Satan und Ischariot III. Karl May

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Satan und Ischariot III - Karl May


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seinem Stuhle auf, ging einigemal im Zimmer hin und her, blieb schließlich vor mir stehen und fragte:

      »Sir, alles, was ich jetzt gehört habe, ist wahr, ist die reine Wahrheit?«

      »Ja.«

      »Verzeiht die Frage! Ich sehe ein, ja ich muß einsehen, daß sie überflüssig ist; aber es klingt das alles so unmöglich, und für mich handelt es sich dabei um mehr, als Ihr vielleicht denkt.«

      »Um was es sich für Euch handelt, kann ich mir denken -um Euern Ruf, Eure Zukunft, vielleicht auch Euer Vermögen.«

      »Natürlich auch um das letztere. Wenn es sich herausstellt, daß Ihr Euch nicht irrt, werde ich, selbst wenn mich niemand dazu zwingen könnte, mit allem, was ich besitze, für den Verlust eintreten, welchen die richtigen Erben dadurch, daß ich mich habe täuschen lassen, erleiden. Und leider bin ich der Überzeugung, daß alles, was ich dem Betrüger übergeben habe, verloren ist.«

      »Ich möchte das jetzt noch nicht als Thatsache hinstellen. Man kann ihn noch erwischen.«

      »Schwerlich! Er ist über die See und wird sich gewiß an einem Orte verstecken, von dem er weiß, daß er ihm Sicherheit gewährt.«

      »Hatte sich nicht auch sein Vater versteckt? Und haben wir diesen nicht in Tunis gefunden? Ich denke, daß der Sohn keinen Vorzug vor dem Vater haben wird. Die eigentliche Schwierigkeit liegt darin, daß die drei Halunken die Beute teilen werden. Selbst wenn wir den einen erwischen, gehen die beiden andern Teile verloren.«

      »So meint Ihr also, daß Harry Melton auch jetzt die Hand im Spiele gehabt hat?«

      »Ich bin überzeugt davon.«

      »In welcher Weise sollte er geholfen haben?«

      »Hm! Wie hieß der Schreiber, welcher mir die beiden Antworten geschrieben und Eure Unterschriften gefälscht hat?«

      »Hudson.«

      »Wie lange ist er schon bei Euch?«

      »Ein und ein halbes Jahr.«

      »Ich vermute, daß er sich nicht mehr in Eurer Office befindet.«

      »Ich erwarte seine Heimkehr übermorgen. Er wurde telegraphisch von dem Tode seines Bruders benachrichtigt und erbat sich zwei Wochen Urlaub, um beim Begräbnisse desselben zu sein und dann die Kinder des Verstorbenen unterbringen zu können.«

      »Wo soll der Bruder gelebt haben und gestorben sein?«

      »Droben in St. Louis.«

      »So können wir getrost bis auf weiteres annehmen, daß er diese Richtung nicht eingeschlagen hat. Wie seid Ihr mit ihm bekannt geworden?«

      »Durch die schriftlichen Empfehlungen, welche er besaß. Ich stellte ihn zunächst als gewöhnlichen Schreiber an, obgleich er bedeutend älter war als Leute, denen man sonst einen solchen Posten anweist, doch schon nach kurzer Zeit erwies er sich so brauchbar, daß ich ihm immer mehr und mehr anvertraute. Er lebte außerordentlich zurückgezogen, war sehr fleißig und pünktlich und schien in seinen Mußestunden zu studieren, denn ich bemerkte gar wohl, daß seine Kenntnisse sich vermehrten. Es gab Fächer, in denen ich meine Klienten getrost an ihn weisen konnte; ich war überzeugt, daß sie von ihm ebensogut bedient wurden, wie von mir selbst.«

      »Wie stand er sich mit Euern andern Arbeitern?«

      »Er lebte mit keinem von ihnen auf vertrautem Fuße; er hatte in seinem Verhalten gegen sie etwas, was ihn unnahbar machte, obgleich ich ihn keineswegs als abstoßend bezeichnen kann. Dann, als seine Stellung sich immer mehr besserte, bis er es endlich zum Vorstande der Office brachte, verstand es sich von selbst, daß er sich noch mehr absonderte.«

      »Wer hatte die Briefe und übrigen Eingänge zu empfangen?«

      »Er. Was ohne mich erledigt werden konnte, erledigte er; das übrige hatte er mir vorzulegen.«

      »So hat er meine beiden Briefe empfangen, geöffnet, gelesen und beantwortet, ohne Euch ein Wort davon zu sagen. Wie alt war er ungefähr?«

