Istanbul für Fortgeschrittene. Kalika Häring

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Istanbul für Fortgeschrittene - Kalika Häring


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Zumindest in diesem Teil der Altstadt. In anderen Bereichen sind die Straßen bereits erneuert worden, aber bis hierher hat die rege Bautätigkeit Istanbuls noch nicht gereicht.

      Wir stellen uns gerade vor, was wohl so ein armer Erstbesucher dieser Stadt jetzt denken würde, wenn er allein gelassen und ohne Reiseleiter durch die Straßen und Gassen irren würde. Selbst ein Stadtplan würde nicht helfen, denn Straßennamen haben diese Gässchen hier alle nicht. Oder zumindest haben sie keine Schilder, auf denen die Namen draufstehen.

      Zum Glück wissen wir, dass man in Istanbul keine Angst haben muss, egal wie unheimlich teilweise die verwirrende Ansammlung von Sträßchen anmutet.

      Wir traben in bester Zuversicht einfach drauflos – immer Richtung abwärts und irgendwie mit der Nase in Richtung Meer.

      Und es klappt: Nach vielleicht dreißig Minuten sehen wir die breite Straße vor uns, die die Altstadt vom Marmara Meer trennt und sich Kennedy Caddesi nennt.

      Es führen einige Fußgängerbrücken über die Straße und wir nutzen von oben die Gelegenheit, uns einen Eindruck von unserem weiteren Weg zu machen.

      Von uns aus rechts gesehen erkennt man den Fähranleger Yenikape. Davor liegen die großen Schiffe, die im Marmarameer ankern.

      Links sieht man die Promenade, die am Meer entlang führt und die wir in der schönen Morgensonne entlanggehen möchten, um später durch die alte Stadtmauer, die die Straße begleitet, in Höhe der Sultanahmet Moschee die Stadt wieder zu betreten.

      Auf der anderen Straßenseite angekommen, müssen wir erst einmal den kleinen Fischmarkt unten am Anleger besichtigen.

      Die Fische sind gerade erst angeliefert worden und die Händler sind noch dabei, sie aufzubauen.

      Aufbauen heißt: Die Fische werden schön drapiert, mal in Fächerform, mal im Halbkreis, mal im Vollkreis, mal unter- und mal nebeneinander.

      Die roten Kiemen werden aus den blauen Tieren herausgezogen, was einen sehr farbenfrohen Eindruck und auch einen von Frische vermittelt. Ständig werden die Tiere mit Wasser begossen, damit sie nicht austrocknen und immer schön frisch glänzen.

      Auf dem Boden wurde gerade ein fetter Schwertfisch abgeladen, der uns mit seinem roten Innenmaul und seinem langen Schnabel mit noch hellwachen Augen anlacht. Neben ihm hat es sich ein dicker Tunfisch gemütlich gemacht, der wahrscheinlich noch gar nicht ahnt, dass er alsbald in Scheiben zerteilt werden wird.

      Den Fischmarkt am frühen Morgen, es ist gerade kurz nach acht Uhr, zu erleben, macht Spaß. Die Luft ist noch frisch, die Sonne steht schon am Himmel, der Himmel ist blau und das Meer sowieso.

      Um diese Zeit sind die Händler noch sehr beschäftigt und haben keine Zeit, sich mit einzelnen Touristen zu beschäftigen, so dass wir ganz in Ruhe und ohne das übliche „Madam, schauen Sie...“ die Auslagen bewundern können.

      Die ersten Grill werden bereits befeuert und Garnelen auf Spieße gesteckt. Der Gemüsemann, der seinen Stand mitten zwischen den Fischen hat, baut mit viel Zuneigung seine Zwiebeln und Zitronen auf, schneidet hier eine Zitrone an und drapiert die beiden Hälften oben auf den ganzen Früchten und richtet seine Zwiebeln ordentlich aus, indem er immer die weiße Knolle in die eine und das grüne Ende in die andere Richtung legt. Und das grüne Ende verläuft nicht etwa in einer bräunlichen, verdorrten Spitze, wie wir das von zu Hause kennen, sondern ist exakt immer auf gleiche Länge abgeschnitten.

      Sehr schön macht ihr das hier, Jungs. Und wir dürfen gucken, einfach mal so, und müssen nichts dafür bezahlen.

      Wir gehen am Fischmarkt vorbei durch den kleinen Park, der die Promenade am Meer begleitet und lassen unseren Blick hinüberschweifen zu den Hügeln auf der östlichen Seite Istanbuls.

      Schön! Einfach schön. Und blau ist es hier. So blau das Meer, so blau auch der Himmel und von oben scheint die Sonne, die die Blätter der Bäume im Park glänzen lässt.

