Sprache der Zeit. Helmut Lauschke

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Sprache der Zeit - Helmut Lauschke


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gibt. Doch lassen sich solche Ergebnisse oft nicht erarbeiten, dass sich der Einsatz an der äußersten Rechten oder Linken gar nicht lohnt, weil das gute Ergebnis in den Händen des Glücks verborgen liegt, was man den Handflächen eben nicht ansieht.

      Erst wenn man auf den Füßen wirklich steht und das Gefühl des Wegrutschens wie auf dem Eis überwunden hat, dann nimmt der Weg oft kein Ende, weil er kein Ende nehmen soll, weil es eine Rückkehr zum Anfang nicht mehr gibt und eine solche Rückkehr es auch nicht mehr geben soll.

      Die Himmel rufen, schreien, tropfen, und wenn dann das Blut kommt, weiß man, wo der Absender steckt, der sich über den Boden erhoben hat und sich hoch über den Wolken unsichtbar versteckt. Wenn dann noch der Ruf kommt: siehst du mich denn nicht, dann greift die tönende Wallung mit dem Wahnsinn um sich, dass man selbst nicht mehr weiß, wo man noch steht beziehungsweise zu stehen hat.

      Natürlich kann das so nicht lange weitergehen, wenn einem die Sinne noch einigermaßen klar entgegenleuchten und man nicht über den psychiatrischen Spiegel stolpern und auf ihm ausrutschen will.

      Kraft und Kräfte, Saft und Säfte

      Was könnte noch alles werden, wenn es nicht schon vorher zerschlagen und zertreten wäre. Seht hin, euch werden nicht nur die Augen tränen, wenn ihr, auch wenn es zu spät ist, begreift, was Menschen gelitten und alles verloren haben. Ja alles verloren haben, so auch ihr Leben. Ist der Mensch bei voller Vernunft, er wirft das Leben nicht weg, zumal, wenn er noch Pläne hat, das Dasein weiter aufzubauen.

      Es ist der Mangel an den Kräften des Lebens, die das Siechtum begründen und keine Rücksicht auf das Alter nehmen, selbst dann nicht, wenn das Leben einem Kinde gehört. Ob richtig oder falsch, auch Menschen von Bildung bekommen es in den falschen Hals. Was zählt, sind die belanglosen Äußerlichkeiten, wenn der Sektkorken auch dann gezogen wird, und es mit dem Leben überhaupt nicht stimmt.

      Gib dein Augenmerk dem Menschen

      Der Hingabe, der Liebe und letztlich der Bescheidenheit. Du runzelst die Stirn und schweigst, dann nach einer längeren Weile sagst du, dass du so einen Menschen nicht kennst beziehungsweise so einen Menschen noch nicht getroffen hast.

      Auf die Frage, ob du nach einem solchen Menschen denn schon gesucht hast, sagst du mit leicht gesenktem Blick, dass das Suchen sowieso meist erfolglos ist. Der Weisheit letzter Schluss ist der, dass man es noch einmal versuchen solle und das ohne ein Vorurteil von rechts oder von links, denn es gibt das Wunder, das jedem Menschen entgegenkommt, der ohne die drückende Bürde der Verneinungslast mit endloser Geduld sucht und bei der ersten Begegnung ohne Anspruch ist.

      Das Leben überrascht auch dann, wenn es völlig aus der Ordnung wegrutscht, denn ein Tag ist ganz anders wie der Tag davor, auch wenn du es nicht glauben willst. So nimm den Rat und mehr das Wunder, wenn es dir ganz unerwartet begegnet, weil es dir mtteilt, dass es Menschen gibt, die dich mögen und mehr noch lieben und sich wundern, dass du in all den Jahren achtlos an ihnen vorübergingst, anstatt dich in Mut zu fassen und auf sie mit Blick und Gruß und Liedern zuzugehen.

      Diesen Menschen gib dein Augenmerk, die dich täglich sehen und ihr Lächeln senden, denn das sind sie, die sich dir hingeben in Achtung und Rechtschaffenheit, wenn du sie in ihrer Stille und Bescheidenheit erkennst und ihr Lächeln mit dem, was du bist und sein willst, erwiderst, denn auch sie sind Menschen der Erwartung und Gefühle, die dich grüßen, um von dir gegrüßt zu werden. Worauf sie warten, ist das Miteinder, um die Dinge des Alltags zu besprechen und das, was Leben ist, in Liedern zu besingen und mit Träumen zu erhöhen, einzukreisen und zu füllen.

      Werte werden an- und wieder weggefahren

      Dass was nah war mit der Zeit immer weiter in die Ferne rückt. Es vergeht nicht einmal ein Jahr, und die Dinge sind verschwunden, die einem lieb und sympathisch geworden sind.