      »Er schien am Ende der fünfziger Jahre zu stehen.«

      »Welche Gestalt?«

      »Schmächtig, starkknochig, schwarz von Haar.«

      »Zähne?«

      »Vollständiges Gebiß.«

      »Sein Gesicht?«

      »Das war ein ganz eigentümliches. Hudson war ein sehr schöner Mann; ich habe noch nie das Gesicht eines Mannes gesehen, welches so schön war wie das seinige. Aber wenn man dasselbe länger betrachtete, so bekam man das Gefühl, als ob die Schönheit auch ihre Mängel habe. Ich bin kein Maler, kein Kunstverständiger und verstehe nicht, mich richtig auszudrücken. Sein Gesicht war schön; es gefiel mir, aber dann nicht mehr, wenn ich es länger als nur vorübergehend betrachtete.«

      »Gut, Sir; ich weiß jetzt, woran ich bin. Harry Melton ist der Vorstand Eurer Office gewesen.«

      »Alle Wetter! Meint Ihr das wirklich?«

      »Unbedingt. Er durfte sich nicht sehen lassen; er mußte zurückgezogen und verborgen leben. Sucht die Polizei einen schweren Verbrecher in der Office eines berühmten Advokaten?«

      »Das ist wahr. Sollte er schon bei seinem Eintritte bei mir von dem Plane unterrichtet gewesen sein, welcher jetzt ausgeführt worden ist?«

      »Möglich.«

      »Aber kein Mensch konnte damals wissen, daß man mich zum Erbschaftsverweser ernennen würde!«

      »War auch nicht nötig. Der alte Hunter war so alt, daß man seinen Tod bald erwarten konnte. Der junge Melton war dem Erben ähnlich. Ihr waret mit dem letzteren auf das innigste befreundet, woraus folgte, daß Hunter sich beim Tode seines Vaters in juristischen Fragen an Euch wenden würde – – da habt Ihr alles!«

      »Und dennoch wird es mir schwer, zu glauben, daß ich das Opfer eines schon so lange vorbereiteten Planes gewesen sein soll. Aber Ihr überzeugt mich. Ich nehme an, daß Ihr recht habt.«

      »Und ich bin sogar überzeugt, daß dieser famose Vorstand Eurer Office nicht nur mit seinem Bruder in Tunis korrespondiert, sondern auch von seinem Neffen von Zeit zu Zeit Briefe bekommen hat, um auf dem Laufenden erhalten zu werden.«

      »Welch ein Abgrund von Bosheit und Schlechtigkeit ist es, in welchen man da blickt! Und welch ein Glück, daß Ihr mir die verlangten Dokumente nicht geschickt habt! Sie wären vernichtet worden, sodaß man später keinen Beweis gegen diese Menschen hätte erbringen können.«

      »Was das betrifft, so wären, allerdings nur unter großem Zeitverluste, recht wohl neue Beweisschriften aus Tunis zu beschaffen gewesen; besser aber ist es allerdings, daß ich sie mir nicht habe ablocken lassen. Was gedenkt Ihr nun in der Angelegenheit zu thun, Sir?«

      »Vor allen Dingen meine nächste Pflicht. Ich habe der Behörde unverzüglich Meldung zu machen. Dazu bedarf es Eurer Dokumente. Werdet Ihr sie mir anvertrauen?«

      »Natürlich! Ich habe sie ja nur dazu mitgebracht. Auch die andern Papiere, die ich damals Harry Melton und seinem Neffen abgenommen habe, sollt Ihr erhalten. Hier ist das Paket; es ist alles beisammen.«

      »Ich danke! Man wird Euch einigemal belästigen, indem man Euch und Eure beiden Begleiter zur Vernehmung ladet. Ich bitte Euch sehr, besonders die Größe der Ähnlichkeit zu betonen, deren Opfer ich geworden bin!«

      »Ihr dürft überzeugt sein, daß ich nichts unterlassen werde, was Euch nützen kann. Höchst wahrscheinlich wird man die sofortige Verfolgung der drei Verbrecher einleiten?«

      »Natürlich! Man wird keine Minute damit säumen. Glücklicherweise haben wir hier so vorzügliche, gewandte und scharfsinnige Geheimpolizisten, daß sie sich auch mit anderen messen können. Sie sind in allen unsern Staaten berühmt und werden das mögliche thun, die Flüchtlinge zu ergreifen.«

      »Das ist ihre Pflicht, und dafür werden sie besoldet. Übrigens werde auch ich sofort nach der


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