Die Pyrenäenträumer - Band 2. Wolfgang Bendick

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Die Pyrenäenträumer - Band 2 - Wolfgang Bendick


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zu wohnen war gang und gebe! Und gleiches Recht für alle Europäer! Wer nach Frankreich kam, hatte Anspruch auf das ganze ‚Geschenkpaket‘, das es einem ermöglichte, wenn man keine zu hohen Ansprüche stellte, wirklich ‚wie Gott in Frankreich‘ zu leben, wie man in Deutschland sagte!

      Des Öfteren stellten wir kurzzeitig jemanden an für die Heuarbeiten oder für einen Bau. Das ermöglichte es außerdem der Person, auf leichte Weise die Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Und wenn dann alles geregelt war, die Papiere endlich stimmten, dann machten die Leute meistens einen auf arbeitslos. „Ich bekomme 15 Francs in der Stunde, wenn ich nichts tue! Wenn du willst, dass ich wieder für dich arbeite, musst du mir schon 30 geben!“, bekam ich dann zu hören. Bei etwas mehr Logik hätte ich erwartet, dass der Andere sagt, „Da ich ja schon bezahlt werde, arbeite ich für dich umsonst!“ Viele entwickelten leider, man kann sagen bedingt durch die zu viele Unterstützung von Seiten eines Sozialstaates, auf die Dauer eine Aversion gegen Arbeit, die sie am Ende arbeitsunfähig machte. Oder in besseren Fällen profitierten sie von beidem: Von Sozialhilfe plus Schwarzarbeit!

      Wir hatten unseren Stolz und wollten von niemandem abhängig sein. Was brauchen wir Sozialhilfe, wenn wir gesund sind! Und die Hegemonie des Staates lehnten wir als solche in gewisser Weise ab, auch wenn wir aus Vernunftgründen manche Regeln einhielten. Warum sollte ich plötzlich links fahren, nur weil es meiner persönlichen Freiheit widerspricht, laut Gesetz rechts fahren zu müssen?! Vielleicht war das aber auch, weil wir einer Generation entstammten, wo Arbeitslosigkeit als eine Schande angesehen wurde, und wir als Jugendliche stolz waren, einen Ferienjob gefunden zu haben, der es uns ermöglichte, etwas Geld zu verdienen. Betteln oder stehlen? Da müsste mir schon ein Arm fehlen, und selbst dann…

      Das Kindergeld war da eine Ausnahme, denn wer Kinder aufgezogen hat, weiß, was das für Arbeit mit sich bringt, Tag und Nacht in Bereitschaft zu sein, von den Kosten gar nicht zu reden… Doch ab einer bestimmten Anzahl von Kindern war es für viele gar nicht mehr notwendig, arbeiten zu gehen. Die Kinder ernährten die Eltern! Warum auch nicht? Denn zehn Kinder abzufüttern und instand zu halten ist durchaus ein Full-Time-Job!

      *

      Manche Puristen warfen uns vor, Subventionen anzunehmen. Leider sind die Vergütungen für landwirtschaftliche Produkte so niedrig, dass kaum ein Bauer, zumindest ein Kleinbauer, mehr davon leben kann. Die Preise werden mit Absicht niedrig gehalten, damit die Leute mehr Geld ausgeben können für Industrieprodukte oder Luxusgegenstände. Das ist völlig unlogisch! Aber welcher Regierungsentscheid ist schon logisch?! Aus Steuergeldern werden Unterstützungen gegeben, damit der Bauer nicht den Laden zumachen muss, denn selbst der Obrigkeit wird inzwischen bewusst, dass immer noch alle Nahrung von Bauern produziert wird!

      Meist sind diese Hilfen an bestimmte Programme gebunden, zum Beispiel für Modernisierung. Oder, in unserem Fall, eine Installationsprämie für Jungbauern. Doch sind auch damit Auflagen verbunden: Wir mussten nachweislich 60.000 Francs investieren, um 45.000 zu erhalten! Andere Hilfen sind von der geographischen Lage abhängig, wie die Bergbauern-Prämie. Sie soll das Weniger an Ertrag, bedingt durch Hanglage und magere Böden, ausgleichen. Doch verpflichtet sich der Bauer dazu, bestimmte Richtlinien, oft ökologischer Art, zu respektieren, wie zum Beispiel die Jauche nicht mehr in den Bach laufen zu lassen, sondern auf dem Land auszubringen. Ist ja auch (öko)logisch! Leider treibt die ‚Zuschuss-Sucht‘ manche Bauern zu einer schier grenzenlosen Vergrößerung ihrer Betriebe oder zu einer Übermaschinisierung und in die Kreditspirale der Banken, denn immer wird ein Eigenanteil verlangt, den der Bauer oft nicht hat, die Bank aber schon!

