Verdammt steh auf - lebe endlich... Alina Frey
Читать онлайн книгу.drehte Andy sich um. Er wurde nicht gerne an seine Spielsucht erinnert. Fluchtartig verließ er die Wohnung. Etwas später tauchte er wieder auf und ging vergnügt pfeifend in die Küche. Neugierig lugte Caren um die Ecke. Was machte er da?
Noch immer pfeifend warf Andy ein Steak in die Pfanne. Caren war mehr als irritiert. Mit sadistischem Grinsen kam Andy etwas später mit seinem Teller aus der Küche und setzte sich an den Esstisch, genau gegenüber von Mike. Demonstrativ fing er genüsslich an zu Essen.
Carens Gesicht verlor alle Farbe. Sie sah Mikes unverständlichen Blick und ihr Magen krampfte sich zusammen. Ungläubig sah Mike sie an als Caren seine Hand nahm und mit ihm die Wohnung verließ.
Sie lief mit Mike zur nächsten Straßenbahnhaltestelle. Auf dem Weg zum Pfandhaus schwirrten ihre Gedanken wie wild durch den Kopf. Hatte sie ein Monster geheiratet? All die Schläge, all die Demütigungen waren nichts gegen das, was Andy sich jetzt geleistet hatte. Selbst wenn sie hundert Jahre alt werden sollte, diesen Tag und Mikes unverständlichen Blick würde sie niemals vergessen.
Warum machte sie das nur alles mit? War sie ihm hörig? Andy, der keine Skrupel hatte sie aus dem Auto zu werfen, wenn er eine andere Frau sah die er besitzen wollte. Der sie schlug, betrog, belog und demütigte. War es Hörigkeit oder einfach nur Angst? Angst, dass er seine Drohungen wahr machte – sie umzubringen? Seine ständigen Frauengeschichten die sie sehr verletzten. Warum konnte sie nicht einfach nur gehen – alles hinter sich lassen? Es wird wohl Angst sein.
Caren betrat das Pfandhaus. Für ihren Ehering bekam sie gerade so viel, um genügend Lebensmittel einkaufen zu können. Hoffentlich würde Mike diesen Vorfall ganz schnell vergessen. Liebevoll legte sie ihren Arm um seine Schulter. Wieder zu Hause stellte sie fest, dass Andy lieber das Weite gesucht hatte. Gut so – sie konnte ihn jetzt nicht ertragen.
Seine Entschuldigung am nächsten Tag ließ sie an sich abprallen. Sie konnte es einfach nicht mehr hören. So lange er der Spielsucht verfallen war, würde er seinen Frust an ihr auslassen.
Auch in dieser Wohnung hatten sie Mietschulden und mussten wieder ausziehen.
Don Werner
Sie zogen in einen Vorort von Köln. Zusammen mit ihrer Vermieterin, einer sehr alten Dame, bewohnten sie ein Haus. Viel hatte sich nicht geändert außer, dass Mike jetzt zur Schule ging. Andys zweites Zuhause war immer noch die Spielhalle was Caren oft zu spüren bekam. Schläge, Demütigungen und Geldnot waren an der Tagesordnung. Carens Angst vor Andy wurde nicht weniger. Wenn er seinen Frust an Caren ausließ, geschah es immer nur in ihren vier Wänden. Niemand wusste darüber Bescheid, denn Caren schämte sich darüber zu reden.
Caren war zurzeit arbeitslos und Andy schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten rum. Eines Tages kam Andy gut gelaunt nachhause und machte Caren einen Vorschlag: „Ich habe einen Mann kennengelernt, der Tänzerinnen ausbildet. Er würde dich für ein Jahr unter Vertrag nehmen, Kostüme stellen und Engagements besorgen. Nach diesem Jahr kannst du über eine Agentur weiter arbeiten. Was hältst du davon?“ Andys Blick ließ kein „Aber“ gelten.
„Ist das dein Ernst – ich soll weg von euch, für Jahre?“ Caren konnte nicht glauben, was Andy von ihr verlangte. „Weg von Mike – das kann ich nicht!“ Entschlossen schüttelte Caren den Kopf, wild flogen ihre Haare – ihre blaugrauen Augen blitzten.
Andy begriff blitzartig, wie gut seine Frau aussah und Eifersucht kroch in ihm hoch. Sie würde so manchem Gast den Kopf verdrehen. Andererseits würde sie aber auch gutes Geld machen und nur das zählte…Frauen gab es genug.
„Sieh mal Süße, wir brauchen das Geld ganz dringend. Ich weiß nicht, wie es sonst weiter gehen soll!“ Zärtlich zog er sie in seine Arme. Oja, er wusste genau, wie er sie herumbekam.
