Philosophie, Kosmologie, Religion. Rudolf Steiner

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Philosophie, Kosmologie, Religion - Rudolf Steiner


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die Naturwissenschaft durch Mathematik, Beobachtung und Experiment erkennt. Was auf diese Weise erforscht wird, das wird zu einem Bilde des kosmischen Werdens zusammengestellt. Aus diesem Bilde heraus kann man wohl den physischen Körper des Menschen verstehen. Es bleibt aber schon der ätherische Körper unverständlich, und in einem noch höheren Sinne das Seelische und Geistige am Menschen. Der ätherische Leib kann nur als ein Glied des Kosmos erkannt werden, wenn die ätherische Wesenheit des Kosmos durchschaut wird. Aber dieses Ätherische des Kosmos kann dem Menschen auch nur eine ätherische Organisation geben. In der Seele aber ist Innenleben. Es muss auch das Innenleben des Kosmos durchschaut werden. Eine Anschauung des Innenlebens des Kosmos war die alte Kosmologie.

      Durch diese Anschauung wurde auch die über das Ätherische hinausgehende seelische Wesenheit des Menschen in den Kosmos eingegliedert. Aber dem modernen Geistesleben fehlt eine Anschauung von der Wirklichkeit des Seelen-Innen-Lebens. Wie dieses erlebt wird, so liegt in dem erlebten Inhalte keine Garantie dafür, dass es über Geburt und Tod hinaus ein Dasein hat. Was man heute von dem Seelischen weiß, kann in und mit dem physischen Körper durch das Keimesleben und die weitere Entwicklung in der Kindheit entstanden sein und kann mit dem Tode enden. In der älteren Menschenerkenntnis war für das seelische Wesen des Menschen etwas enthalten, von dem das heute Gewusste nur ein Abglanz ist. Es war dies als die astralische Wesenheit des Menschen angesehen. Es war nicht das, was in Denken, Fühlen und Wollen der Seele erlebt wird, sondern etwas, das seinen Abglanz in Denken, Fühlen und Wollen hat.

      Man kann nun nicht das Denken, Fühlen und Wollen in den Kosmos eingegliedert denken. Denn diese leben nur in der physischen Wesenheit des Menschen. Dagegen kann die astralische Wesenheit als ein Glied des Kosmos aufgefasst werden. Denn diese tritt mit der Geburt in die physische Wesenheit ein und tritt mit dem Tode aus dieser aus. Dasjenige, was sich während des Lebens zwischen Geburt und Tod hinter Denken, Fühlen und Wollen verbirgt – eben der astralische Leib -, ist die kosmische Wesenheit des Menschen.

      Indem die moderne Erkenntnis die astralische Wesenheit des Menschen verloren hat, ist ihr auch eine Kosmologie abhanden gekommen, die den Menschen umfassen könnte. Sie hat nur eine physische Kosmologie. In dieser aber sind nur die Grundlagen des physischen Menschen enthalten. Es ist notwendig, dass wieder eine Erkenntnis des astralischen Menschen erworben werde. Dann wird es auch wieder eine Kosmologie geben können, die den Menschen mit umfasst.

      Damit ist der zweite Schritt der Anthroposophie gekennzeichnet.

      Religion im ursprünglichen Sinne ist auf dasjenige Erlebnis gebaut, durch das sich der Mensch sowohl unabhängig weiß von seiner physischen und ätherischen Wesenheit, durch die er sein Dasein zwischen Geburt und Tod hat, wie auch von dem Kosmos, insofern dieser an einem solchen Dasein mitwirkt. Der Inhalt dieses Erlebnisses bildet den eigentlichen Geistmenschen, dasjenige, worauf unser Wort »Ich« nur noch hindeutet. Dem Menschen bedeutete einst dieses »Ich« etwas, das sich unabhängig von aller Körperlichkeit und auch unabhängig von der astralischen Wesenheit wusste. Durch ein solches Erleben fühlte sich der Mensch in einer Welt, von der diejenige nur ein Abbild ist, die ihm Körper und Seele gibt. Er fühlte sich im Zusammenhang mit einer göttlichen Welt. Die Erkenntnis von dieser Welt bleibt der sinnengemäßen Beobachtung verborgen. Die Erkenntnis des ätherischen und des astralischen Menschen führt allmählich zu einer Anschauung dieser Welt hinüber. In der Sinnesanschauung muss sich der Mensch getrennt fühlen von der göttlichen Welt, der sein innerstes Wesen angehört. Durch die übersinnliche Erkenntnis verbindet er sich wieder mit dieser Welt. Dadurch mündet übersinnliche Erkenntnis in Religion ein.

      Damit dies der Fall sein kann, muss das wahre Wesen des »Ich« erschaut werden können. Das aber ist der modernen Erkenntnis verlorengegangen. Selbst Philosophen sehen in dem »Ich« nur die Zusammenfassung der Seelenerlebnisse. Die Idee, die sie dadurch von dem »Ich«, dem Geistesmenschen, erhalten, wird aber durch jeden Schlaf widerlegt. Denn im Schlafe wird der Inhalt dieses »Ich« ausgelöscht.

