DER ERZENGEL JOHANNES. Nicole Sturm
Читать онлайн книгу.Kraft nicht ausreicht, kämpfen die Dämonen Seite an Seite. So einfach ist das. Ich habe die ganze Scheiße nicht viertausend Jahre lang mitgemacht, damit die Menschen jetzt alles durch den Ofen jagen. Ich war in Sodom und in Gomorra, glaub mir, der Mensch ist kein Stück besser geworden, im Gegenteil. Du und deines Gleichen … Weißt du was, setzt dich einfach irgendwo hin und versuchen niemanden zu taufen.
Vinzenz zischt beleidigt durch seine Zähne.
Willst du dir denn nicht mal unser …
Er wischt sich mit seinem Ärmel das Blut aus dem Gesicht.
…mein Angebot anhören.
Johannes hebt die Arme und dreht sich zu den Gästen.
Oh, alle aufpassen, die heilige katholische Kirche hat ein Angebot zu machen. Lauscht, oh, gefallene Engel. Trage er es denn vor, Senior De Luca.
Der Papst wird euch eure Sünden…
Dieses Mal lachen die Gäste noch lauter. Vinzenz spürt den Schall in seinem Gesicht. Seine Augen schnallen zu Luzifer, als dessen Stimme aus dem Gelächter ertönt.
Du bist ganz schön naiv mein Freund.
… und ihr könnt eine Tafel nach dem Ritual behalten.
Das Gelächter verstummt. Der ganze Raum steht still. Johannes lässt seinen Blunt auf den Boden fallen. Niemand tritt ihn aus. Eine Sekunde sieht es so aus, als würde sich der Rauch in die Zigarre zurückziehen. Vinzenz fährt fort.
Wenn ihr aber euren falschen Stolz nicht überwinden könnt und der Vatikan auch nur einen Kratzer bekommt, geht ihr leer aus. Das Ritual wird so schnell wie möglich vollzogen, ihr verschwindet aus unserer Welt und die Menschheit ist gerettet.
Johannes legt den Kopf zur Seite und massiert kurz seine Nackenmuskulatur.
Das ist ein sehr großzügiges Angebot von einem Ertrinkenden, aber wir verzichten. Wenn wir diese Welt für immer verlassen und Legion in ein paar Jahrhunderten wiederkommt, sind die Menschen völlig schutzlos. Die Kirche kann sie nicht vor dem Schlechten beschützen, sie ist selber schlecht. Wir werden kämpfen und zwar heute. Aber zur allgemeinen Erheiterung, sagen wir ich wäre interessiert an Tafel und Absolution, was verlangt der Heilige Vater für seine exklusiven Dienste?
Vinzenz Muskeln brennen als er sich aus der Blutlache seines Lehrmeisters erhebt. Er atmet tief ein.
Wenn der Heilige Vater richtig informiert ist, könnt ihr uns keine Federn für das Ritual geben und der Erzengel Michael wird euch niemals helfen. Also opfern wir den Rest des gefallenen Engels Mara. Gott wird hoch erfreut sein.
Jede Ader sticht aus der Haut des Dämons. Die gesamte Versammlung tritt blutrünstig zwei Schritte auf den Priester zu. Samson bewegt sich keinen Millimeter.
Lasst ihn! …
Der Lynchmobb bleibt stehen. Vinzenz Herz führt einen Belastungstest durch.
… Er weiß nicht wonach er da bittet.
Unter Johannes Blick, verdurstet Vinzenz nächster Satz, bevor er begonnen hat. Der Gastgeber senkt langsam seinen Kopf, doch seine Augen verlassen den Priester nicht für einen Wimpernschlag. Tiefrote Runen ziehen vom Boden, hoch zu seinen Knien. An der Zimmerdecke über ihm bildet sich eine Lache aus schwarzen Runen, aus denen tiefrote Dornen sprießen. Die Stimme des Gastgebers ist klar und leise.
Ihr redet so viel. Ihr habt einmal damit begonnen zu reden und bis heute habt ihr nicht mehr damit aufgehört.
Glühender Zorn folgt Johannes Schritten.
Euer Atem riecht nach Galle und eure Gestik lechzt nach Aufmerksamkeit und Lob des Pöbels. Ihr redet hochmütig daher und denkt Gott lauscht vergnügt dabei.
