El Sendador I. Lopez Jordan. Karl May

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El Sendador I. Lopez Jordan - Karl May


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wir aus Rücksicht auf Sie in diesem Falle von unserm Usus absehen sollen. Ich werde Ihnen also den ganzen Betrag notieren. Sind Sie dann zufrieden gestellt?«

      Ich nickte nachlässig.

      »Vergessen wir die kleine, unangenehme Differenz, Sennor«, sagte er. »Ich darf doch für heute abend bestimmt auf Sie rechnen?«

      »Gewiß! Vorausgesetzt allerdings, daß es in Ihrer Häuslichkeit nicht auch einen Usus gibt, gegen den ich protestieren müßte.«

      »O, nein, nein, nein!« stieß er mit freundlichem Gesicht, aber mit vor Wut heiserer Stimme hervor und verschwand durch seine Türe.

      Ich erhielt mein Geld, steckte es ein, dankte, grüßte und ging. Draußen sah ich den armen Yerbatero gegenüber an der Ecke stehen. Ich ging auf ihn zu und forderte ihn auf, für kurze Zeit mit mir zu kommen.

      In Montevideo gibt es keine Restaurationen in unserm Sinne. Die Kaffeehäuser taugen nicht viel, ganz abgesehen davon, daß man da nicht Kaffee, sondern Matte, das ist Paraguaytee zu trinken bekommt. Besser sind die sogenannten Confiterias, in denen man feines Gebäck, Eis und dergleichen genießt.

      In den Gasthäusern zahlt man für Wohnung und Beköstigung ohne den Wein fünfzig Papiertaler täglich. Das klingt sehr viel, beträgt aber nur acht Mark, da so ein papierener Peso ungefähr sechzehn deutsche Pfennig gilt. Die Flasche Bier kostet sechs Taler, also fast eine Mark. Dem Haarschneider zahlt man ›zehn Taler‹; für ein fingerhutgroßes Gläschen Rum habe ich ›drei Taler‹; bezahlt. So entwertet war damals das Papiergeld. Man mußte in den La Plata-Staaten damals sehr vorsichtig sein, wenn man mit den verschiedenen Arten minderwertigen Papiergeldes nicht, selbst im täglichen Leben. bedeutend verlieren wollte. Die Eingeborenen beuteten die Unkenntnis des Fremden in geradezu abscheulicher Weise aus.

      In eine der Confiterias führte ich den Teesammler.

      Das Lokal war voller Gäste, welche ihrer Kleidung nach zu den besten Ständen gehörten. Der Yerbatero zog aller Augen auf sich; aber was machte ich mir daraus! Man schob sich so weit von uns zurück, daß wir Platz für fünf oder sechs Personen gehabt hätten. Das war sehr bequem für uns, und es fiel uns also gar nicht ein, ihnen darüber zu zürnen.

      Keineswegs aber kann ich sagen, daß der Teesammler sich etwa unanständig benommen hätte. Sein Anzug paßte nicht zu denen der anderen; aber in Beziehung auf sein Betragen, seine Bewegungen uswù war er ganz der Caballero, welcher jeder, der ein wenig spanisches Blut in seinen Adern hat, wenigstens äußerlich zu sein pflegt. In dieser Beziehung gleicht der Südamerikaner ganz und gar nicht dem Angehörigen der sogenannten Volksklasse europäischer Länder. Der erstere ist, selbst in Lumpen gehüllt, stets von einem ritterlichen Benehmen. Der letztere aber hat so viele Ecken und Schroffheiten in allen seinen Bewegungen, daß man in ihm, selbst wenn er Generalsuniform trüge, doch den gewöhnlichen Arbeiter unfehlbar erkennen würde.

      Sein bärtiges Gesicht war interessant zu nennen. Die Wimpern waren meist bescheiden gesenkt, aber wenn sie sich erhoben, so entschleierten sie ein klares, scharfes, durchdringendes Auge, dessen Blick auf Selbstbewußtsein und Charakterstärke schließen ließ. Der Mann schien zwei ganz verschiedene Naturen in sich zu vereinigen, den unterdrückten, demütigen Arbeiter und den mutigen, besonnenen Pampas- und Urwaldläufer, welcher, wenn es nötig war, auch einen hohen Grad von Schlauheit entwickeln konnte.