      Hier möchten wir einfach kurz einmal innehalten und uns hinsetzen, einen Tee trinken und das Szenario genießen.

      An der Promenade sind immer Menschen, die Tee anbieten und Stühle gibt es auch. Nur ein kleines Problem haben wir: Einen Geldautomaten haben wir auf unserem Weg durch die Gassen der Altstadt noch nicht gefunden, so dass wir jetzt versuchen müssen, den mobilen Teeverkäufer mit Euromünzen zufrieden zu stellen.

      Wir nehmen doch an, dass der sich freut, wenn er eine solch harte Währung in die Hand gedrückt bekommt.

      Aber weit gefehlt: Mit Euromünzen kennt er sich nicht aus. Und das ist schlecht. Das Problem ist nämlich, dass die heutige türkische Ein-Lira-Münze so aussieht wie unser zwei-Euro-Stück.

      Und da wahrscheinlich der Teeverkäufer unser Zwei-Euro-Stück für eine einzige türkische Lira hält, will er uns den Tee für so wenig Geld nicht verkaufen. Ein bisschen mehr dürfte es schon sein, liebe Leute. Vier! Vier Lira bitteschön. Das ist für einen Tee in Istanbul ein unverschämter Preis, aber wenn man den auch noch in Euro abdrücken soll, dann ist man doch ein bisschen ungehalten.

      Das bedeutet, wir müssen ihm vier Zwei-Euro-Münzen liefern, was acht Euro sind, wofür man sich in dieser Stadt normalerweise in Tee ertränken könnte.

      Und bitteschön: Wir sitzen nicht etwa in einem feinen Cafe', sondern auf Plastikstühlen in einem kleinen Park und der Tee kommt aus einem Plastikkanister.

      Sollen wir das Geld wirklich ausgeben? Nur, um Tee zu trinken und die schöne Aussicht zu genießen?

      Egal, was soll's. Es i s t schön hier und wir w o l l e n hier sitzen. Wir investieren jetzt und der nächste Weg wird uns ohne weitere Verzögerung zu einem Geldautomaten führen.

      Beschlossen und verkündet: Der alte Herr bekommt seine vier Münzen, die er wahrscheinlich nicht einmal wird eintauschen können, wir bekommen unseren Tee, übrigens in recht großen Tassen, was uns wieder versöhnt, und wir genießen unseren ersten Ausgang.

      Eine hübsche weiße Katze schaut vorbei, schmusig, wie sie fast alle sind hier in der Stadt und bereit, gleich einmal unseren Beutel zu untersuchen, ob sich da nicht etwas Fressbares findet. Leider haben wir das müde Brötchen aus dem Flieger bereits weggeworfen, sonst hätten wir es hier vielleicht noch einmal sinnvoll verwerten können.

      Aber auch ohne Fressen freut die Katze sich und dreht sich laut schnurrend um unsere Beine. Aber schließlich muss sie pinkeln und anschließend verscharrt sie ihr Geschäft, das sie freundlicherweise in einiger Entfernung von uns verrichtet, ganz sorgfältig und kratzt und kratzt die herumliegenden Blätter zusammen, bis alles wieder seine Ordnung hat.

      Danach hat die Katze an uns kein Interesse mehr, denn auf den Steinen vor der Promenade haben zwei ältere Herren gerade einen Fisch gefangen und den gilt es jetzt zu begutachten.

      Wir packen bei Tee und Zigarette jetzt erstmalig unseren Reiseplan aus und überlegen, wie es weitergehen soll.

      Für heute ist vorgesehen, den Stadtteil Besiktas, oder wie der Türke sagt: Beschiktasch, zu besuchen.

      Dort ist nämlich am Sonnabend, und den haben wir, Markt in der Nuzhetiye Caddesi. Dort soll es Obst, Gemüse und Bekleidung zu kaufen geben. Und Märkte mögen wir, wie wir auch Besiktas mögen, diesen Stadtteil gleich neben dem Dolmabahce Palast, den aus irgendeinem Grunde die Touristen nicht erreichen.

      Um dorthin zu gelangen, brauchen wir jetzt dringend zwei Dinge: Geld und einen Stadtplan!

      Nachdem wir den Tee getrunken und das herrliche Panorama, dass sich uns an der Promenade entlang der Kennedy Caddesi bietet, ausreichend bewundert und genossen haben, machen wir uns auf, einen Geldautomaten zu suchen.

      Geht man die Promenade ein Stück entlang, sieht man irgendwann die Minarette der so genannten Blauen Moschee, die in Wahrheit Sultanahmet Camii heißt. Camii ist das türkische Wort für Moschee und das sollte man kennen, denn Moscheen


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