politik verbindet. Ein wichtiger Bestandteil ist das Mitmachen von Interessenten und Entscheidungsträgern, auch um die Erfahrung und das vorhandene Wissen in der Gesellschaft als eine zusätzliche Informationsquelle erfolgreich zu nutzen. Der Slogan „Global denken, lokal handeln“ erhält so eine besondere Bedeutung.

      Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für umweltrelevante Projekte ist die Beteiligung von Betroffenen bereits gesetzlich gefordert. Angesprochen werden „stakeholder“ (von der geplanten Anlage oder Aktivität betroffene Bürger), die frühzeitig in den Planungsprozess aufgenommen werden sollen, um unnötige Auswirkungen und Verzögerungen zu vermeiden. Die derzeitige Situation in Bezug auf Bürgerbeteiligung für nachhaltige Entwicklung ist paradox: einerseits werden von Entscheidungsträgern in Politik, Verwaltung und Wirtschaft Konzepte nachhaltiger Entwicklung, zumindest auf politischer Ebene, durchaus anerkannt. Andererseits fehlt es am Willen die durchaus vorhandenen Bürgeraktivitäten in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. So wird die geplante Elbvertiefung nach neun Jahren der Planung gerichtlich entschieden. Statt einem Dialog findet eine Konfrontation unterschiedlicher Interessengruppen statt.

      Auch die Diskussion über Stuttgart 21 hat gezeigt, dass Großprojekte gegen den Bürgerwillen nur sehr schwer durchzusetzen sind und die gesetzlich vorgesehenen formalen Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht ausreichen. In den letzten Jahren hat eine breite Diskussion über die Möglichkeiten einer Verbesserung der Bürgerbeteiligung stattgefunden, die eine Vielzahl von Publikationen mit diversen Leitfäden zur Durchführung von Beteiligungsmethoden zur Folge hatten (z.B. Sommer, Kursbuch Bürgerbeteiligung, 2015). Bürgerbeteiligung ist ein elementares Grundprinzip der Kommunalpolitik und die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist Grundlage und gelebte Praxis kommunaler Selbstverantwortung.

      Grundsätzlich sollen Bürger motiviert werden, sich aktiv an einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu beteiligen. So fordert die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (2016) integrierte, ressourceneffiziente Ansätze im Wohnungsbau, in der Energieversorgung und beim Ausbau nachhaltiger urbaner Mobilität mit guter lokaler Regierungsführung und Bürgerbeteiligung. Die zuständigen Behörden sind aufgefordert, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens zu informieren. Die möglichen Wege einer Bürgerbeteiligung haben dann zum Ziel, dass die potentiellen Konflikte nicht zu einer Blockade, sondern zu einem konstruktiven Umgang mit unterschiedlichen Werten und Interessen führen sollen. Nach Ansicht der Autoren Klages und Vetter (2013) führt die Bürgerbeteiligung so zu einer neuen Arbeitsweise bei kommunalen Entscheidungen (vgl. Abb. 2).

      Abb. 2 Bürgerbeteiligung bei kommunaler Ent- scheidungsfindung

      Die in den letzten Jahren zunehmende Erkenntnis der Vernetzung von Ursachen und Wirkungen von Umweltproblemen, aber auch die zunehmende Komplexität von angepassten Handlungsstrategien, haben den Bedarf nach einer Strukturierung von Kriterien zur Beurteilung von Umweltwirkungen, Umweltproblemen und Handlungsstrategien ausgelöst. Hieraus sind sogenannte Indikatorensysteme entstanden, die heute die Grundlage für die Überwachung von Umweltveränderungen, aber auch der Kontrolle des Erfolges von Handlungsstrategien und politischen Zielsetzungen dienen. Nur was gemessen und auch überprüft wird, kann auch verbessert werden.Indikatoren

      Unter einem Indikator versteht man im Allgemeinen eine Kenngröße die der Beschreibung des Zustandes eines Systems dient. Indikatoren sind vergleichsweise leicht erfassbare, aussagekräftige Leitgrößen für ansonsten schwer zu charakterisierende Gesamtsysteme, z.B. Ökosysteme oder Wirtschaftssysteme.

      In der Umweltforschung sind Methoden zur integrierten Umweltbewertung entwickelt worden, die neben ökologischen und ökonomischen Dimensionen auch soziale Auswirkungen untersuchen. Die Betrachtung der Bedürfnisse von Bürgern im individuellen und gesellschaftlichen Zusammenhang wird Bedürfnisorientierung genannt und über Indikatoren bewertet. Ein Beispiel für eine einfache und bekannte integrierte Bewertung ist der Luftbelastungsindex, der integrativ Indikatoren der Luftqualität zusammensetzt. In einem Aggregationsschritt können dann die so gewonnenen Daten zu einer einzigen Kennzahl verdichtet und zum Vergleich von regionalen und saisonalen Unterschieden herangezogen werden. Visualisiert werden die Belastungen als „gut und schlecht“ dann auf Landkarten mit Rot/Gelb/Grün analog zur bekannten Ampel. Diese Methode der integrierten Bewertung soll hier übertragen werden auf ein Nachhaltigkeitsmanagement für Kommunen. Indikatoren wie das Bruttosozialprodukt, die Arbeitslosenquote oder der Aktienindex haben einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidungen politischer und wirtschaftlicher Akteure. Obwohl sie nur Teilaspekte des volkswirtschaftlichen Geschehens abbilden und, wie beispielsweise das Bruttosozialprodukt, inhaltlich und methodisch durchaus umstritten sind, haben sich diese Größen allgemein als Gradmesser politischen und wirtschaftlichen Erfolgs etabliert. Diese allgemeingebräuchlichen Indikatoren decken aber nicht genügend Fragen der Nachhaltigkeit ab und so müssen


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