Caren hatte nur einen Gedanken: Weg von Mike?! Wie sollte sie das nur schaffen. Aber so wie jetzt konnte es auch nicht weitergehen. Aber Mike hier alleine mit der alten Frau? Niemals! „Wenn ich das mache nur unter zwei Bedingungen.1. kommt Mike in den Ferien zu mir – egal wo ich gerade bin. 2. Tante Vera kommt für die Zeit meiner Abwesenheit hier zu Mike – nur dann!“
Kriegerisch sah Caren Andy an und der wusste, hier musste er nachgeben.
Tante Vera war einverstanden und Caren begann mit den Proben. Don Werner war ein netter Mann mit Bierbauch und Schnauzer und Caren bewunderte seine Beweglichkeit. Nach einem Monat war es soweit, ihre Schulung war beendet und Don Werner zufrieden.
Jetzt hieß es Abschied nehmen. Traurig saß Caren in Don Werners Auto. Don Werners Frau die auch tanzte, munterte sie etwas auf. „Sieh mal, Belgien ist doch nicht aus der Welt. Und das Jahr geht auch sehr schnell vorüber.“
Trotzdem, Caren musste erst einmal damit klarkommen, ohne Mike zu sein. Am Liebsten wäre sie ausgestiegen und zurückgelaufen.
In der Falle
Ein Jahr lang war Caren ihrem Mann und Don Werner ausgeliefert. Niemand hatte ihr vorher gesagt, dass sie keinen Pfennig von ihrer Gage sehen würde. Don Werner überging sie einfach und schickte ihre komplette Gage an Andy. Monat für Monat und genau hier begann Carens Abstieg in die Alkoholhölle. Eine Hölle, die sie 18 Jahre lang immer weiter hinunter- zog.
Da sie ihre Unterkunft, Kosmetik, Kleidung und auch Taxi bezahlen musste, blieb ihr nur der Weg des Animierens. Nacht für Nacht musste sie mit den männlichen Gästen Champagner trinken – Monat für Monat! Von den Prozenten konnte sie alle Ausgaben decken und lebte Tag für Tag in einer vernebelten Welt. Sie gehörte leider nicht zu den Glücklichen, die nach einer durchzechten Nacht putzmunter aufstanden. Nein – sie litt tagelang wie ein Hund.
Um diesen Zustand zu umgehen, griff sie nach dem Aufstehen zur Flasche um den Alkoholspiegel wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ein teuflischer Kreislauf ohne Ende.
Nach Ablauf des Jahres hatte sie nichts mehr mit Don Werner zu tun. Ab jetzt liefen ihre Engagements über eine Agentur. Auch war ihre Gage jetzt um das Doppelte gestiegen.
Bisher war sie sechs Monate in Belgien und sechs Monate in Holland gewesen. Mike war in den Sommerferien bei ihr in Holland und Caren dachte verbittert an den Kampf, den sie mit Andy und Don Werner ausfechten musste. Nach langem hin und her bekam sie einen Teil ihrer Gage.
Leider hatte Caren in dieser Zeit ein dummes Erlebnis. Sie trank wie immer mit einem Gast Champagner als sie auftreten musste. Nach dem Auftritt kam sie an den Tisch zurück, der Gast war aber nicht da. Vielleicht gerade zur Toilette, dachte Caren. Sie nahm einen Schluck aus ihrem Glas und wurde Stunden später wieder wach. Sie lag neben Mike in ihrem Bett und sah ihn nur fragend an „Mami, du warst krank. Zwei Männer haben dich hier hochgebracht. Geht es dir wieder gut?“ Fragend sah Mike Caren an. „Ja, Schatz, ich fühle mich gut - erstaunlich gut!“ Das war die Wahrheit. Ihr fehlten zwar einige Stunden, aber sie fühlte sich gut.
Später erfuhr sie, dass man ihr eine Droge ins Glas getan hatte. Nie wieder würde sie ihr Glas stehen lassen wenn sie einen Auftritt hatte. Aus Schaden wird man klug.
Als freie Tänzerin war sie jeden Monat in einer anderen Stadt, auch war sie zum Animieren nicht mehr verpflichtet. Doch es kam mal wieder ganz anders. Andy schaffte es, Caren so lange zuzureden, bis sie ihm ihre Gage in voller Höhe zuschickte. Das hieß: trinken – trinken – Umsatz!
Hätte Caren zu diesem Zeitpunkt gewusst was sie erst später erfahren sollte – vieles wäre anders gekommen.
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