      Er wählte sich unter den vorhandenen Süßigkeiten das ihm Beliebende mit einer Miene aus, als ob er seit frühester Jugend in so angenehmen Lokalen verkehrt habe. Er genoß es mit der Eleganz einer Dame, der so etwas geläufig ist, und verriet durch keine Miene, daß ich derjenige sei, welcher schließlich bezahlen werde. Dabei sagte er in der ihm eigen scheinenden Weise, in wohlgesetzten Worten zu sprechen:

      »Sennor haben mir einen Wink gegeben, auf Sie zu warten. Ich habe gehorcht und bin nun bereit, Ihre Befehle zu vernehmen.«

      »Ich beabsichtige nicht, Ihnen Befehle zu erteilen«, antwortete ich. »Es ist vielmehr eine Bitte, welche ich Ihnen vorlegen möchte. Ich war Zeuge des Schlusses Ihrer Unterredung mit Sennor Tupido. Ich entnehme aus dem Gehörten, daß Sie sich in einer abhängigen Lage von diesem Herrn befinden?«

      »Hm! Vielleicht!« antwortete er mit der lächelnden Miene eines Mannes, welcher, ohne sich zu schaden, tausend Taler verschenken kann.

      »Zugleich hörte ich, daß Sie durch den Besitz von zweihundert Papiertalern im Stande sein würden, sich aus dieser Knechtschaft zu befreien. Würden Sie mir nun gestatten, Ihnen diese Summe zur Verfügung zu stellen?«

      Er blickte mich groß an. Der Betrag war zwar nicht bedeutend, nur zweiunddreißig Mark nach deutschem Gelde, aber für einen armen Teesammler doch wohl nicht gering. Die Lage des Mannes hatte meine Teilnahme erregt, und einem glücklichen Instinkte folgend, wollte ich ihm das Geld schenken, obgleich ich selbst keineswegs ein wohlhabender Mann war.

      »Ist das Ihr Ernst, Sennor?« fragte er. »Welchen Zweck verfolgen Sie dabei?«

      »Keinen andern als nur den, Sie in den Besitz Ihrer geschäftlichen Selbstständigkeit zu bringen.«

      »Also Mitleid?«

      »Nein, sondern Teilnahme. Das Wort Mitleid hat eine Nebenbedeutung, welche nicht geeignet sein würde für den caballeresken Eindruck, welchen Sie auf mich machen.«

      Sein Gesicht, welches sich verfinstert hatte, erhellte sich.

      »Sie halten mich also trotz meiner Armut für einen Caballero?« fragte er. »Aber wie stimmt ein Almosen mit dem Worte Caballero überein?«

      »Von einem Almosen ist keine Rede.«

      »Also ein Darlehen?«

      »Wenn Sie es so nennen wollen, ja. Werden Sie dasselbe annehmen?«

      »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Welche Bedingung stellen Sie?«

      »Sie verzinsen mir die Summe zu drei Prozent. Kündigung ist auf ein Jahr. Jeder von uns beiden hat bei unsrer nächsten Begegnung das Recht, zu kündigen, worauf Sie das Geld nach Ablauf eines Jahres an mich zu entrichten haben.«

      »Und wenn wir uns nicht wieder treffen?«

      »So behalten Sie es oder schenken es nach fünf Jahren einem Manne, welcher ärmer ist als Sie.«

      Da streckte er mir die Hand entgegen, drückte die meine in herzlichster Weise und sagte:

      »Sennor, Sie sind ein braver Mann. Ich nehme Ihr Darlehen mit Vergnügen an und weiß, daß Sie keinen Peso verlieren werden. Darf ich fragen, wer und was der fremde Sennor ist, welcher sich so freundlich meiner annimmt?«

      Ich gab ihm meine Karte.

      »Ein Alemano!« sagte er im Tone der Freude, als er den Namen gelesen hatte. »Nehmen Sie auch die meinige, Sennor!«

      Er langte in seine zerfetzte Jacke, zog aus derselben ein sehr feines, kunstvoll gesticktes Visitenkartentäschchen hervor und gab mir aus demselben eine Karte. Auf derselben stand:

      »Sennor Mauricio Monteso, Guia y Yerbatero.«

      Also Fremdenführer und Teesammler war er. Das schien ein guter Fund für mich zu sein.

      »In welchen Gegenden seid Ihr bewandert, Sennor?« fragte ich ihn. »Ich will nach Santiago und Tucuman und stand im Begriff, mich nach einem zuverlässigen Führer zu erkundigen.«

      »Wirklich? Dann werde ich Ihnen einen meiner besten Freunde empfehlen. Er ist ein Mann, auf welchen Sie sich vollständig verlassen können, kein Arriero, dessen Sinn einzig nur dahin steht, den Fremden nach Kräften auszunützen.«

      »Sie selbst haben wohl nicht Lust oder Zeit, den Auftrag anzunehmen?«

      Er sah mich freundlich prüfend an und fragte dann:

      »Hm! Sind Sie reich, Sennor?«

      »Nein.«

      »Und dennoch borgen Sie mir Geld! Darf ich fragen, was Sie da drüben wollen? Sie gehen doch nicht etwa als Goldsucher oder aus andern spekulativen Gründen nach Argentinien?«

      »Nein.«


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