      Ein Bewusstsein, das nur ein solches Ich kennt, kann nicht erkenntnismäßig in Religion einmünden. Denn es hat nichts, was dem Auslöschen des Schlafes widersteht. Aber eine Erkenntnis des wahren Ich ist dem modernen Geistesleben verlorengegangen; damit aber auch die Möglichkeit, von dem Wissen aus zur Religion zu kommen. Es wird, was von Religion einstmals vorhanden war, aus der Tradition als etwas hingenommen, wozu menschliche Erkenntnis nicht mehr kommen kann. Religion wird auf diese Art Inhalt eines Glaubens, der außerhalb der wissenschaftlichen Erlebnisse errungen werden soll. Wissen und Glaube werden zwei Erlebnisweisen für etwas, das einst eine Einheit war.

      Es muss erst wieder eine anschauliche Erkenntnis des wahren »Ich« entstehen, wenn Religion die rechte Stellung im Leben der Menschheit haben soll. Der Mensch wird von der modernen Wissenschaft nur hinsichtlich seiner physischen Wesenheit als wahre Wirklichkeit verstanden. Er muss im weiteren erkannt werden als ätherischer, astralischer und Geistes-Mensch oder »Ich-Mensch«, dann wird Wissenschaft die Grundlage des religiösen Lebens werden.

      Damit ist der dritte Schritt der Anthroposophie gekennzeichnet.

      Es wird nun für die folgenden Vorträge die Aufgabe sein, die Möglichkeit zu zeigen, dass der ätherische Mensch erkannt werden kann, das heißt, dass der Philosophie eine Wirklichkeit verliehen werden kann; es wird die weitere Aufgabe sein, die Erkenntnis des astralischen Menschen nachzuweisen, das heißt zu zeigen, dass eine Kosmologie möglich ist, die den Menschen mitumfasst; und zuletzt wird noch die Aufgabe sich ergeben, zur Erkenntnis des »wahren Ich« zu führen, um die Möglichkeit eines religiösen Lebens darzulegen, das auf einer Erkenntnisgrundlage ruht.

      II. Seelenübungen des Denkens, Fühlens und Wollens

      Philosophie ist nicht in derselben Art entstanden, in der sie in der modernen Zeit weitergeführt wird. In dieser Art ist sie ein Zusammenhang von Ideen, die innerlich, in der Seele, nicht so erlebt werden, dass der seiner selbst bewusste Mensch sich in ihnen als in einer Wirklichkeit fühlte. Daher kommt es, dass man nach allen möglichen theoretischen Mitteln sucht, durch die man beweisen will, wie sich der philosophische Inhalt doch auf eine Wirklichkeit beziehe. In dieser Art aber kommt man nur zu verschiedenen philosophischen Systemen, von denen man sagen kann, dass sie eine gewisse relative Richtigkeit haben; denn es sind, im wesentlichen, die Gründe, mit denen man sie widerlegt, ebenso viel wert wie diejenigen, mit denen man sie beweisen will.

      Es handelt sich bei Anthroposophie darum, dass man nicht mit theoretischem Nachdenken der Wirklichkeit des philosophischen Inhaltes beikommen kann; sondern durch Ausbildung einer Erkenntnismethode, die auf der einen Seite ähnlich ist derjenigen, durch die in alten Zeiten Philosophie gewonnen worden ist, und die auf der andern Seite so vollbewusst exakt ist wie die mathematische und naturwissenschaftliche Methode der neueren Zeit.

      Die alte Methode war eine halb unbewusste. Sie hatte gegenüber dem Bewusstseinszustand, in dem der moderne Mensch ist, wenn er wissenschaftlich denkt, etwas Halbtraumhaftes. Sie lebte nicht in solchen Träumen, die durch sich selbst nicht unmittelbar ihren realen Inhalt verbürgen, sondern in Wachträumen, die eben durch diesen Inhalt auf Wirklichkeit wiesen. Solcher Seeleninhalt hat aber auch nicht den abstrakten Charakter wie derjenige des gegenwärtigen Vorstellens, sondern den der Bildhaftigkeit.

      Solch ein Seeleninhalt muss wieder gewonnen werden; aber, gemäß dem modernen Entwicklungszustand der Menschheit, in voller Bewusstheit; gerade in derselben Bewusstseinsverfassung, wie sie im wissenschaftlichen Denken vorhanden ist. Die anthroposophische Forschung sucht das zu erreichen in einer ersten Stufe des übersinnlichen Erkennens, in dem imaginativen Bewusstseinszustand.

      Er wird erreicht durch ein meditatives Seelenverfahren. Durch dieses wird die Totalkraft des Seelenlebens auf leicht überschauliche Vorstellungen gelenkt und im Ruhen auf denselben festgehalten. Dadurch wird, wenn ein solches Verfahren durch genügend lange Zeitepochen immer wiederholt wird, zuletzt bemerkt, wie die Seele in ihrem Erleben leibfrei wird. Man erkennt klar, dass alles Denken des gewöhnlichen Bewusstseins Abglanz einer geistigen Tätigkeit ist, die als solche unbewusst bleibt, die aber dadurch bewusst wird, dass sie den menschlichen physischen Organismus in ihren Verlauf einbezieht. Alles gewöhnliche Denken ist ganz abhängig von der im physischen Organismus nachgeahmten übersinnlichen Geistestätigkeit. Dabei wird aber nur bewusst,


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