      Stattdessen stehen unerwartet Gestalten vor den Fenstern und den Türen, die noch verbogener als die alten Gestalten sind. Die neuen Gesichter, die die Menschen tragen, haben das Lächeln noch nie gekannt. Die Frage stellt sich mit der Morgendämmerung vors Fenster: Wo sind die letzten menschlichen Werte geblieben?

      So farblos grau waren die Tage noch nie gewesen wie jetzt, wenn ein bloßes Lächeln die großen Wunder bewirkt, weil man sich die größten Dinge des Lebens nicht erkaufen kann. Menschen klettern auf offene Ladeflächen und suchen alle Ritzen und Winkel ab, ob sich da nicht doch noch Reste der Dinge des Lächelns festgesetzt, verhakt oder anderswie hängengeblieben sind.

      Gefahren wird ja wie verrückt, und die Verkehrsdichte nimmt zu, dass man als Fußgänger die Straße kaum noch überqueren kann, ganz abgesehen von der Hauptverkehrszeiten, wenn einem schon beim Blick auf die flitzenden, qualmenden und hupenden Fahrgestelle der Schwindel befällt.

      Es bleibt nichts anderes übrig, um die guten Zeiten, als die Menschen sich noch grüßten und beim Grüßen sich zulächelten, mit in den Traum zu nehmen, damit es einen guten Schlaf geben kann. Solche Werte müssen behütet werden, die dürfen nicht einfach wie Sand oder Zementsäcke aufgeladen und weggefahren werden, denn ganz ohne Werte lässt sich doch nicht mehr leben.

      Die Morgendämmerung wird sich wiederholen, wenn es mit dem Leben weitergehen soll. Kindergesichter schauen von drinnen nach draußen durch die Fenster und suchen nach Gesichtern, die noch lächeln, das umso mehr nach dem schweren Traum, in dem das Monster nach ihnen griff, dass die Angst wie ein schwerer Stein die zarte Kinderseele quetschte.

      Guten Morgen, guten Tag! Habt ihr Sorgen, nur nicht klagt!

      Bedenkt, wenn ihr noch das Bett habt, um zu schlafen, dann geht’s euch gut, da sollt ihr euch nicht strafen. Denn Menschen gibt’s, dazu zählen auch die Kinder, die auf Bänken und unter Brücken die Nächte verbringen mit knurrenden Mägen, die eine Heimat nicht haben.

      Streckt die Köpfe, hebt die Lasten auf den Wegen, die ihr geht. Stärkt das Denken für den Verstand und die Muskeln in den Beinen, trefft die Entscheidung und spannt hoch die Leinen, streift mit kritischen Blicken die Dinge der Not und der Taten, denn solange Menschen am Hunger leiden, ist es die Welt in ihren Härten, an denen sich die guten von den bösen Geistern scheiden.

      Tag auf, Tag ein, weite den Charakter und bleibe im Herz nicht klein, die Kinder und die Armen werden zu dir kommen und um die Schreibe Brot dich bitten. Sie stehen am Abgrund und werfen dir den Blick der Liebe noch zu. Der Tag rollt über die Stunden, und Mütter heilen ihrer Kinder Wunden.

      Wie anders sollte die Welt sein, wenn es mehr Menschlichkeit gäbe, die ohne große Schritte, aber mit mehr Bescheidenheit zu machen wäre. Doch an der Wichtigtuerei Einzelner gleiten die großen Werte ins Abseits, die den Völkern die Hoffnung auf Frieden und ein besseres Leben auf der Ebene der Rechtschaffenheit und der Gerechtigkeit geben.

      Das Buch, das Buch, es fiel mir aus den Händen

      Es ist der Fluch, der Fluch der tausend Jahre, wenn kraftlos rutscht der Körper von den Wänden, die den Halt nicht geben für den letzten Atemzug.

      Das Wort, das Wort! Warum fällt es immer nur am falschen Ort? Denn dort, wo die Menschen mit den leeren Töpfen stehen, da ist es still, ganz mausestill, da fehlt, verflucht, das rechte Wort. Münder flüstern zueinander: der Wind wird das letzte Leben verwehen.

      Die Zeit, die Zeit, beileibe keine Eitelkeit, wenn es durch die Gänge faucht und aus den Öfen und Kaminen ungezügelt schlotig raucht, dann stimmen Alphabet und kleines Einmaleins schon längst nicht mehr, dass durch die Nacht die Mägen knurren, weil es zum Essen nicht mehr reicht.

      Der Gang ist lang und wird immer länger an den verschmierten Wänden entlang, Kommt ein Fenster in Sicht, dann sind die Scheiben eingeschlagen, und


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