Rostam und Sohrab. Friedrich Ruckert

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Rostam und Sohrab - Friedrich Ruckert


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      Die führt mit diesem Gram mich her zu dir verstohlen.

      Wie eine Wundersag’ hab’ ich aus jedem Munde

      Gehört zu jeder Stund’, an jedem Ort die Kunde,

      Wie du so tapfer bist und trägest keine Scheu

      Vor Tiger, Elefant und Krokodil und Leu.

      Du schirmest ganz allein Iran mit deiner Kraft,

      Und Turan zittert, wenn sich rührt dein Lanzenschaft.

      Du reitest ganz allein bei Nacht in Turan ein

      Und streifest dort umher und schläfest dort allein.

      Dergleichen Kunde ward mir vom Gerücht vertraut;

      Lang wünscht’ ich dich zu sehn, heut hab’ ich dich geschaut.

      Wenn du zum Weibe mich begehrst, bin ich dein Weib;

      Nie Mond- noch Sonnenstrahl berührte diesen Leib.

      Vom Schleier meiner Zucht erwuchs ich tief umfangen;

      Den Zügel der Vernunft entzog mir dies Verlangen:

      Ich bitte Gott, von dir zu tragen einen Spross,

      Der einst, an Kraft dir gleich, beherrsche dieses Schloss.

      Zur Mitgift will ich jetzt, o Held, dies Schloss dir bringen,

      Zur Morgengab’ alsdann, Rostam, dein Ross dir bringen!

      8.

      So endet’ ihren Gruß das Mondglanzangesicht;

      Der Löwenkühne hört’ aufmerksam den Bericht.

      Wie sie der Held so schön, so perigleich sie sah,

      An Sinn so hoch und an Verstand so reich sie sah,

      Und dass sie noch dazu vom Rachs ihm gab die Kunde;

      Von lauter Fröhlichkeit sah er erfüllt die Stunde.

      Er rief die wandelnde Zypress’ an sich heran;

      Hold tauschte Blick und Wort mit ihr der Pahlavan.

      Er rief ins Vorgemach, dass einen der Mobeden

      Sie brächten ihm herbei, der wüsste wohl zu reden.

      Den sendet’ er alsbald, den Weisen tugendvoll,

      Dass er die Tochter ihm vom Vater fordern soll.

      Der Wohlverständige, dahin zum Schahe schritt er

      Und tat die Werbung kund von Irans edlem Ritter.

      Der Schah ward freudenvoll, da dieser Gruß erscholl;

      Er fühlte, wie sein Herz von hohem Mute schwoll.

      Er richtete sich stolz, der Zeder gleich, empor;

      Das Band mit Rostam kam ihm wert und teuer vor.

      Dem Ritter in der Nacht gab er der Tochter Hand;

      Und wie die Kund’ erscholl, war Freud’ in Stadt und Land.

      Von Freuden war erwacht ein Aufruhr in der Nacht,

      Zu Rostam sei als Braut des Königs Kind gebracht.

      Da war der Jubel laut die ganze Nacht ums Schloss,

      Wo seine holde Braut der starke Held umschloss.

      Still tauschte drin das Paar die Lust der Seelen aus,

      Und draußen ließ die Schar die Kraft der Kehlen aus:

      »Dass dieser neue Mond lang dein Behagen sei!

      Dass deiner Feinde Haupt ewig geschlagen sei!

      Aus diesem Bunde müss’ ein Heldenspross entspringen,

      Der mög’ an Tapferkeit mit seinem Vater ringen!“

      Sie meinten ihr Gebet zum Segen und zum Heil,

      Der Himmel aber nahm es an zum Gegenteil.

      9.

      Nach kurzer Freudennacht als an der Morgen brach,

      Wand aus Tahmines Arm sich Rostam los und sprach,

      Indem vom Arm er nahm ein goldenes Gespang,

      Von dem erschollen war der Ruhm die Welt entlang;

      Sie glaubten, dass daran sei Rostams Heil gebunden,

      Und unverletzlich sei, wen dieses Band umwunden:

      Das gab er ihr und sprach: Liebtraute! Dies bewahr!

      Wenn eine Tochter dir nun bringen wird das Jahr,

      So nimm dies Goldgespang und schling es ihr ins Haar!

      Als welterleuchtenden Glückstern soll sie es tragen,

      Der ihr soll und der Welt von ihrem Vater sagen.

      Wenn aber einen Sohn dir die Gestirne reichen,

      So bind ihm um den Arm, wie ich es trug, das Zeichen.

      Des Vaters Zeichen sei an seinem Arm bewahrt,

      Und wachsen wird er selbst nach seines Vaters Art.

      Gleich seiner Ahnen Stamm wird der aus Heldensamen

      Erzeugte sein, es bleibt nicht ungenannt sein Namen.

      Ist er erwachsen, send’ ihn mir nach Iran zu!

      Nun aber naht der Tag, ich geh, wohl lebe du!

      Zum Abschied fasst’ er sie an seine starke Brust,

      Auf Aug’ und Haupt gab er ihr manchen Kuss voll Lust.

      Mit Weinen wandte sich von ihm die zarte Braut;

      Sie ward nach kurzer Lust mit langem Weh vertraut.

      Zu Rostam aber kam der König hochgemut,

      Den Eidam fragt’ er da, wie er die Nacht geruht?

      Ihm gab er Kunde dann vom Rachs, er sei gefunden;

      Und aller Sorgen war das Heldenherz entbunden,

      Er ging und streichelt’ ihn und sattelt’ ihn sogleich,

      Dann von Samangan ritt er froh und freudenreich.

      Gen Sistan auf dem Rachs als wie ein Wind er flog,

      Indem er die Geschicht’ in seinem Sinn’ erwog.

      Von Sistan ritt er heim nach Sabulistan gar,

      Und keinem sagt’ er dort, was ihm begegnet war.

      Zweites Buch.

      10.

      Neun Monde waren schon Tahminen hingegangen,

      Als sie gebar den Sohn wie eines Mondes Prangen.

      Die Mutter sah ihn an mit Lust und schmerzenreich,

      Er war in jedem Zug wohl seinem Vater gleich.

      Sie nannte Sohrab ihn und nahm ihn an die Brust;

      Das Kind war auf der Welt nun ihre einz’ge Lust.

      So zärtlich pflegte sein die Mutter, die ihn nährte,

      Dass keines Dinges er zu keiner Stund’ entbehrte.

      Der Knabe weinte nie; er hatte neugeboren

      Gelächelt schon, als sei er nicht zum Weh geboren.

      Er wuchs so wunderbar: Als er ein Monat war,

      Da war er anzusehn, als ob er wär ein Jahr.

      Drei Jahr alt, dacht’ er schon zur Rennbahn sich zu rüsten,

      Im fünften sah man ihn mit Löwenmut


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