      Diese Gedanken kamen meist nur kurzzeitig in den Vordergrund, wenn es darum ging, die Subventionsanträge auszufüllen, was im Februar und März der Fall war. Angeblich wurden diese immer wieder vereinfacht. Doch durch die neuen Formulare konnte man nicht einfach das alte kopieren, und viele, vor allem alte Bauern gaben es auf, nach Subventionen zu fragen. Denn es kam vor, dass einem nicht nur Teile der Gelder gestrichen wurde, weil der neue Antrag nicht mehr mit den Daten des alten übereinstimmte, sondern sogar Strafen berechnet wurden! Anfangs half einem das Amt beim Ausfüllen. Doch musste man dafür in die Departements-Hauptstadt Foix fahren und eine Weile Schlange sitzen. Das gab einem die Gelegenheit, mit anderen Bauern Erfahrungen zu tauschen, vor allem den Unmut über manche Schikanen! Später richtete das Landwirtschaftsamt eine Beratungsstelle für die PAC-Dossiers ein, aber gegen Bezahlung! Leider mussten wir im Laufe der Jahre mit ansehen, wie das Landwirtschaftsamt, das doch im Dienste der Bauern stehen sollte, immer mehr ein Geschäfts-Gebaren an den Tag legte und alle Dienstleistungen ‚rentabilisierte‘ und der humane Aspekt dabei leider verloren ging.

      *

      Machte ich die Käsetour, kam ich manchmal erst später heim. Dann molk Doris die Tiere. Die Schafe waren weniger problematisch, da sie wenig Milch gaben und sich leicht melken ließen. Doch das Melken der Kühe ging in die Knochen! Außer Elie hatten die Milchbauern im Tal Melkmaschinen. In Orgibet hatte einer eine Melkmaschine auf einem Wägelchen, mit zwei Plastikkannen darauf und zwei Melkzeugen. Dieselbe Maschine hatte ein Freund von mir in Deutschland auch. Sie musste sich also bewährt haben! Auf eine Annonce hin fand ich bei einem Bauern, der aufhörte, so eine Maschine, aber mit nur einem Melkzeug. Doch das war uns recht, denn bei vier Kühen müsste des reichen! Wir reinigten sie, schmierten ab und ölten die lederne Kolbendichtung und wechselten die Gummiteile. Es konnte losgehen!

       Bald waren wir mit der Handhabung vertraut. Wir stellten sie hinten zwischen zwei Kühen auf, und nachdem wir die Euter gewaschen hatten, setzten wir sie an. Ein Elektromotor trieb über eine Scheibe ein Pleuel an, das den Kolben in Bewegung setzte, welcher über einen Regelmechanismus Luft aus der Plastikkanne saugte, an der auch das Melkzeug angeschlossen war. Eine Kolbenbewegung entsprach einem Melk-Takt. Der Takt war bei sechzig Saugphasen pro Minute, festgelegt durch die Übersetzung des Motors. Alle vier Zitzen wurden gleichzeitig gemolken. Verschiedene Schräubchen ermöglichten es, ungefähr die Saug- und Massagestärke zu regeln. Die Kühe hatten nichts dagegen, auch wenn sie zu Anfang etwas skeptisch die summende und zischende Maschine betrachtet hatten. Der Behälter fasste 15 Liter. War er fast voll, schaltete man den Motor aus und somit das Vakuum, konnte den Behälter aus dem Gestell nehmen und die Milch durch ein trichterförmiges Sieb, das zusätzlich eine Papier-Filterscheibe besaß, in die Kanne gießen. Am Filter konnte man mit geschultem Auge zugleich feststellen, ob an einem Euter etwas nicht in Ordnung war oder man sie schlecht gewaschen hatte. Den Papierfilter bekam später der Hund.

       Anders als unsere Kühe reagierte Eric, der Käsetechniker! „Was habt ihr denn da gekauft! Das ist eine völlig überalterte Technik, die Euterentzündungen fördert! Es gibt da Maschinen, die euterschonender melken und die genau geregelt werden können! Bei dieser ist das nicht möglich! Auch müsst ihr die Euter erst unmittelbar vor dem Melken waschen, am besten nur die Zitzen, da sonst zu viel von dem festklebenden Dreck gelöst wird, der dann die Zitzen runterlaufen kann. Und nehmt für jede Kuh einen sauberen Lappen, keine Schwämme. Denn wenn eine Kuh etwas am Euter hat, übertragt ihr es sonst auf die nächsten! Am besten sind zwei Eimer: Einer mit den sauberen Lappen in warmem, schwachem Seifenwasser, einen anderen, in den ihr die schmutzigen Lappen hineintut! Und nachher die Lappen gut waschen und ab und zu desinfizieren!“ Wir hatten gedacht, es gut zu machen, aber wir sahen, es gibt immer noch ein Besser! Doch wir taten es, denn bei genauerem Nachdenken war das ja auch logisch! Uns war klar, dass man alles auch auf andere Weise machen kann. Aber hier ging es darum, es optimal zu machen! Bald darauf fand ich einen Eimer mit zwei Abteilungen, der das Ganze noch vereinfachte. Außerdem riet Eric uns, die ersten Milchstrahlen in ein besonderes Gefäß zu melken, da sie oft verunreinigt sind und die Fabrikationsmilch infizieren können. Am besten sind da extra Vormelkbecher geeignet, ausgestattet mit einem schwarzen Sieb, worauf man leicht sehen kann, ob geronnene Milch darin ist, zum frühzeitigen Erkennen von Euterentzündungen.

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      Bei den anderen Bauern, die mit Maschine molken, hatte ich gesehen, dass sie gegen Ende, wenn keine Milch mehr floss, leicht auf das Milch-Sammelstück unter den Zitzenbechern drückten, und die Milch lief erneut. Manche Schlaue legten ein Kilogewicht von einer Waage darauf. So hatten sie es in der Landwirtschaftsschule gelernt! Also machten wir es auch,


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