Johannes Spiegelbild in Vinzenz Augen wird größer, bis es über seine Lider hinausragt.
Gott, hasst euch, Bruder Rocco, weil ihr die Seelen eurer Schafe vergiftet. Und ich sag dir eines, derjenige der damit angefangen hat …
_KAPITEL 12
Petrus
_See Genezareth // 30
E
s ist ein geschäftiger Morgen am See Genezareth. Egal wo man hinsieht, tragen Leute Waren umher, flicken ihre Boote oder treiben Vieh zum Markt. Sie plaudern lautstark, während sie wild gestikulieren. Andreas zieht das Boot, seines Bruders Simon, an Land. Johannes und Jakobus, den die Leute seinen Bruder nannten, greifen nach dem leeren Fischernetz. Nicht nur das Netz ist leer, auch im Boot ist kein einziger Fisch. Simon ist stinkwütend und mault seine Tagelöhner Johannes und Jakobus an.
Geht das nicht schneller, wofür bezahle ich euch?
Die zwei gereizten Tagelöhner lassen das Netz entnervt auf den Boden fallen.
Womit willst du uns den bezahlen? Womit?!
Johannes zeigt mit der flachen Hand auf das leere Netz. Er weiß, dass er hier sein muss, aber er kann nicht die geringste Sympathie für den Besitzer des prophezeiten finden. Simon geht schnellen Schrittes auf ihn zu und will gerade zu einer Ohrfeige aus holen, als die Hand eines Zimmermanns sein Handgelenk ergreift. Der zornige Mensch dreht sich um und sieht in die ruhigen Augen des Messias.
Fahrt mich hinaus auf den See, Gott wird es euch vergelten.
Eine Horde von Männern und Frauen strömt an das Ufer. Ihre Blicke schweifen suchend über die Fischer und Händler. Ein junger Mann erspäht Jesus aus der Ferne und zeigt auf ihn.
Meister, hier ist er, sprich zu uns!
Hunderte Füße folgen nur noch einem Willen. Alte Frauen strecken ihre Arme nach ihm aus, Menschen auf Krücken hasten voran so schnell sie nur können. Andreas, Petrus und Jakobus sehen verwirrt auf die zuströmende Masse. Johannes und Jesus tauschen einen kurzen Blick aus. Sie wissen voneinander. Johannes weiß was der Menschensohn tun wird und Jesus weiß was die Seele im Dämon tun wird. Sein gütiger Blick fürchtet sich nicht vor der Menge, er flüchtet nicht. Er ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Seine Hand entlässt den Arm des zukünftigen Apostels.
Fahrt mich hinaus auf den See, ich will euch zu Menschenfischern machen! …
Simons Augen wandern stockend zurück zu Jesus.
… Und nehmt das Netz mit. Ihr werdet es füllen.
Der Verstand des glücklosen Fischers ist benebelt, wozu soll er diesen Mann einen Gefallen tun? Er hat heute noch keinen einzigen Fisch gefangen. Alles in ihm sträubt sich wieder auf den See hinaus zu fahren, aber er muss es tun. Wie aus einer Schockstarre heraus gibt er die Befehle.
Hebt das Netz wieder ins Boot, Andreas das Seil!
Als der große Zeh der ersten jungen Frau das Wasser berührt, stößt Jakobus das kleine Boot vom Ufer.
Rabbi, bitte, wartet!
Als das Wasser die Knöchel der jungen Frau umspült, bleibt sie im weichen Sand des Sees stecken und muss ihren Fall mit den Händen abbremsen.
Fahrt hinaus auf die Mitte des Sees! Schnell!
Sofort setzt jeder menschliche Muskel die Worte des Fremden in die Tat um. Niemand spricht ein Wort, während die Horde, wie Lemminge, ins flache Wasser läuft.
Du bist ein Jünger von Johannes ben Sacharja, dem Täufer.
Petrus Bruder Andreas wendet sich zu dem Mann, der ihnen, vor so langer Zeit, prophezeit wurde. Seine Stimme bejaht nur Scheu.
Ja, das bin ich, Rabbi.
Sein Blick ruht immer noch auf dem Ufer.
Rabbi, was wollen diese Menschen von euch?
Das Falsche, Andreas. Und nennt mich bitte nicht Rabbi.
Einen Moment lang ist es still auf dem kleinen Boot.
Bist